Neuer Kern in alter Schale
Das Geheimnis einer guten Lehrkraft? Sie muss ihre Schülerinnen und Schüler lieben. Und sie muss Lehrräume schaffen, in denen man gerne und angenehm lernt, verriet Prof. Dr. Jorge Groß. Er ist seit 2012 Professor für die Didaktik der Naturwissenschaften in Bamberg und brachte eine Vision mit: Er wollte die naturwissenschaftliche Lehramtsausbildung mit moderner Medien- und Labortechnik verbinden und damit eine schulnahe Lehr- und Lernsituation für seine rund 300 Studierenden schaffen. Dafür wurde ein Teil des Noddack-Hauses am Markusplatz umgebaut, das zu Ehren der Bamberger Naturforscher Walter und Ida Noddack benannt ist und früher das Waschhaus der Bamberger Frauenklinik beherbergte. Entstanden ist eine Synthese aus historischem Gebäude und moderner Medien- und Labortechnik.
Unterrichten an gesellschaftliche Erfordernisse anpassen
Ein Jahr nach Groß‘ Ankunft in Bamberg feierte die Universität am 22. April die Eröffnung des „Greenlab“, wie der Lehrstuhl die neuen Räume liebevoll getauft hat. Grün steht dabei für das Fach Biologie, für die Sicherheit im Umgang mit den Chemikalien – und für den quietschgrünen Fußboden. Insgesamt beliefen sich die Kosten für den Umbau der drei Räume im Noddack-Haus am Markusplatz mit Plätzen für 25 Studierende auf 260.000 Euro. Für die Einrichtung des Labors entfielen 145.000 Euro, der Rest sind Baukosten. Weitere 50.000 Euro kostete die Medientechnik.
Kanzlerin Dr. Dagmar Steuer-Flieser erklärte, warum die Universitätsleitung das Projekt gern unterstütze: „Die Universität will angehende Lehrkräfte auf ihre zukünftige verantwortungsvolle Aufgabe vorbereiten. Die Gesellschaft ist heute vernetzt. Mit diesem Labor passen wir das Unterrichten und die Didaktik an gesellschaftliche Erfordernisse an.“ Bauberaterin Heidrun Klein lobte das Labor als „medial hochverdichteten Raum“ und „damit einmalig in seiner Art und gut durchdacht“. Auch Axel Garbe von der Waldner Labor- und Schuleinrichtungen GmbH sah das Labor als „gebaute Begeisterung für Naturwissenschaften“. Es sei Bambergs Beitrag, den Fachkräftemangel bei Naturwissenschaftlern und Ingenieuren abzubauen, denn Lehrkräfte könnten Begeisterung für Naturwissenschaften schaffen und damit für entsprechenden Nachwuchs sorgen. Dafür sei eine solche Lernumgebung nötig, die „neuesten didaktischen Ansprüchen entspricht“ – multifunktional, multimedial und interdisziplinär für Chemie, Biologie und Didaktik.
Whiteboard und Experimente
Die Gäste konnten während der Feier die verschiedenen Möglichkeiten des Labors testen. Beim digitalen Whiteboard schreibt die Lehrkraft direkt auf eine weiße Fläche oder kann Grafiken und Bilder mit Notizen ergänzen. Diese Tafelbilder können im Team erarbeitet, gespeichert oder gedruckt werden. Die Software erkennt Handschriften und lässt Markierungen zu. Ergänzt wird das Whiteboard durch einen Visualisierer mit Zoomfunktion, mit dem man auch kleine Anschauungsobjekte für alle sichtbar macht – bei der Einweihung zeigte Jorge Groß Insekten, denen man in die Augen schauen konnte. Alle diese Elemente der Einrichtung kommunizieren drahtlos miteinander in eine Apple Umgebung mit iPads und MacBooks, die allen Lehrenden und Studierenden ab sofort zur Verfügung steht.
Sobald der Theorieteil beendet ist, kann der Raum leicht in ein Experimentallabor umgebaut werden, wie das Lehrstuhlteam anschaulich bewies. Die Tische und Stühle stehen auf Rollen, an der Decke befindet sich ein sogenannter Medienkanal mit Anschlüssen für Abluft, Wasser, Strom und Gas. Eine Experimentierstation mit Sicherheitsglas kann mitten ins Labor geschoben werden, ohne die Sicherheit der Lernenden zu gefährden. Bei der Veranstaltung demonstrierte dies der an die Universität abgeordnete Lehrer Dr. Jürgen Paul: Er mischte Kaliumpermanganat und Glycerin und zeigte, dass sich diese Mischung selbst entzündet. „Nur ein kleines Experiment“, wie er sagte, es zeigte aber eindrücklich die Möglichkeiten des neuen mobilen Abzugs mit 360 Grad-Sicht. Jorge Groß legt bei seinem Didaktikkonzept großen Wert auf den „fachdidaktischen Doppeldecker“. Die Studierenden schlüpfen dabei abwechselnd in die Rolle von Schülern oder von Lehrern und üben in der Universität die schulische Situation und das Unterrichten. Dies bedeutet beispielsweise, dass die Studierenden im Greenlab nicht nur Zuschauer bei den Experimenten sind, sondern diese auch mit planen und vorbereiten.
Volle Kontrolle über ein Tablet
Deutschlandweit einzigartig ist die Steuerung der Labor- und Medientechnik. Die Lehrkraft ist nicht länger auf einzelne Knöpfe und Schalter angewiesen – Lichtschalter neben der Tür, Medienschrank an der Tafel, Schalter zum Verdunkeln des Zimmers am Fenster – sondern kontrolliert alles mit einem Tablet. „Auch die sicherheitsrelevanten Bereiche wie Strom oder Gas kann ich mit dem Tablet von jedem Punkt im Klassenzimmer bedienen“, erklärte Jorge Groß. Bestimmte Szenarien, also unterschiedliche Verdunklungsgrade oder Medieneinsatz für Vorträge oder für Experimente, können einfach neu programmiert werden.
Ebenso schnell wie zum Experimentallabor ist der Seminarraum auch in einen Computerraum verwandelbar. In einem mobilen Schrank liegen iPads und MacBooks in ihren Ladestationen und warten auf ihren Einsatz (Apples WMC-Lösung als drahtloser mobiler Klassenraum). Ein Gerät ist dabei der Lehrkraft vorbehalten. Sie kann damit auf alle Schüler-Notebooks zugreifen: Bildschirminhalt überprüfen, Nachrichten senden – oder das Notebook sperren, um auch ohne Medieneinsatz wieder die volle Aufmerksamkeit der Zuhörer zu bekommen.
Hinweis
Diesen Pressetext verfasste Katja Hirnickel für die Pressestelle der Universität Bamberg.