Was Kinder über ihr Wissen wissen
Dr. Susanne Ebert, die an der Universität Bamberg am Lehrstuhl für Psychologie 1 – Entwicklung und Lernen promovierte, wurde am 24. Oktober für ihre Doktorarbeit Was Kinder über die mentale Welt wissen. Die Entwicklung von deklarativem Metagedächtnis aus der Sicht der Theory of Mind mit dem Kulturpreis Bayern der E.ON Bayern AG ausgezeichnet.
Mentale Zustände als Ursache von Handlungen
Die Dissertation beschäftigt sich mit der Entwicklung des Wissens und Verständnisses, das Kinder über ihre eigenen Kognitionen und die Kognitionen anderer Menschen haben. Kognitionen sind mentale Prozesse wie Gedanken, Meinungen, Absichten, Erinnerungen oder Vermutungen. Im Besonderen untersuchte Susanne Ebert das Wissen der Kinder darüber, wie und wovon unsere Gedächtnisleistungen beeinflusst werden, das sogenannte Metagedächtnis. Dieses Wissen ist wichtig für schulisches und außerschulisches Lernen. Die Psychologin untersuchte, wie sich Unterschiede bereits im Kindergartenalter erklären lassen und welche Rolle soziale Faktoren spielen.
Hierbei greift die Doktorandin auf die „Theory of Mind“-Forschung zurück, welche sich mit der Entwicklung eines alltagspsychologischen Verständnisses beschäftigt, das sich insbesondere im Kindergartenalter entwickelt. Dieses Verständnis erlaubt eine Annahme über kognitive Vorgänge in anderen Personen und die Erkenntnis derselben in der eigenen Person. Dadurch versteht man, dass Menschen auf der Basis ihrer mentalen Zustände, beispielsweise aufgrund ihres Wissens oder ihrer Überzeugungen, handeln. Gerade wenn Menschen falsche Annahmen haben, müssen diese von den Außenstehenden berücksichtigt werden, um eine Prognose über das Verhalten zu erlauben.
Sprachliche Fähigkeiten entscheidend für Metagedächtnis
Susanne Ebert führte drei Teilstudien mit insgesamt ca. 250 Kindern durch. Diese zeigen unter anderem, dass zwar Unterschiede im sozialen Hintergrund der Familie des Kindes sowie in den nonverbalen Kompetenzen Unterschiede in der Metagedächtnisentwicklung erklären können, dass es aber vor allem die sprachlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten der Kinder sind, die mit Entwicklungsunterschieden im Metagedächtnis in Zusammenhang stehen. Darüber hinaus zeigt die Arbeit eine enge Entwicklungsbeziehung zwischen dem alltagspsychologischen Verständnis der Kinder und ihrer Metagedächtnisentwicklung. Weiterhin stellt die Psychologin fest, dass es für den Erwerb von Metagedächtniswissen und den Erwerb eines Verständnisses mentaler Sprache hilfreich ist, wenn Eltern beim gemeinsamen Anschauen eines Bilderbuchs verstärkt mentale Begriffe einsetzen, beispielsweise „wissen“, „denken“ oder „erinnern“. Insgesamt wird in der Arbeit deutlich, dass sprachliche Kompetenzen und sprachliche Anregung durch die Eltern in der frühen Metagedächtnisentwicklung eine wichtige Rolle spielen.
Preisträger aus Wissenschaft und Kunst
Dr. Susanne Ebert gehört zu den zehn Preisträgern der Kategorie „Universitäten“. Für ihre hervorragende Doktorarbeit wurde sie mit einem Preisgeld von 3.000 Euro gewürdigt. Den jährlichen Kulturpreis Bayern erhalten außerdem Künstler aus den sieben bayerischen Regierungsbezirken, die besten Absolventen von 17 Hochschulen für angewandte Wissenschaften/Fachhochschulen wie auch die herausragendsten der fünf Kunsthochschulen im Freistaat. Die mit insgesamt 176.000 Euro dotierten Ehrungen wurden in enger Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst heuer zum siebten Mal verliehen. Mit dieser Auszeichnung leistet der Netzbetreiber E.ON Bayern einen Impuls zum Erhalt der kulturellen Vielfalt und bietet zugleich eine Bühne für Kunst und Wissenschaft in der Region.
Zur Person
Susanne Ebert studierte von 1999 bis 2005 Psychologie in Würzburg. Danach arbeitete sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl Psychologie 1 in der DFG- Forschergruppe Bildungsprozesse, Kompetenzentwicklung und Selektionsentscheidungen im Vor- und Grundschulalter. 2011 schloss sie ihre Promotion ab. Ihr Forschungsschwerpunkt liegt neben der Untersuchung des Wissens, das Kinder über die mentale Welt haben, generell auf dem sprachlichen und kognitiven Kompetenzerwerb bei Kindergartenkindern und der Frage, welche kind- und umweltbezogenen Merkmale (z.B. sozialer Hintergrund, Migration, Eltern-Kind-Interaktion) in der Entwicklung von Bedeutung sind.