Qualifikationsziele des Masterstudiengangs Ur- und Frühgeschichtliche Archäologie an der Universität Bamberg
Die Ur- und Frühgeschichte umfasst den weitaus größten Zeitabschnitt in der Geschichte der Menschheitsentwicklung von den Anfängen in der Altsteinzeit (Paläolithikum) bis ins Mittelalter. Am Standort Bamberg werden vertiefte Kenntnisse vom Beginn der Sesshaftwerdung des Menschen von der Jungsteinzeit (Neolithikum) ab der Mitte des 6. Jahrtausends v. Chr. bis an den Beginn des Frühen Mittelalters (5.–7.Jahrhundert n. Chr.) vermittelt. Hier gibt es einen breiten Überschneidungsbereich mit der Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit, deren ältere Abschnitte (Früh-, Hoch- und Spätmittelalter) an anderen Universitätsstandorten traditionell auch Bestandteil der Ur- und Frühgeschichtlichen Archäologie sind.
Aufbauend auf Grundkenntnissen archäologischer Ausgrabungs- und Analysemethoden sowie Prospektions- und Fernerkundungsmethoden, die schon im Bachelor-Studium Archäologische Wissenschaften in Bamberg oder in anderen archäologisch ausgerichteten Bachelorstudiengängen einen Einstieg in die Vorgehensweisen und Inhalte Ur- und Frühgeschichtlicher Archäologie vermittelten, ermöglicht der Masterstudiengang vertiefte Kenntnis der materialkundlichen und kulturgeschichtlichen Inhalte sowie des Forschungs- und Analyseinstrumentariums dieses Faches bis hin zur selbständigen Erarbeitung, Durchführung und Präsentation eines eigenen Forschungsprojekts im Rahmen der Masterarbeit.
Im Detail führt das Studium zur Erlangung einer ganzen Reihe von Kompetenzen, die den Absolventinnen und Absolventen auf dem Arbeitsmarkt die Aufnahme einer qualifizierten Arbeit in den Kernbereichen Bodendenkmalpflege, Museum, Kommunalarchäologie, privatwirtschaftliche Grabungsarchäologie und zahlreicher über den Kernbereich hinausgehender kulturwissenschaftlicher Berufsmöglichkeiten wie beispielsweise in der Tourismusbranche, im Verlagswesen, etc. ermöglicht. Ein guter Masterabschluss ist schließlich Sprungbrett zur universitären Weiterqualifizierung im Rahmen eines Promotionsstudiums. Die Promotion zum Dr. phil. ist für viele Arbeitsstellen im höheren Dienst nach wie vor Voraussetzung.
Wissenschaftliche Befähigung
- Absolventinnen und Absolventen sind durch die fachspezifischen Module zu Quellen und Methoden in der Lage, das breite Methodenspektrum der Ur- und Frühgeschichte (z.B. Recherche und Analogieschluss, Ausgrabung, Prospektion, Fernerkundung, etc.) selbständig auf verschiedene Fragestellungen anzuwenden und auf solider Materialkenntnis zu eigenen reflektierten Schlüssen zu gelangen.
- Sie können nach Absolvieren der Hauptseminare wesentliche Themen und Inhalte der Ur- und Frühgeschichtlichen Archäologie (z.B. Siedlungswesen, Tod und Bestattung, Depotfunde, Handel, etc.) erkennen, analysieren und in ihren kulturellen und geistesgeschichtlichen Hintergrund einordnen.
- Mit der Erstellung der Masterarbeit haben sie Zeugnis von ihrer Befähigung abgelegt, eigene Forschungsprojekte aus der Ur- und Frühgeschichtlichen Archäologie zu konzipieren, die Quellen dazu selbstständig zu erschließen und sie mit den geeigneten Methoden im Hinblick auf Ihre Fragestellung hin zu analysieren, zu interpretieren und nach wissenschaftlichen Maßstäben unter Berücksichtigung allgemein anerkannter Grundsätze guter wissenschaftlicher Praxis in Wort und Schrift zu präsentieren.
Befähigung zu einer qualifizierten Erwerbstätigkeit
- Aus den materialbasierten Übungen verfügen Absolventinnen und Absolventen über das Rüstzeug, die wichtigsten Fundmaterialgruppen der jeweiligen Epoche (z.B. Jungsteinzeit, Bronzezeit, Eisenzeit, Römische Kaiserzeit) nicht nur erkennen, sondern sie auch adäquat dokumentieren (wissenschaftliche Zeichnung, Foto, 3D-Scan) und in ihren kulturgeschichtlichen Kontext einordnen zu können. Sie sind durch die Arbeit mit Funden aus unseren eigenen Forschungsprojekten mit originalem Fundmaterial vertraut und können professionell damit umgehen.
