Gerald Kubik (links) und Martin Beyer beim Vortrag eines Trakl-Gedichts (Bilder: Christine Schmäl)
Stehen und hören statt sitzen und lesen: Die Eröffnungsveranstaltung in der Teilbibliothek 4
Der dunkle Bruder Mozarts
Georg Trakl war einer der bedeutendsten Dichter des Expressionismus, dessen Werke stets von Verlassenheit, Verfall und Todessehnsucht bestimmt wurden. Studierende der Otto-Friedrich-Universität Bamberg widmeten ihm nun eine Ausstellung. Die Eröffnung war ein großer Erfolg. Nach Begrüßungsworten vom neuen Direktor der Universitätsbibliothek, Dr. Fabian Franke, stand die Eröffnung der Ausstellung „Der Architekt des Verfalls – Lebens- und Todesräume bei Georg Trakl“ am 10. Juli in der Teilbibliothek 4 ganz im Zeichen der Literatur.
Dr. Martin Beyer hatte gemeinsam mit den Studierenden seines Proseminars „Georg Trakl und der literarische Expressionismus“ die Ausstellung erarbeitet, die vom Leben und Werk des Salzburger Dichters erzählt, der oft als der "dunkle Bruder Mozarts" bezeichnet wird. Neben der ausführlichen biographischen Darstellung des Dichters, der 1914 im Alter von nur 27 Jahren starb, schenken die Schaukästen und Tafeln vor allem den literarischen Räumen und Landschaften seiner Lyrik Aufmerksamkeit. Die Analyse der Gedichte Trakls basiert hierbei überwiegend auf Ansätzen des Heidelberger Philosophen und Mediziners Prof. Dr. Dr. Thomas Fuchs, der im Kern gegen den abendländischen Dualismus von Körper und Geist argumentiert. Neben dem Leib als Zentrum der Wahrnehmung existieren nach Fuchs unterschiedliche Raumebenen, zu denen eine Kommunikation aufgebaut wird. Die Anwendung dieses Ansatzes auf literarische Texte ist ein Novum.
Literatur und Kunst ergänzen sich
Eines der bekanntesten Gedichte Trakls ist mit Sicherheit „Grodek“, das die gleichnamige Schlacht in Galizien während des Ersten Weltkriegs thematisiert. Bei der Vorbereitung der Plakate über die Naturräume suchten Alexa Ruppert, Kathrin Krämer und Barbara Krenner nach geeigneten Illustrationen des Gedichts und stießen auf einen noch unbekannten Künstler aus Leipzig. „Wir haben einfach bei Google ‚Bilder’ und ‚Grodek’ eingegeben, und dann sind wir auf der Homepage von Michael Blümel gelandet“, sagte Ruppert. Nach einem Telefonat war dann klar, dass der Maler und Bildhauer seine noch unveröffentlichten Werke für die Ausstellung zur Verfügung stellen würde.
„Die Ausstellung soll nicht vorgeben, sondern Assoziationen wecken“, hatte Beyer in seiner einführenden Rede auf die Intention des Projekts hingewiesen. „Ich habe mich so auf diese Ausstellung gefreut, ich bin nämlich ein riesiger Trakl-Fan“, erzählte ein ehemaliger Bamberger Germanistikstudent. „Mir sind die Tafeln allerdings ein bisschen zu textlastig. Ich finde, noch aufschlussreicher als Trakls Gedichte sind seine Briefe. Wenn man die nachts bei Wein und Kerzenschein liest, erhält man größeren Einblick in den Mensch Trakl, in seine innere Zerstörtheit. Aber für ein Proseminar ist die Ausstellung wirklich klasse!“
Symbolische Snacks und Silbenmusik
Lob für die Studierenden hörte man von allen Seiten. „Dabei hat die meiste Arbeit eigentlich Herr Beyer gehabt“, gab Kathinka Zwingel zu. Der zollte seinen Studierenden jedoch große Anerkennung für die Realisierung des Projekts. Ein besonderer Dank galt dabei Elisabeth Unterforsthuber, Sonja Dirauf und Julia Lindner, die als Seminarteilnehmerinnen mit der Organisation der Eröffnung betraut worden waren. Passend zu Georg Trakls Herkunft und Vorlieben hatten die drei auch einen kleinen Imbiss zusammengestellt. „Die Mozartkugeln gibt es, weil Trakl aus Salzburg kommt“, erklärten die Studentinnen. „Mit den Mohnsalzstangen wollten wir auf Trakls Drogenkonsum verweisen…“
Insgesamt also eine durchaus gelungene Veranstaltung, die in der Darbietung von Martin Beyer und Gerald Kubik, alias „SilbenMusik“, ihren künstlerischen Höhepunkt fand. Das eingespielte Duo, das auch gemeinsam die Plakate für die Stellwände entworfen hatte, gab ihre ganz eigene Interpretation von Trakls Gedichten mit den Titeln „Musik im Mirabell“, „Elis“ und „Melancholie“ zum Besten.