Coaching-Superkräfte geweckt!
Seit dem Wintersemester 2023 schulen Lehramtsstudierende der Universität Bamberg zukünftige Lerntutor:innen der 9. Klasse im Rahmen eines interdisziplinären Theorie-Praxis-Seminars. In Kooperation mit dem Bamberger Franz-Ludwig-Gymnasium (FLG) bietet das Kompetenzzentrum Beratung im schulischen Kontext (ZeBERA) am Zentrum für Lehrerinnen- und Lehrerbildung (ZLB) eine Multiplikator:innen-Schulung für das Projekt „Schüler helfen Schülern“ an mit dem Ziel, Lernberatungskompetenzen bei den Jugendlichen zu stärken. Im Anschluss unterstützen die Schüler:innen Kinder der Unterstufe auf ihrem individuellen Lernweg.
Dass das Thema Coaching Einzug in die Schule gefunden hat, zeigt nicht nur das breite Seminarangebot in der Lehrkräftebildung, sondern auch die zunehmenden individuellen Unterstützungsangebote an den Schulen, mit deren Hilfe junge Menschen ihre individuellen Stärken und Potentiale beim Lernen entdecken. So auch am FLG in Bamberg: Dort gibt es seit dem Schuljahr 2012/13 das Angebot für Schüler:innen, individuelle Coaching-Termine bei Elke Peschk wahrzunehmen. Hier erhalten die Jugendlichen die Möglichkeit, ihr Lernen zu strukturieren, indem gemeinsam ein maßgeschneiderter Lernplan aufstellt wird. Mit Blick auf die individuellen Stärken und Präferenzen beim Lernen erhalten die Schüler:innen dann ein entsprechendes Training mit Lernmethoden. Dieses erfolgt anfangs wöchendlich, später dann nach Bedarf. Zusätzlich bildet die Lerncoaching-geschulte Lehrkraft seit 2016 Neuntklässler:innen im Rahmen des Projekts „Schüler helfen Schülern“ zu Lerntutor:innen aus, die wiederum Kinder der Unterstufe mit Nachhilfe unterstützen.
Nun übernahmen zum ersten Mal angehende Lehrkräfte der Universität Bamberg diese Schulung. Dafür wurden zunächst Studierende verschiedener Lehrämter im Seminar „Superkräfte bei Schüler:innen wecken“ im Blended Learning-Format, d. h. mit ausgelagerten Theorieeinheiten und praxisorientierten Präsenztreffen, rund ums Thema systemisches Coaching geschult. Um die Studierenden gezielt auf ihre Beratungsaufgabe als zukünftige Lehrkräfte vorzubereiten, wurde neben Rollenspielen auch eine sogenannte virtuelle Spielsimulation eingesetzt: So konnten die Studierenden im geschützten Rahmen erste Beratungselemente erproben, indem sie in der durch die Projektgruppe Digitale Kulturen der Lehre entwickeln (DiKuLe) entwickelte Anwendung interaktiv auswählen, wie sich eine fiktive Beraterin bei kritischen Situationen in einem simulierten Lerncoaching verhalten soll. Gemeinsam arbeiteten die engagierten Studierenden unter der Seminarleitung von Carmen Herrmann anschließend einen 4,5-stündigen Workshop aus, der Beratungskompetenzen der Lerntutor:innen fördern sollte. Kompetent zu coachen bedeutet, nicht nur den Gesprächsablauf eines Coachings und die Fragetechniken zu beherrschen, sondern auch eine wertschätzende Beziehung mit dem/der Coachee aufzubauen und das eigene Verhalten als Berater:in bewusst zu reflektieren und zu regulieren.
Am 24.11.2023 war es dann soweit: Die Seminargruppe empfing die 20 motivierten Schüler:innen mit den betreuenden Lehrkräften Elke Peschk und Alexander Frank im Sprachen-Lehr-Lern-Labor der Universität in der Luitpoldstraße 19. Neben der Aktivierung der Schüler:innen steht im Workshop zunächst eine Selbsterfahrung im Vordergrund. Dafür leiten die Studierenden die Tutor:innen in Kleingruppen zur Reflexion ihres persönlichen „Lernwegs“ – einer Visualisierung individueller Ziele, Potentiale und Herausforderungen beim Lernen – an, womit eine wertschätzende Beratungsatmosphäre geschaffen wird. Im Anschluss dürfen sich auch die Schüler:innen selbst mit ihren Mobilgeräten durch die virtuelle Spielsimulation klicken, um gemeinsam mit den Studierenden typische Phasen eines Lerncoachings – wie etwa den Beziehungsaufbau und die Entwicklung von Lösungsperspektiven – sowie damit zusammenhängende systemische Gesprächstechniken zu beleuchten. Die Ergebnisse halten die Schüler:innen anschließend in einem Leitfaden fest, den sie in Kleingruppen schließlich direkt in die Praxis umsetzen, indem sie im Rollenspiel ein erstes Lerncoaching durchführen. Abschließend stellen die Schüler:innen im Kahoot-Quiz ihr erworbenes Wissen unter Beweis und erarbeiten gemeinsam mit den angehenden Lehrkräften weitere Lernstrategien in einem großen Legebild, die sie ihren zukünftigen Beratungssuchenden auf den Weg geben könnten.
Die erfolgreiche Teilnahme am Workshop wurde mit einer Urkundenübergabe zelebriert. Für alle Beteiligten war das Seminar mit dem Workshop als ein voller Erfolg: Die Schüler:innen als auch die angehenden Lehrkräfte an der Universität wuchsen über sich hinaus und weckten ihre interindividuellen Superkräfte beim Beraten. Inzwischen berät ein Großteil der Teilnehmenden bereits fleißig Schüler:innen der Unterstufe und Mittelstufe – bis zum Abitur können die Jugendlichen in ihrer Funktion als Lerntutor:innen auftreten. In die nächste Runde geht das Projekt im kommenden Wintersemester 2024/25.