Unter qualvoller Folter gestanden Menschen ihre Verbindung zum Teufel ...

... und wurden anschließend auf dem Scheiterhaufen verbrannt (Fotos: Wikipedia_Dietegen Guggenbühl)

- Maike Bruns

Von der Faszination des Bösen

Bamberger Wissenschaftler in der Themenwoche „Hexenverfolgung“

„Liebes Kind, halte diesen Brief verborgen, damit er nicht bekannt wird, sonst werde ich so gefoltert, dass es zum Erbarmen ist, und meine Bewacher werden geköpft. So streng ist es verboten.“ Mit diesen bewegenden Worten schildert Johannes Junius, Bürgermeister der Stadt Bamberg, seiner Tochter Veronica im Jahr 1628 kurz vor seinem Tod auf dem Scheiterhaufen seine qualvolle Situation im Gefängnis. Worte voller Schmerzen, die ihre Leser bis heute zu Tränen rühren und nach Gerechtigkeit fragen lassen.

Bamberg als Hochburg der Hexenverfolgung

Kaum zu glauben, aber wahr: In unserer idyllisch anmutenden Weltkulturerbestadt wurden in mehreren Verfolgungswellen zwischen 1612 und 1630 mindestens 880 Frauen, Männer und auch Kinder als Hexen hingerichtet. Das Bistum Bamberg war damit eine Hochburg der europaweiten Hexenverfolgung. Jeder 13. Bamberger Bürger (damals hatte die Stadt etwa 12.000 Einwohner) landete auf dem Scheiterhaufen oder wurde zu Tode gequält. „Die Bamberger Hexenverfolgung war eine der intensivsten der gesamten Geschichte“, bestätigte Prof. Dr. Mark Häberlein, Inhaber des Lehrstuhls für Neuere Geschichte. Eine Bamberger Besonderheit sei zudem, dass die Verfolgung bis in die höchsten Kreise der städtischen Gesellschaft ging, wie das Beispiel von Johannes Junius zeige.
 
Bereits vor zwei Jahren bildete sich auf Anregung des Kulturreferats der Stadt Bamberg eine Arbeitsgruppe zum Thema „Hexenverfolgung“. Der AG schlossen sich Vertreter von Universität, Bürgervereinen, der Kirche, Verwaltungen und aus der Heimatpflege an. Ein Produkt der Zusammenarbeit läuft aktuell: Vom 8. bis zum 21. Oktober finden unter der Überschrift „Bamberger Themenwochen – Hexenprozesse im Hochstift Bamberg“ wissenschaftliche Vorträge, Lesungen und Führungen statt. Sie sollen die neuesten Erkenntnisse über Hintergründe und Ausprägung der Bamberger Hexenverfolgung vermitteln.

Themenwoche stößt auf großes Interesse

Bisher werden die Veranstaltungen von Bürgerinnen und Bürgern so gut angenommen, dass einzelne Vorträge wiederholt angeboten werden, um dem Zuschauerstrom gerecht zu werden. Häberlein ist davon überzeugt, dass dieses Interesse verschiedene Ursachen hat. Zum einen nennt er die starke Verwicklung Bambergs in das Geschehen der Hexenverfolgung und zum anderen das verstärkte Interesse gerade an Frauenschicksalen seit dem Aufkommen der Frauenbewegung in den 70er Jahren: „Damals beschäftigte man sich mit der Frage ‚Warum wurden gerade Frauen Opfer des Wahns‘ und es gab den Ansatz, der für viel Furore sorgte, es seien sogenannte weise Frauen mit einem bestimmten geheimen Wissen gewesen, die umgebracht worden wären.“ Dr. Jörg Wolstein, Professor für Pathopsychologie, glaubt, dass auch die Faszination des Menschen an „dem Bösen“ generell eine Rolle spielt. „Menschen lesen Krimis, schauen sich Filme mit hohem Kriminalitäts- und Brutalitätsfaktor an, das übt einfach eine starke Faszination aus“.

Bamberger Wissenschaftler helfen bei der Aufklärung

Ihre Kenntnisse über die Bamberger Hexenverfolgung bringen die Bamberger Wissenschaftler auch in der Themenwoche ein. Dabei nähern sie sich aus sehr unterschiedlichen Blickwinkeln der Thematik: Johannes Hasselbeck und Dr. Robert Zink vom Stadtarchiv Bamberg haben in jahrelanger Kleinstarbeit den Brief des Bamberger Bürgermeisters Johannes Junius transkribiert und wissenschaftlich erforscht. In einem Vortrag am Montag, den 15. Oktober, um 19 Uhr sprechen sie im Stadtarchiv Bamberg (Untere Sandstraße 30) über ihre Ergebnisse (Wiederholung am 23. Oktober; gleiche Zeit gleicher Ort). Außerdem bieten sie ein Seminar an der Volkshochschule an: „Lesen und Verstehen – Der Brief des Bamberger Bürgermeisters Johannes Junius, 1628“. Es findet am 16. und 19. Oktober ebenfalls im Stadtarchiv statt.

Prof. Dr. Jörg Wolstein und Julia Finmans betrachten die Komponente „Folter und Psyche“ in einer Annäherung an den Junius-Brief am Mittwoch, den 17. Oktober, um 18 Uhr im neuen Gebäude auf dem Marcusgelände, Hörsaal MG1/00/04.

Den Bogen schließt Prof. Dr. Mark Häberlein und wagt einen Blick über den europäischen Tellerrand. Er erläutert am Mittwoch, den 17. Oktober, um 20 Uhr den Hexenwahn in der Neuen Welt am Beispiel von Salem (Massachusetts) im Vergleich zum Hergang in Europa. Die Veranstaltung findet am Kranen 10, im Hörsaal KR12/00.016 statt.