Großes Engagement in Makedonien
„Der Balkanraum und damit auch die Republik Makedonien ist einer der Schwerpunkte der Bamberger Slawistik“, erklärt Prof. Dr. Sebastian Kempgen im Interview. Kempgen selbst packte das Makedonien-Fieber erstmals 2007. Da nahm er an einer dreiwöchigen Sommerschule zur makedonischen Sprache, Literatur und Kultur in Ohrid teil.
Tief beeindruckt vom kulturgeschichtlichen Reichtum der idyllisch am See gelegenen Weltkulturerbestadt kehrte der Inhaber des Lehrstuhls für Slawische Sprachwissenschaft nach Bamberg zurück - und konzipierte kurzerhand für das folgende Wintersemester 2007/08 ein Hauptseminar zum Thema Makedonien. Im Sommersemester 2008 folgte eine Exkursion mit Studierenden, die die Teilnehmerinnen und Teilnehmer quer durch den makedonischen Kulturraum führte.
Im gleichen Jahr verschlug es Kempgen abermals nach Ohrid, diesmal anlässlich des 14. Internationalen Slawistenkongresses, zu dem er an der Spitze der deutschen Delegation stand. „Für uns sind somit mehr und mehr Mosaiksteine zusammengekommen“, rekapituliert Kempgen das gewachsene Interesse der Bamberger Slawistik am Balkanstaat. Erst diesen Sommer fand eine Neuauflage der Exkursion statt, und es soll auch nicht die letzte bleiben.
Enge Beziehungen nach Bitola
Angetrieben durch seine persönliche Begeisterung setzte sich Kempgen intensiv für den Aufbau von Hochschulpartnerschaften zu makedonischen Universitäten ein. Die von ihm organisierte Slawistik-Exkursion 2008 führte in die quirlige Universitätsstadt Bitola. Dort machten Präsident Prof. Dr. Dr. habil. Godehard Ruppert und er Zwischenstopp im Rektorat der Kliment-Ohridski-Universität, ein Kooperationsvertrag zwischen den beiden Universitäten wurde aufgesetzt.
„Die Kooperation ist noch relativ jung“, betont Kempgen und setzt hinzu: „Doch sie findet auf verschiedensten Ebenen statt.“ In den vergangenen fünf Jahren konnte die Universität Bamberg schon mehrere Gastwissenschaftler begrüßen, die nach Deutschland kamen, um ihre Forschungsarbeiten voranzutreiben. Auch der Rektor der Universität Bitola folgte bereits mehrfach der Einladung nach Bamberg. Und nicht zuletzt erwies sich Kempgen als wichtiger Ansprechpartner für makedonische Studierende, die für ein Praktikum oder ein Erasmus-Semester nach Bamberg kamen.
Vlatko Momirovski zum Beispiel absolviert in Bitola sein Lehramtsstudium. Deutsch und Makedonisch sind seine Fächer. Im Wintersemester 2012/13 kam er über das Erasmus-Programm nach Bamberg. „Erst war nur ein Semester vorgesehen“, erklärt er. Schließlich gefiel es ihm in Bamberg so gut, dass er sich kurzerhand entschloss, ein reguläres Studium anzufangen. Bei der Anrechnung von Leistungen aus Bitola und anderen Formalitäten seines Studiums stand Kempgen ihm zur Seite. Seit diesem Semester ist der 22-jährige Vlatko nun im Bachelorstudium Slawistik und Germanistik eingeschrieben – in Bitola muss er noch seine Diplomarbeit verfassen. Vor allem lobt er die Praxisnähe des Studiums in Deutschland.
Methodenseminare für makedonische Germanistikstudenten
Das jüngste Makedonien-Projekt Kempgens fand im November dieses Jahres statt. Für einen „Fachkurs auf dem Westbalkan“ hatte er Gelder beim DAAD eingeworben. Die Bamberger Dozenten Armin Gertz und Stephanie Kahl leiteten im November 2013 in Bitola den einwöchigen Workshop für Nachwuchslehrkräfte des Deutschen – insgesamt nahmen 18 Studierende aus Albanien und Makedonien teil. „Lehrerausbildung funktioniert in Makedonien anders als bei uns“, erklärt Kempgen den unterschiedlichen Stand der Didaktik: Viel Frontalunterricht und wenig Interaktion mit den Studierenden. „Zudem kennt die dortige Lehrerausbildung keine Praktika, die praktische Komponente fehlt fast vollständig.“
Hier setzte der Kurs von Gertz und Kahl an: Wie entwickle ich Unterrichtskonzepte? Wie mache ich meinen Unterricht spannend? – lauteten die Fragen, denen sich die Studierenden in den Workshops stellten. Zudem bedeutete der Fachkurs für viele Studierenden den ersten persönlichen Kontakt mit Deutschland. „Wir waren Sprache zum Anfassen“, schmunzelt Gertz. Und ein zweiter Aspekt freut ihn: „Obwohl in Makedonien zwischen Albanern und Makedoniern viele Konflikte bestehen, hat unsere Gruppe sehr gut harmoniert.“ Somit machte der Kurs deutlich, was Kempgen ein besonderes Anliegen ist: „Jede Kooperation vermag ein Stück weit zur europäischen Integration beizutragen.“
Am 5. Dezember wurde Kempgen im Rahmen der Patronatsfeier der Kliment-Ohridski-Universität in Bitola die Honorarprofessur verliehen. „Dies ist eine Anerkennung meiner Tätigkeit als Vizepräsident, vor allem aber auch eine Würdigung meiner Leistungen als Slawist.“ Die Auszeichnung ist ein hervorragendes Beispiel, wie persönliches und fachliches Interesse als Türöffner für einen intensiven Hochschulaustauch fungieren können. Auch neue Kooperationsprojekte sind bereits in Planung. „Die Teilnehmer des DAAD-Fachkurses hoffen natürlich auf eine Fortsetzung“, so Kempgen.
Kooperation auf vielen Ebenen
Doch nicht nur die Slawistik unterhält Kontakte zu dem Balkanstaat. „Verschiedene Lehrstühle sind an Kooperationen mit Makedonien beteiligt“, so Kempgen. Zwischen Bulgarien, Griechenland und Albanien gelegen, gilt Makedonien als Brücke zwischen Westeuropa und dem Vorderen Orient. Somit eröffnet sich hier ein spannendes Betätigungsfeld für Slawisten und Orientalisten gleichermaßen.
Auch im Bereich der Volkswirtschaft existieren seit langem Forschungs- und Lehrkooperationen. Hier gibt es ein Europäisches Doktorandenseminar (EDS) der Universität Bamberg mit insgesamt fünf osteuropäischen Universitäten, darunter die South East European University in Tetovo, Makedonien.
Den Balkanraum erforscht auch Prof. Dr. Daniel Göler, der die Professur für Geographische Migrations- und Transformationsforschung innehat. Er untersuchte Migrationsprozesse in Albanien, Makedonien und anderen Ländern des Balkanraumes, ebenfalls auch auf Exkursionen mit Studierenden.
Hinweis
Diesen Text verfasste Andrea Lösel für die Pressestelle der Universität Bamberg. Er steht Journalistinnen und Journalisten zur freien Verfügung.
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