Informatik spielend verstehen
Eine Suchmaschine zu benutzen ist kinderleicht. Zu verstehen, wie sie genau funktioniert, deutlich schwieriger. Doch auch Kindergartenkinder können schon Grundzüge der Informatik verstehen. Dabei helfen zwei Experimentierkisten, die an der Universität Bamberg entwickelt wurden. Das Projekt wird nun mit dem Preis Energie für Bildung ausgezeichnet.
Ob eine App zum Malen, Buchstaben schreiben oder Musikhören: Schon die Kleinsten wischen und tippen zielsicher über Mamas Smartphone und Papas Tablet. Alltagsbeobachtungen von Kindern im Vor- und Grundschulalter zeigen, dass Kinder sich den Umgang mit Computern schnell und selbstmotiviert erschließen. Allerdings nehmen Kinder die Geräte meist als reines Unterhaltungsmedium wahr. Sie verwenden einen Computer, fragen aber nicht, wie er funktioniert. Sie wissen zum Beispiel, dass man eine Datei speichern und wo man dafür klicken muss, hinterfragen aber nicht, wie das Speichern funktioniert.
Auch im Elternhaus, im Kindergarten oder der Grundschule erfahren Kinder meist nur wenig darüber, was hinter Bildschirm und Tastatur passiert. Das Thema der frühen Bildung im Bereich Informatik wird im Spannungsfeld zwischen digitaler Offensive und digitaler Demenz kontrovers diskutiert und resultiert einerseits in einem teilweise unreflektierten Einsatz von Medien zuhause sowie im Vorschul- und Elementarunterricht und andererseits in einer völligen Ausblendung Themas. Hier setzen die Experimentierkisten Informatik an, die an der Fakultät Wirtschaftsinformatik und Angewandte Informatik (WIAI) der Universität Bamberg entwickelt wurden. Das Projekt wurde am 15. September mit dem Preis „Energie für Bildung“ der GasVersorgung Süddeutschland ausgezeichnet.
Spielerisch lernen
Bamberger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erarbeiteten unter der Leitung von Dr. Ute Schmid, Professorin für Angewandte Informatik, insbes. Kognitive Systeme, seit 2008 Lernmodule zum Thema Informatik für den Vor- und Grundschulbereich. Sie entwickelten zwei Experimentierkisten, mit denen Kinder von 5 bis 10 Jahren die Informatik-Themen Digitale Repräsentation und Suchen und Sortieren konkret und spielerisch erfahren.
So kann das Konzept der digitalen Repräsentation von Informatik beispielsweise durch Rasterbilder aus den Zahlen 0 und 1 vermittelt werden, bei denen durch das Ausmalen aller Felder mit 1en ein Bild entsteht. Warum Suchen in sortierten Listen schneller funktionieren kann als in unsortierten, erfahren die Kinder, wenn sie nach Worten in einem Karteikasten suchen.
"Es ist immer wieder beeindruckend zu erleben, wie begeistert sich die Kinder mit unseren Lehrinhalten zur Informatik beschäftigen", berichtet Professorin Schmid. "Besonders freut es mich, dass ich unsere Maßnahmen nun mit Kolleginnen und Kollegen aus der Pädagogik und Didaktik gemeinsam weiterentwickeln und empirisch evaluieren kann." Denn seit diesem Jahr existiert an der Universität die interdisziplinäre Forschungsgruppe Elementarinformatik (FELI), an der neben der Informatik die Professorin für Didaktik der Grundschule Dr. Ute Franz und Prof. Dr. Frithjof Grell, Leiter des Lehrstuhls für Elementar- und Familienpädagogik, beteiligt sind.
Pädagogen und Lehrkräfte unterstützen
Die Bamberger Forscherinnen und Forscher wollen anregendes Material für die Kinder entwickeln, mit dem Informatik-Konzepte vereinfacht, aber korrekt vermittelt werden. Aber nicht nur: Sie wollen auch Barrieren und Ängste bei pädagogischen Fachkräften abbauen. „Häufig scheuen Lehrerinnen und Lehrer den Einsatz von Medien aus Sorge, den Fragen der Kinder nicht gewachsen zu sein,“ so Schmid.
Solche Ängste und Vorurteile gegenüber der Informatik führen häufig dazu, dass entsprechende Inhalte nicht in den Unterricht integriert werden. Daher entsteht derzeit ein Handbuch zu den Experimentierkisten, das Fachkräften die notwendigen Hintergrundinformationen sowie die Handhabung der Materialien einfach und anschaulich vermitteln soll. Das von Schmid entwickelte Konzept wird von der Technologie-Allianz Oberfranken sowie von der Hermann Gutmann Stiftung gefördert.
Der Präsident der Otto-Friedrich Universität Bamberg, Prof. Dr. Dr. habil. Godehard Ruppert betont: „Die noch junge Fakultät Wirtschaftsinformatik und Angewandte Informatik wurde speziell als Querschnittsfakultät konzipiert, um innovative Informatik-Konzepte für geistes-, kultur-, human-, sozial- und wirtschaftswissenschaftliche Anwendungsfelder zu erschließen. Die neu entstandene interdisziplinäre Kooperation zwischen Pädagogik und Informatik liefert hier einen weiteren, zukunftsweisenden Beitrag."
Auch die Stadt Bamberg sieht dieses neue Angebot für die Kindertagesstätten und Grundschulen sehr positiv. Der Zweite Bürgermeister Dr. Christian Lange stellt fest: "Es ist sehr erfreulich, dass die Informatik durch eine wachsende Anzahl von IT-Firmen nicht nur die Bamberger Wirtschaftslandschaft bereichert, sondern dass dieses zentrale Zukunftsthema von der Universität Bamberg auch in die Bildungseinrichtungen der Stadt getragen wird."
„Das Konzept der Experimentierkiste Informatik ist ein vielversprechender Beitrag zur frühen Bildung in der Informatik“, kommentiert die Projektleiterin der GVS-Ausschreibung Angela Grether. „Damit gelingt es bei Kindern die Neugier zu wecken und zu entdecken, was hinter der Oberfläche eines Computers passiert. Dies entspricht der Intention unseres Wettbewerbs Energie für Bildung. Dessen Ziel ist die frühzeitige Beschäftigung junger Menschen mit Technik und Naturwissenschaften zu fördern. Nach Einschätzung der Jury geht das Konzept der Otto-Friedrich Universität Bamberg genau in die richtige Richtung.“
Das mit der Auszeichnung der GasVersorgung Süddeutschland GmbH verbundene Preisgeld in Höhe von 1.000 Euro soll unter anderem zur Finanzierung einer studentischen Hilfskraft und für die Anschaffung weiterer Materialien für die Experimentierkisten verwendet werden.
Hinweis
Diesen Text verfasste Samira Rosenbaum für die Pressestelle der Universität Bamberg. Er steht Journalistinnen und Journalisten zur freien Verfügung.
Bei Fragen oder Bilderwünschen kontaktieren Sie die Pressestelle bitte unter der Mailadresse medien(at)uni-bamberg.de oder Tel: 0951-863 1023.