„Konkret einem Flüchtling helfen“
500 Asylsuchende leben derzeit in und um Bamberg. Jeden Tag kommen neue Flüchtlinge in der Universitätsstadt an. Viele Freiwillige betreuen als Patinnen und Paten die Kinder und Jugendlichen, Frauen und Männer, geben Deutschkurse oder verteilen Kleider- und Sachspenden. Der gemeinnützige Verein Freund statt fremd koordiniert diese Hilfsangebote in der Stadt und im Landkreis. Auch viele Studierende engagieren sich bei Freund statt fremd.
Amelie Gerhard grinst breit in die Kamera. Edgar macht ein Foto von ihr und mir, als wir an einem lauen Frühlingsnachmittag auf der Kettenbrücke sitzen und die warmen Sonnenstrahlen auf der Haut genießen. Amelie studiert im Bachelor Kunstgeschichte und Italienisch und freut sich schon auf ihr Praktikum in Rom im Herbst.
Dann wird sie in der Casa di Goethe Museumsführungen für Kinder anbieten. Die 23-Jährige arbeitet in der Mittagsbetreuung in einer Bamberger Grundschule und in den Semesterferien im Ferienprogramm ihrer Heimatstadt München. Amelie kann mit Kindern. Deshalb freut sie sich, dass sie vor einem Jahr von Freund statt fremd als Patin für den 11-jährigen Edgar und seinen großen Bruder Sergio eingeteilt wurde.
Zahlreiche Möglichkeiten sich für Flüchtlinge zu engagieren
Freund statt fremd ist ein gemeinnütziger Verein, der 2010 von Studierenden der Universität Bamberg, unter anderem der heute als Autorin bekannten Filiz Penzkofer, in Zusammenarbeit mit Kulturmosaik e.V. und der AWO-Integrationshilfe gegründet wurde. Aktuell sind viele Studierende aktive Mitglieder bei Freund statt fremd. Sie alle haben sich das Ziel gesetzt, den Flüchtlingen in und um Bamberg die Integration vor Ort zu erleichtern.
„Es gibt so viele Möglichkeiten, aktiv die Situation der Flüchtlinge in Bamberg zu verbessern“, so Kiki Laaser aus dem Vorstand. „Freund statt fremd bündelt und lenkt diese Hilfe dorthin, wo sie gebraucht wird.“ Die Mitglieder engagieren sich als Paten für einzelne Flüchtlinge oder ganze Familien und in den sechs thematischen Arbeitskreisen „Bildung“, „Gesundheit“, „Sport“, „Helferbetreuung“, „Politik und Kommunikation“, „Spenden und Finanzen“ oder in den einzelnen Arbeitskreisen der Unterkünfte.
Patin für zwei Jungs aus Georgien
Im Arbeitskreis „Bildung“ wird der Deutschunterricht koordiniert. Amelie, die bereits seit dem Wintersemester 2013 Mitglied bei Freund statt fremd ist, gab ein halbes Jahr lang bis zu ihrem Auslandssemester Deutschkurse im Asylbewerberheim an der Breitenau. Nach ihrer Rückkehr informierte sie sich bei einem Koordinierungstreffen des Vereins, wie sie sich wieder dort engagieren könnte. Seitdem ist sie vom Bereich der Bildung in Richtung Patenschaften gewandert.
Sie holt abwechselnd mit einer anderen Studentin jeden zweiten Donnerstag Edgar und Sergio aus dem Asylbewerberheim an der Ludwigsstraße ab und verbringt mit ihnen ein paar Stunden. Edgar freut sich auf die Abwechslung draußen mit Amelie, da er in der beengten Wohnung, in der er sich mit seinem Bruder ein Hochbett teilt, nur wenig Privatsphäre hat. Der mittlerweile 10-jährige Edgar floh mit seinen Eltern und seinem Bruder Sergio vor zwei Jahren vor den Kriegsfolgen in Georgien nach Deutschland. Seitdem beherrscht die Ungewissheit sein Leben und das seiner Familie. Sie warten auf die Anerkennung als Asylbewerber.
Erfolgreiche Nachhilfelehrerin
Edgar geht in die vierte Klasse der Gangolfschule. Er fragt uns, wie die Sonnenfinsternis am nächsten Tag funktioniert. Die Lehrer hätten dazu nichts erklärt. Amelie und ich versuchen, seine Neugier zu stillen. „Nach den Kurzfilmtagen haben mir die Jungs auch viele Fragen zur Geschichte Deutschlands gestellt“, erzählt sie. Die beiden seien erstaunt darüber gewesen, dass es mal eine Mauer in Deutschland gegeben hat. Nicht nur für das Beantworten von Fragen aller Art, auch für die schulische Nachhilfe ist Amelie zuständig. „Seit ich mit den Jungs Diktate übe, haben sich ihre Deutschnoten um eine Notenstufe verbessert“, so die Studentin zufrieden.
Mitglied des Arbeitskreises Politik und Kommunikation
Clarissa Truhart teilt einen Veranstaltungshinweis auf Facebook. Das Kulturfestival zugunsten von Freund statt fremd steht bald an. Die 24-Jährige ist seit vergangenem Dezember bei Freund statt fremd. Trotz ihres noch frischen Einstiegs hat die Masterstudentin der Politikwissenschaft bereits eine Aufgabe, die viel Wissen über den Verein erfordert.
Sie ist Mitglied des Arbeitskreises „Politik und Kommunikation“, der auch zu ihrem Studium mit dem Nebenfach Kommunikationswissenschaft passt. Der Arbeitskreis hat sich mehrere Ziele gesetzt: „Zunächst wollen wir den Newsletter, der an die Mitglieder des Vereins und Verantwortliche in Politik und Gesellschaft verschickt wird, aktualisieren“, so die Studentin. Auch die Homepage soll überarbeitet werden.
Verantwortliche für Facebook
Aktuell ist Clarissa vor allem mit der Verwaltung des Facebookprofils des Vereins beschäftigt. „Ich beantworte Fragen von Bamberger Bürgerinnen und Bürgern, zum Beispiel, wo sie Sach- und Kleiderspenden für die Flüchtlinge abgeben oder wie sie sich bei Freund statt fremd einbringen können“, schildert Clarissa ihren Verantwortungsbereich. Über diese Aufgabe ist die Studentin, die gerade ein Praktikum in Stuttgart absolviert, sehr froh. „Nachrichten kann ich von überall schreiben, dazu muss ich nicht vor Ort in Bamberg sein.“
Die notwendigen Informationen holt sie sich aus den Mails, die tagtäglich über die verschiedenen „Freund statt fremd“-Verteiler von Mitgliedern geschickt werden. Wenn sie ab Oktober für ihre Masterarbeit wieder nach Bamberg zurückkehrt, möchte sie vielleicht noch eine zusätzliche Aufgabe im Verein übernehmen: Eine Tandempartnerschaft mit einem Flüchtling. „Damit ich auch konkret einem Menschen helfen kann“, so Clarissa.
Wer ebenfalls Flüchtlingen in und um Bamberg helfen möchte, kann sich unter kontakt(at)freundstattfremd.de an den Verein wenden.
Hinweis
Diesen Text verfasste Julia Kerzel für die Pressestelle der Universität Bamberg. Er steht Journalistinnen und Journalisten zur freien Verfügung.
Bei Fragen oder Bilderwünschen kontaktieren Sie die Pressestelle bitte unter der Mailadresse medien(at)uni-bamberg.de oder Tel: 0951-863 1023.