Graffiti gegen Schmierereien
Die Idee zu dem Projekt entstand bereits im Sommersemester 2009 in einem Graffiti-Seminar der Didaktik der Kunst. Im Rahmen dieser Lehrveranstaltung konnte zwar Theorie und Praxis des Graffiti-Paintings vermittelt werden, allerdings fehlte beim Sprühen auf Pappkartons die Authentizität der „Street Art“. Als aber dem Kursleiter und Tutor Stefan Schaumann bei einem Spaziergang schließlich die seit Jahren beschmierte Garagenwand im Domgrund der Stadt Bamberg auffiel, schien plötzlich eine Chance für die Umsetzung des Projekts zu bestehen.
„Hartnäckigkeit wird belohnt“
Nachdem die Zustimmung des Garagenbesitzers Rudolf Beuerlein eingeholt worden war, kam auf die Künstler eine Hürde zu, die die Realisierung des Projekts jedoch vorerst hinauszögern sollte. Denn da es nur in Absprache mit dem Amt für Denkmalpflege erlaubt ist, die unter Ensembleschutz stehende Wand zu verändern, vergingen rund drei Monate, in denen sich die Sprayer in spe mit der Behörde auseinander setzen mussten. Die Leiterin der Kunstdidaktik Akad. ORätin Doris Eggenhofer beschreibt diesen Prozess jedoch als „normal“. Ihre Aussage, man benötige Ausdauer, aber Hartnäckigkeit werde letztlich belohnt, sollte sich bewahrheiten. In der vorlesungsfreien Zeit nach dem Sommersemester 2009 konnte mit der Gestaltung der Wand begonnen werden.
In großen Schritten durch die Kunstgeschichte
Mittlerweile erstrahlt die Wand in neu besprühtem Glanz. Die Motive führen quer durch die Kunstgeschichte: Angefangen bei einem Portrait des Surrealisten Salvador Dalís über den Mitbegründer des Kubismus Pablo Picasso bis hin zu den Vertretern des Abstrakten Expressionismus Mark Rothko und Jackson Pollock. Auch der deutsche Künstler Joseph Beuys findet seinen Platz auf der Wand, ebenso wie der als „Godfather of Graffiti“ bezeichnete Graffiti-Writer Seen. Doch nicht nur die Lieblingskünstler der Projektteilnehmer prangen an der Domgrundmauer. Ein selbst entworfener Hase, über dem der Schriftzug der Universität abgebildet ist, bildet ein weiteres Detail der Wandbemalung. Auch Elemente bekannter Bilder wie Picassos „Guernica“ , Caspar David Friedrichs „Wanderer über dem Nebelmeer“ oder „Der Kuss“ von Peter Behrens machen die Wand zu einem Blickfang und sorgen bei verbeigehenden Passanten immer wieder für einen hohen Wiedererkennungswert.
Positives Feedback
„Das ist doch der David von Michelangelo!“ oder „Das kenn’ ich aus dem Kunstunterricht!“, sind nur einige Kommentare interessierter Schüler, die auf ihrem Heimweg hin und wieder einen Zwischenstopp vor der Wand einlegen, um das Projekt zu beobachten. Der Domgrund habe sich allmählich zu einem Treffpunkt für Interessierte und Schaulustige entwickelt, wie Projektteilnehmerin Lena Hofmann sagt und sie betont: „Das Feedback, das wir bekommen haben, war immens“. Von der anfänglichen Skepsis einiger Passanten, ob die Aktion auch genehmigt sei, sei nach einigen Tagen nichts mehr zu spüren gewesen und es habe sich eine „nette Atmosphäre“ zwischen den Künstlern und den Passanten entwickelt.
Stellenwert in der Kunstdidaktik
Besonders die positiven Reaktionen der Jugendlichen freuen die Kunstdidaktiker. „Graffiti haben höchst integrativen Charakter und deshalb auch einen hohen Stellenwert in der Kunstdidaktik“, erklärt Eggenhofer. Aus einer Subkultur entstanden, sei das Graffiti-Writing ursprünglich im kriminellen Bereich verhaftet gewesen und habe den Jugendlichen eine Möglichkeit geboten, sich gegen die bürgerliche Welt aufzulehnen. Heutzutage sei Graffiti allerdings ein probates Mittel, um die Jugendlichen aus ihrer Mal- und Zeichenfrustration herauszuholen und neuen Ehrgeiz in ihnen zu wecken. Eggenhofer: „Man erreicht die Schüler. Es zeigt sich die Bereitschaft, Frustrationsphasen zu überwinden und gestalterische Prozesse anzugehen.“ Eine Ausweitung des Projekts sei nicht ausgeschlossen, meint Stefan Schaumann: „Wir freuen uns, wenn es weiter geht und wir Plätze zum Gestalten finden!“
Wände gesucht!
Die Didaktik der Kunst würde gerne ihr Graffiti-Projekt fortführen. Interessierte, die Flächen und Wände zur Verfügung stellen möchten, wenden sich bitte an:
Doris Eggenhofer
Feldkirchenstr. 21
96052 Bamberg
Tel.: 0951/863 1924
E-Mail: doris.eggenhofer@uni-bamberg.de