- Nach der erfolgreichen Teilnahme an ur- und frühgeschichtlichen Ausgrabungen und Praktika (oft in unseren eigenen, meist von der Deutschen Forschungsgemeinschaft oder der Oberfrankenstiftung finanzierten Forschungsprojekten im In- und Ausland) kennen sie das feldarchäologische Methodenspektrum von der Befunderkennung und -ansprache über die Ausgrabung bis zur Dokumentation und Fundverwaltung bestens und können die Prozesse auch selbstverantwortlich planen, durchführen und anleiten.
- Auf unserem eigenen Experimentalgelände zu ur- und frühgeschichtlichen Handwerks- und Verarbeitungsprozessen (z.B. Keramikherstellung, Eisengewinnung im Rennfeuerofen, Buntmetallguss, Schmiedetechniken) haben sie in Übungen und Forschungspraktika aktiv in unseren Forschungsprojekten zur Experimentellen Archäologie mitgewirkt und können die Methoden dieses gerade in Museums- und Öffentlichkeitsarbeit immer wichtiger gewordenen Wissenschaftszweigs selbständig anwenden.
- Sie sind durch Seminarpräsentationen, Übungen und Praktika im Museumsbereich in der Lage, archäologische Sachverhalte und Zusammenhänge sowohl für ein Fachpublikum als auch für eine breite Öffentlichkeit angemessen aufzubereiten und zeitgemäß zu veranschaulichen.
Persönlichkeitsentwicklung
- Absolventinnen und Absolventen konnten durch das breite Spektrum archäologischer und historisch bzw. kulturwissenschaftlich orientierter Fächer am Universitätsstandort Bamberg und speziell am Institut für Archäologische Wissenschaften, Denkmalwissenschaften und Kunstgeschichte ihre persönlichen Neigungen in diesem Bereich ausloten, ihnen gezielt nachgehen und sie im Hinblick auf ein erfülltes Berufsleben weiterentwickeln und vervollkommnen. Durch diese besondere Ausrichtung sind sie in der Lage, Perspektiven und Herangehensweisen anderer Fächer zu berücksichtigen.
- Im geschützten Rahmen der Veranstaltungen und in dem durch die kleinen Gruppengrößen oft sehr persönlichen Miteinander von Studierenden und Dozierenden haben sie sich erprobt, im Miteinander geübt sowie Sicherheit und Selbstbewusstsein in den eigenen Stand und das eigene Wissen aufgebaut. Sie haben ein berufliches Selbstbild entwickelt, Vorstellungen zu Ihrer beruflichen Weiterentwicklung erlangt und können sich zielorientiert selbständig neues Wissen erschließen.
- Im Rahmen der Blockveranstaltungen (Forschungspraktika, Experimentelle Archäologie, mehrtägige Exkursionen) haben sie sich im Team organisiert, gemeinsam an Zielen gearbeitet und Verantwortung übernommen. So können sie zu einem verantwortungsvollen Miteinander in der beruflichen Tätigkeit aktiv beitragen.
- Archäologische Fundstätten und Gegenstände sind ein wesentlicher, dem Einzelnen oft gar nicht bewusster Bestandteil des kulturellen Gedächtnisses unserer Gesellschaft. Von ihnen geht nicht selten eine Faszination aus, die – jenseits des Verstandes – die Menschen unmittelbar anspricht und berührt. Mit ihrer Kenntnis und engagierten Vermittlung ist es den Absolventinnen und Absolventen daher möglich, tief in die Gesellschaft hinein zu wirken und im Verständnis vergangener Strukturen und Zusammenhänge aktiv die Zukunft mitzugestalten und zu einem fruchtbaren Dialog in der Gesellschaft beizutragen. Wie in kaum einem anderen Gebiet lässt sich damit in unserer modernen, kurzfristig orientierten Gesellschaft ein Bewusstsein für die Dimension der Zeit und die Bedeutung von Nachhaltigkeit schaffen.
- Absolventinnen und Absolventen sind in der Lage, im Bereich der Ur- und Frühgeschichtlichen Archäologie wissenschaftlich fundierte, reflektierte Entscheidungen verantwortungsbewusst und im demokratischen Gemeinsinn zu fällen und somit zur Pflege von Bodendenkmälern sowie zum Schutz von Kulturgütern beizutragen.