Ein neuer Leuchtturm in der Bildungslandschaft
Wissenschaftliche Antworten auf bildungspolitische Fragen – das Nationale Bildungspanel wird in Längsschnittstudien Bildungsbiografien vom Kleinkind- bis zum Rentenalter messen und untersuchen. Zum Start dieses neuen deutschlandweiten Exzellenznetzwerks trafen sich die Beteiligten aus Forschung und Politik in Bamberg.
„Wenn es zukünftig, auch international, um Bildungsforschung geht, führt an Bamberg kein Weg mehr vorbei“, so die Bundesministerin für Bildung und Forschung, Dr. Annette Schavan. Der Grund dafür ist derselbe, der die Ministerin am 3. Februar nach Bamberg in die AULA der Otto-Friedrich-Universität führte: die National Education Panel Study, kurz NEPS. Diese langfristig angelegte Längsschnittstudie, die von Bamberg aus koordiniert wird, vereint Wissenschaftler verschiedenster Fachrichtungen, um den Bildungserwerb und Kompetenzentwicklungen vom Kleinkindalter an bis zur Rente zu messen. Laut Schavan hätten internationale Querschnittsstudien, wie PISA, Momentaufnahmen der Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler zum jeweiligen Untersuchungszeitpunkt geliefert, während das Bildungspanels erstmals verlässliche Informationen darüber geben werde, wie sich Kompetenzen von früher Kindheit an bis weit ins Erwerbsleben hinein entwickeln und verändern. NEPS ist für sie deshalb „ein nationaler Leuchtturm im Bereich der Bildungsforschung mit internationaler Ausstrahlung“.
Ein Projekt von Politik und Wissenschaft
Um dies zu gewährleisten, hat die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) die Aufgabe der wissenschaftlichen Qualitätssicherung übernommen. Ihr Präsident Prof. Dr.-Ing. Matthias Kleiner erläuterte die Anfänge des Bildungspanels, die innerhalb der DFG-Förderinitiative „Empirische Bildungsforschung“ 2004 beraten worden seien. Durch diese Initiative seien neue Zentren der Exzellenz entstanden, „eines davon in Bamberg um den Kreis jener Forscherinnen und Forscher, die heute das Bamberger Zentrum des Nationalen Bildungspanels bilden.“
Dass in Bamberg alle Fäden des Exzellenznetzwerks zusammenlaufen, ist für Prof. Dr. Dr. habil. Godehard Ruppert, Präsident der Otto-Friedrich-Universität, der Beweis, „dass auch kleinere und mittlere Universitäten zu Höchstleistungen fähig sind.“ Die Bamberger Kompetenz in der Bildungsforschung sei Ergebnis einer konsequenten Berufungspolitik. Prof. Dr. Hans Peter Blossfeld, Inhaber des Bamberger Lehrstuhls für Soziologie I, ist Wissenschaftlicher Leiter des Netzwerks und viele seiner Kolleginnen und Kollegen an der Universität Bamberg sind mit ihrem Expertenwissen am Bildungspanel beteiligt.
Dass ein solches Bildungsprojekt von nationaler und internationaler Strahlkraft in Bamberg seine Heimat gefunden hat, darüber freute sich auch Wolfgang Heubisch, bayerischer Staatsminister für Wissenschaft, Forschung und Kunst, und versprach tatkräftige Unterstützung des Freistaats. Melanie Huml, Staatssekretärin und Vorsitzende des Kuratoriums der Universität Bamberg, hat diese Zusage bereits in die Tat umgesetzt. Unter anderem ihrem Einsatz ist es zu verdanken, dass der Bamberger NEPS-Zentrale mit der ehemaligen Wilhelmspost mittlerweile ein repräsentatives Gebäude zur Verfügung steht.
Der Mehrwert des Bildungspanels
Die Vorteile, die NEPS nun konkret für Wissenschaft und Praxis mit sich bringt, erörterten Vertreter aus Wissenschaft, Politik und der Schulpraxis in einer Podiumsdiskussion. Moderator Tanjev Schultz von der Süddeutschen Zeitung stellte die Eingangsfrage nach dem „Mehrwert des Bildungspanels“. Blossfeld als Wissenschaftlicher Leiter des Konsortiums des Nationalen Bildungspanels betonte die einzigartige Bandbreite der Untersuchung, die frühkindliche und berufliche Bildung ebenso einschließe wie außerschulische Faktoren, beispielsweise Familie oder Altersgenossen. Aus der Perspektive der Lehrerin wünschte sich Ute Löther, Leiterin der Staatlichen Regelschule „Anna Sophia“ in Kranichfeld, Thüringen, von den Ergebnissen des Bildungspanels konkrete Hinweise zur Verbesserung von Bildungsstrukturen, aber auch der Unterrichtsgestaltung.
Dem schloss sich aus Sicht der staatlichen Bildungsverwaltung auch Ministerialrätin Elfriede Ohrenberger vom Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus an. Dr. Wolfgang Meyer-Hesemann, Staatssekretär im schleswig-holsteinischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus, wies darauf hin, dass durch die Arbeit von NEPS erst einmal nur Rohmaterial zur Verfügung gestellt werden wird. Diese Daten könnten verschieden interpretiert werden, was Bildungspolitik nicht einfacher mache: „Es wird mehr, aber fundiertere Kontroversen geben.“ Die „nahezu geniale Struktur“ des Bildpanels mit seinen fünf Säulen und acht Etappen lobte Prof. Dr. Walther Müller vom Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung. Mit der Aufnahme immer neuer Jahrgänge und der Verfolgung ihrer Bildungswege könnten auch Veränderungen des Bildungssystems selbst nachvollzogen werden.
Tagung bringt weitere Erkenntnisse
Weitere Diskussionen gab es auf einer Fachtagung über das Analysepotenzial des Nationalen Bildungspanels, die sich am 4. Februar anschloss. Was allerdings zum Auftakt schon mehr als deutlich wurde, ist, dass die Signale, die bald vom Leuchtturm Nationales Bildungspanel ausgehen sollen, nicht nur von der Wissenschaft, sondern auch der Politik, den Schulen und der Öffentlichkeit gespannt erwartet werden. Aber, und das machten die beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler klar, solch komplexe Längsschnittstudien bedürfen eines langen Atems, Geduld und konsequenter finanzieller Unterstützung seitens der Politik. So könnten die erhobenen Daten der Bildungspolitik wirklich empirisch fundierte Hinweise auf Richtungsänderungen geben.
NEPS im Netz
Den Internetauftritt des Nationalen Bildungspanels finden Sie hier.