„Mit dieser Einrichtung sind wir weltweit Vorreiter“
Die Universität Bamberg besitzt nun ein Hightech-Labor für Schmerz- und Demenzforschung. Das Bamberger Living Lab Demenz (BamLiD) in der Hainstraße 10 in Bamberg wurde am Montag, den 2. März 2020, eröffnet. „Im Bereich der Schmerz- und Kognitionsforschung sind wir mit dieser Einrichtung weltweit Vorreiter“, so Initiator Dr. Stefan Lautenbacher, Professor für Physiologische Psychologie an der Universität Bamberg. „Wir können dort unsere langjährige Erfahrung in der psychologischen Schmerzforschung bei Demenzpatienten mit einer anwendungsnahen Informatik effizient verbinden.“ Beim BamLiD handelt es sich um ein Labor (Lab), das wie eine Wohnung eingerichtet ist (Living).
Sensortechnik erfasst alltägliches Schmerzverhalten
Mit der modernen Einrichtung können völlig neue Forschungsfragen bearbeitet werden. Das betonten Prof. Dr. Jörg Wolstein, Dekan der Fakultät Humanwissenschaften, und Chefarzt PD Dr. Clemens Grupp vom Zentrum für Altersmedizin, Sozialstiftung Bamberg. Das Zentrum kooperiert mit den Fachbereichen Psychologie und Informatik der Universität Bamberg. Gemeinsam möchten sie mit der eingebauten Sensortechnik alltägliches Schmerzverhalten bei Menschen mit Demenz erfassen. „Teilweise können Betroffene Aufgaben im Alltag nicht mehr alleine erledigen, weil sie Schmerzen haben, das aber nicht ausdrücken können“, erläuterte Referatsleiterin Dr. Christine Schwendner aus dem Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege. Wie Schmerzen die eingeschränkte Alltagspraxis von Menschen mit Demenz beeinträchtigen, untersucht das erste Forschungsprojekt im BamLiD. Ziel ist es, Hilfestellungen für Betroffene zu erarbeiten. Das bayerische Gesundheitsministerium fördert das Projekt Schmerz und Alltagspraxis bei Menschen mit Demenz mit rund 143.000 Euro. Die Studie gab den Anstoß dazu, das Labor zu entwickeln.
Zwölf Kameras auf rund 50 Quadratmetern
Für Forschungsprojekte wie dieses ist das Reallabor bestens ausgestattet: Zwölf Kameras filmen jeden Winkel im Raum, sodass sie Mimik und Bewegungen einer Testperson aufzeichnen. Die Geschwindigkeit der Schritte erkennt ein Smart Floor – ein Boden, der mit Sensoren ausgestattet ist. Fünf Mikrofone nehmen die Stimme auf, deren Klangqualität auf Schmerz hindeutet. Auch die Herzrate oder der Blutdruck werden gemessen. Forschende können beispielsweise auch testen, wie gesundheitsfördernd ein tagheller Raum ist. Bei der BamLiD-Eröffnung führte Prof. Dr. Miriam Kunz, Inhaberin des Lehrstuhls Medizinische Psychologie und Soziologie an der Universität Augsburg, die Lichttechnik im Labor vor. Die Mitinitiatorin des BamLiD zeigte etwa die Wirkung von taghellem im Vergleich zu halbdunklem Licht. Im Sommersemester 2020 wird der rund 50 Quadratmeter große Raum um einen Ess-, Wohn- und Schlafbereich ergänzt. „Wir planen eine freundliche, altersgerechte Wohnlandschaft, in der man sich schnell vertraut und wohl fühlt“, sagte Kunz. Dort können Testpersonen alltäglichen Aufgaben nachgehen, wie Tee aufgießen, Schuhe anziehen oder Gegenstände im Regal umräumen.
Informatik-Kooperation wegen riesiger Datenmengen
Neben Stefan Lautenbacher und Miriam Kunz haben zwei Informatikerinnen daran mitgewirkt, das neue Labor zu konzipieren: Dr. Ute Schmid, Professorin für Angewandte Informatik, insbesondere Kognitive Systeme, sowie Prof. Dr. Daniela Nicklas, Inhaberin des Lehrstuhls für Informatik, insbesondere Mobile Softwaresysteme/Mobilität. Sie und weitere Informatikerinnen und Informatiker bearbeiten die großen Datenmengen, die im BamLiD entstehen. Die verschiedenen Datenströme zu verknüpfen und eine intelligente Mustererkennung einzurichten, gehört zu ihren Aufgaben. Weitere Projektpartner sind das Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS in Erlangen und das Fraunhofer-Institut für Graphische Datenverarbeitung IGD in Darmstadt. Letztere haben etwa den Smart Floor eingerichtet.
Finanziert wurde das Labor von der Universität Bamberg, die rund 460.000 Euro aus Mitteln der TechnologieAllianzOberfranken (TAO) investierte. Dr. Dagmar Steuer-Flieser, Kanzlerin der Universität, sagte bei der Eröffnung, dass sie von der Idee des Labors schon vor zwei Jahren fasziniert gewesen sei. Daher unterstützte sie diesen interdisziplinären und anwendungsorientierten Forschungsraum von Anbeginn.