Der Herr der Rechner
Vom Lochkartenleser zum Terabyteserver: Rudolf Gardill hat die Revolution von der einfachen EDV zur modernen IT in Bamberg mitgestaltet. Und dazu musste er nur die Straßenseite wechseln. Denn einen großen Teil seines Lebens hat der waschechte Bamberger an der Feldkirchenstraße verbracht. Im Dientzenhofer-Gymnasium ging er zur Schule und nach dem Informatikstudium in Erlangen bekam er 1980 eine Stelle direkt gegenüber im neu entstehenden Rechenzentrum der Otto-Friedrich-Universität.
Ein Betriebsleiter und zwei Datentypistinnen arbeiteten damals mit Lochkartenlesern und Rechnern, groß wie Kleiderschränke. „Mit 4,8 Kilobit pro Sekunde sind die Daten damals dann nach Erlangen gewandert“, erinnert sich Gardill. Dort wurden sie weiterverarbeitet und kamen dann auf dem gleichen Weg zurück zum Zeilendrucker. Aus dem Wanderweg ist eine Hochgeschwindigkeitsautobahn geworden. Bis zu 2 mal 300 Megabit pro Sekunde rauschen durch die Verbindung der Otto-Friedrich-Universität zum Internet – also 600.000.000 im Vergleich zu 4.800 vor 30 Jahren.
„Alle zwei Jahre verdoppelt sich die Datenmenge in etwa“, weiß Gardill, der seit 1992 Leiter des Rechenzentrums der Uni ist. Und ein Ende dieser Entwicklung sei vorerst nicht abzusehen. Dies ist dann auch nur eine der Herausforderungen, vor denen sein Nachfolger seit dem 1. Januar steht. Denn Rudolf Gardill ging zum Jahresende in den Ruhestand. „Ich denke, ich kann das Haus in gutem Zustand übergeben, aber mein Nachfolger wird sich deswegen nicht zurücklehnen können“, sagt Gardill. Denn im Gegensatz zur Datenmenge, die in Gardills Dienstzeit zigtausendfach angewachsen ist, hat sich die Zahl der Mitarbeiter des Rechenzentrums lediglich von vier auf 32 erhöht.
Bis an die Leistungsgrenzen
Sie kümmern sich um Serversysteme und Kommunikationsnetze – beispielsweise läuft auch die gesamte Uni-interne Telefonie über das Computernetz (VoIP) –, IT für Studierende und für die Lehre, den PC-Service für das Personal sowie um den elektronischen Campus der in Bamberg ansässigen Virtuellen Hochschule Bayern. „Die Aufgaben haben massiv zugenommen“, beschreibt Gardill noch relativ zurückhaltend die Entwicklung in den letzten Jahrzehnten – und fügt hinzu: „Das Personal ist bis an die Leistungsgrenzen gefordert. “Das gelte jedoch für die gesamte Uni. Über 30 Jahre hat er miterlebt und beobachtet, wie sie gewachsen ist. „Eine beeindruckende Entwicklung“, sagt er. Aber bei der personellen Infrastruktur gebe es deshalb noch Nachholbedarf.
Was ihm in Bamberg besonders gefällt, ist die „tolle Art der Zusammenarbeit“. Nicht nur in seinem Team. Auch mit anderen Abteilungen. Beispielsweise bei der Erstellung des neuen Web-Auftritts der Otto-Friedrich-Universität. „Früher war ich stark technik-orientiert. Die Mitarbeiter haben mir dann soziale Kompetenz beigebracht. Damals konnte noch jeder ohne IT arbeiten“, erinnert er sich an seine Anfangsjahre im Rechenzentrum. „Heute muss jeder mit IT arbeiten.“
Noch zehn Jahre weiter zurück, 1970, gehörte Rudolf Gardill zum ersten Jahrgang, der in Erlangen ein Informatikstudium aufnahm. „Wenn ich damals den Leuten gesagt habe, ich studiere Informatik, dann kam meistens als Reaktion: ,Du willst also zur Presse.’ Die Leute kannten den Begriff überhaupt nicht.“ In Bamberg sei die Leistungsfähigkeit des Rechenzentrums für die Universität erst so recht ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt, als 2001 das neue Gebäude in der Feldkirchenstraße errichtet wurde.
Zuvor war alles im Feki-Hauptgebäude nebenan untergebracht, anfangs in zwei Räumen, später breitete sich das Rechenzentrum auf einen ganzen Flur aus. Gardills Aufgaben waren zunächst Programmiervorlesungen und die Beratung einiger weniger Wissenschaftler, die damals IT einsetzten. Seit er Leiter des Rechenzentrums ist, hat er aber mehr mit Finanzierungsfragen und Personalmanagement als mit Technik zu tun.
Künftig will er aber wieder mehr Programmieren, PC-Spiele ausprobieren und die eigenen Fotografien nachbearbeiten. Rudolf Gardill ist jedoch alles andere als ein typischer Computer-Nerd. Schwimmen, Skifahren, Wandern und mit seiner Frau auf Bierkeller oder nach Unterhaid auf einen Schoppen Frankenwein radeln. Das alles steht schon fest auf dem Ruhestandsprogramm.
Attacke aus dem Cyberspace
Von Angriffen durch Viren, Würmer, Phishing-Mails und dergleichen mehr war und ist auch die Universität Bamberg nicht verschont. Rudolf Gardill erinnert sich vor allem an eine besonders kritische Situation im Jahr 2005: „Von einer Minute auf die andere war unser Datennetz dicht. In dieser Situation war es zuerst einmal schwierig, die Ursache zu lokalisieren. Das Netz funktionierte ja kaum noch. Als Ursache stellte sich dann ein DDOS-Angriff heraus (Distributed Denial of Service). Angegriffen war zwar nur ein Server im Datennetz der Universität Bamberg. Es handelte sich wohl um einen persönlichen Rachefeldzug mit kriminellen Methoden. Als Nebeneffekt wurde jedoch nicht nur das Datennetz der Universität Bamberg lahmgelegt, sondern auch trotz Gigabit-Kapazität der nächste Datennetzknoten im Wissenschaftsnetz im Regionalen Rechenzentrum Erlangen (RRZE) und damit der Internet-Zugang der Universität Erlangen-Nürnberg. Gelöst wurde das Problem durch unser Datennetzteam in Zusammenarbeit mit den Kollegen im RRZE und dem DFNNOC (Deutsches Forschungsnetz – Network Operation Center): Die IP-Nummer des angegriffenen Servers wurde etwa fünf Tage lang in allen Routern des Wissenschaftsnetzes gesperrt. Dann durfte der Server erst wieder ans Netz. Die Betreiber des Servers stellten Strafanzeige. Was daraus wurde, wissen wir allerdings nicht. Glücklicherweise gab es derart massive Störungen in den letzten Jahren nicht mehr.“
Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Fränkischen Tags.
Neuer Leiter des Rechenzentrums
Rudolf Gardills Nachfolger als Leiter des Rechenzentrums ist Dr. Hartmut Plehn. Er studierte an der Universität Würzburg und an der State University of New York Physik. Nach seiner Promotion arbeitete er an der Universität Würzburg, seit 2000 als Leiter der Abteilung Kommunikationssysteme.