Spiele werden im Kopf entschieden
Elf Freunde müsst ihr sein. Das war eine geschlossene Mannschaftsleistung. Aber wie kommt man dahin? Sigurd Baumann erforscht die gruppendynamischen Prozesse im Sport, seine Veröffentlichungen zum Thema verzeichnen weltweit Erfolge.
Im Sommer 2008 ist es wieder soweit. Jürgen Klinsmann, der Trainer, der 2006 das deutsche Sommermärchen möglich gemacht hat, kehrt nach Deutschland zurück, um erneut auf einer Trainerbank Platz zu nehmen. Sein neuer Arbeitgeber, der FC Bayern München, erwartet viel von seinem neuen Übungsleiter, Erfolge und Titel müssen her. Doch warum soll ausgerechnet Jürgen Klinsmann der richtige Mann für diesen Job sein? Viele Fachleute attestieren Klinsmann zu wenig Erfahrung als Cheftrainer und bemängeln seine taktischen Fähigkeiten. „Mich würde interessieren, wer das Training leiten wird“, scherzte ein renommierter deutscher Fußballexperte über die Entscheidung des FC Bayern, Klinsmann als neuen Trainer zu verpflichten. Schon während der Weltmeisterschaft 2006 galt Joachim Löw, Klinsmanns Co-Trainer, als der Mann, der die eigentliche Trainingsarbeit verrichtete. Also wozu einen Jürgen Klinsmann anheuern, wird sich manche einer fragen.
Nicht nur Technik und Taktik
Die Antwort ist simpel, würde man den Sportspsychologen Prof. Dr. Sigurd Baumann fragen. Klinsmann besitzt eine Fähigkeit, die immer mehr an Bedeutung gewinnt und häufig unterschätzt wird. Er ist in der Lage, eine Mannschaft zu formen, zu motivieren und zu führen. In der Sportwissenschaft nennt man diesen Bereich Mannschaftspsychologie. Dass Sport nicht nur aus Technik und Taktik besteht, ist nichts Neues. Besonders im Mannschaftssport ist die psychologische Komponente oft entscheidend für den Erfolg. Ein Team muss funktionieren. Trainer müssen die Fähigkeit besitzen, dynamische Gruppen zu führen und zu fördern. Die Interdependenzen zwischen Individualist und Mannschaft führen zu Problemen, deren Lösungen meist abseits von Taktiktafel und Konditionstraining liegen. Sigurd Baumann, Lehrbeauftragter für Sportpsychologie an der Universität Bamberg, ist ein renommierter Experte und beschäftigt sich schon seit vielen Jahren mit der Thematik. Der Diplompsychologe verfasste Bücher wie „Psychologie und Sport“ und „Mannschaftspsychologie“, die bereits kurz nach der Veröffentlichung hohe Absatzzahlen erreichten und nun auch auf dem asiatischen Markt erscheinen sollen. Nachdem die Bücher bereits schon in ungarischer, türkischer und griechischer Sprache erschienen sind, ist „Mannschaftspsychologie“ das erste deutsche sportpsychologische Buch, das ins Japanische übersetzt wird.
Prof. Dr. Yutaka Shiraishi, Gastdozent an der Universität Köln, wird das Werk für den fernöstlichen Markt übersetzen und lobt besonders die Qualität des Buches, wenn es darum geht, „komplexe sportpsychologische Zusammenhänge wissenschaftlich fundiert aber gleichzeitig verständlich darzustellen“.
Ein neues Standardwerk?
Das Buch ist für Trainer, Sportwissenschaftler und Studenten gemacht, die einen fundierten und praxisnahen Einblick in den Bereich der Mannschaftspsychologie erhalten wollen. Der Autor beschreibt die zentralen Prozesse, die zur Bildung von Mannschaften und der Entwicklung von Teamleistung notwendig sind. Durch die Auswahl der Themen, die gute Struktur und die verständliche Darstellung von Sachverhalten wird das Buch dem Anspruch eines Standardwerkes gerecht. Die Vielzahl von Grafiken und Schaubildern unterstützt den Text sinnvoll. Baumann zeigt Problemstellungen in den verschiedenen relevanten Bereichen der Mannschaftspsychologie auf – wie zum Beispiel der Integration von neuen Mannschaftsmitgliedern oder die Analyse und Behebung von Formkrisen – und gibt Lösungsansätze, die auch immer den Transfer in die Sportpraxis anbahnen. Neben Themenfeldern wie Leistungsabfall und Problemspieler beschäftigt sich das Buch mit Trainerverhalten und Motivierungstechniken und legt ein besonderes Gewicht auf die mannschaftsdynamischen Prozesse von Jugendmannschaften.
„Mannschaftspsychologie“ ist eine Art Leitfaden für Trainer und ein Standardwerk für Sportwissenschaftler gleichermaßen. Dass das Buch nun auch auf dem asiatischen Markt erscheinen wird, unterstreicht die Qualität und zeigt die zunehmende Bedeutung der psychologischen Komponente im Sport.
... Und vielleicht hat Jürgen Klinsmann ebenfalls eine Ausgabe im Regal stehen.
Der Autor
Prof. Sigurd Baumann, Diplompsychologe, studierte Sport, Chemie, Biologie und Psychologie in München, Salzburg und Würzburg. Von 1965 bis 1993 lehrte er an der Universität Würzburg. 1993 wurde er Professor an der Universität Bamberg für Sportpädagogik mit dem Schwerpunkt Sportpsychologie, wo er heute als Lehrbeauftragter für Sportpsychologie unterrichtet. Seit vielen Jahren engagiert er sich in der Aus- und Weiterbildung von Lehrern, Übungsleitern und Trainern.
Das Buch
Sigurd Baumann: Mannschaftspsychologie. Methoden und Techniken. 2. Auflage. Meyer & Meyer Sport 2007. Broschiert, 240 Seiten. Euro 16,95.