Marketing ist allgegenwärtig, meinte Björn Ivens und veranschaulichte seine These mit einem Comic (Fotos Marina Loch).
Der neue BWL-Professor Björn Ivens...
...konnte sich bei seiner Antrittsvorlesung über zahlreiche Besucher freuen.
Von Werbung zur Wertschöpfung
„Das Image von Marketing als Managementfunktion und als Berufsfeld hat sich seit 20 Jahren kontinuierlich verschlechtert“, sagte Prof. Dr. Björn Ivens, Lehrstuhlinhaber für Betriebswirtschaftslehre insbesondere Marketing an der Universität Bamberg bei seiner Antrittsvorlesung am 10. November. Dies habe zwei Gründe: Zum einen verbinde die Bevölkerung mit dem Begriff Marketing aufdringliche und irreführende Werbung. Zum anderen herrsche in den Unternehmen selbst oftmals Unklarheit darüber, was die Aufgabe von Marketingprofis ist, wie Ivens anhand zweier aktueller Studien belegte.
Demnach verstehen einige Firmen unter Marketing „nur“ Marktforschung und Marktsegmentation, andere fassen den Begriff weiter und ordnen ihm auch die Bereiche Kundenmanagement, Public Relations und Management von Produkt- bzw. Dienstleistungsangeboten zu. „Diese unterschiedlichen Definitionen führen nicht nur zu einer unklaren Aufgabenverteilung innerhalb der Funktionalbereiche eines Unternehmens, sondern hinterlassen auch in der Marketingforschung und -ausbildung ein unscharfes Zielfeld“, meinte Ivens. Er nahm daher seine Antrittsvorlesung zum Anlass, um das moderne Marketingverständnis zu reflektieren und Berufsfelder von Marketingprofis vorzustellen.
Marketing-Mix als Leitkonzept
„Meine Definition von Marketing soll keinen Universalanspruch haben, jedoch ist es wichtig, seinen Standpunkt klar zu vertreten“, betonte Ivens und legte dar, aus welcher historischen Position heraus sich seine Ansätze entwickelten: Standen am Anfang des 20. Jahrhunderts noch Verkauf und Werbung im Vordergrund, löste ab den 50er Jahren das Konzept des Marketing-Mix dieses Verständnis ab. Der Marketing-Mix beschreibt die Abstimmung, Koordination und Integration der vier zu berücksichtigenden Marketing-Instrumente Produkt-, Preis-, Kommunikations- und Vertriebspolitik untereinander.
Ivens erweitert den Marketing-Begriff und versteht darunter nicht nur die gerade erwähnten vier Instrumente, sondern alle Prozesse, die dazu dienen, Wert für Kunden und andere Interessengruppen zu schaffen (z.B. Kundenservice oder Beschwerdemanagement). Dieses Marketing-Verständnis möchte er auch seinen Studierenden vermitteln. Sie sollen lernen, dass in jedem Unternehmen und jeder Organisation Prozesse ablaufen, die sich damit beschäftigen, den Nutzen und Wert der angebotenen Produkte oder Leistungen zu entwickeln und zu steigern, um dadurch Kaufanreize zu schaffen.
Tätigkeitsfelder von Marketingmanagern haben sich erweitert
„Jeder kann von dem Wissen über Marketingprozesse profitieren“, verdeutlichte Ivens. „In klassischen Berufen, wie bei Vertriebsmanagern, Marktforschern oder Werbespezialisten, bildet dieses Know-how die Grundlage für eine erfolgreiche Arbeit.“ Kunden könnten damit erkennen, wie sie durch Marketingstrategien beeinflusst werden und ihr eigenes Verhalten darauf abstimmen. Nicht nur der Begriff, auch die Tätigkeitsfelder von Marketingmanagern hätten sich erweitert, erläuterte er und sieht nicht nur in Unternehmen, sondern beispielsweise auch in Verbänden, Stiftungen, NGOs und Regierungen gute Jobchancen für Marketing-Absolventen. Aufgabe des Marketings ist es, die Angebote von Organisationen mit den Bedürfnissen der Abnehmer in Einklang zu bringen, resümiert er. Das ist eine ebenso spannende wie herausfordernde Tätigkeit.
Verbindung von Forschung und Praxis
Björn Ivens studierte Betriebswirtschaftslehre an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und Politikwissenschaften an der Université Robert Schuman in Strasbourg. Bevor er 2009 nach Bamberg kam, hatte er die Professur für Marketing an der Universität Lausanne inne. Er ist auf internationalen Fachtagungen tätig, pflegt verschiedene Forschungskooperationen mit den Universitäten in Lausanne, Lyon und Tilburg, und führt Kooperations-, Beratungs- und Seminarprojekte mit mittelständischen und größeren Unternehmen durch. Für seine hervorragenden Lehrleistungen erhielt er 2005 den Wilhelm-Rieger-Preis der Universität Erlangen-Nürnberg, die ihm kürzlich auch den Habilitationspreis verliehen hat. Derzeit ist Ivens Mitglied des Prüfungsausschusses der Universität Bamberg und Koordinator des Studienbereichs SMI (Strategie, Märkte & Innovation). Die Schwerpunkte seines Lehrstuhls sind Preis-, Kunden-, Markenmanagement und Marketing-Ethik.