Mittelalterbilder und Denkmalpflege
Leitbilder und Bildproduktion der Denkmalpflege am Beispiel mittelalterlicher Sakralbaukunst in Deutschland und Frankreich (DFG)
Das Bild, das wir von mittelalterlicher Sakralarchitektur haben, ist in hohem Maße geprägt von den wechselnden Leitbildern der Denkmalpflege, die die Bauwerke jeweils nach ihren Vorstellungen gestaltet hat. Diese "Bildproduktion" für das 20. Jahrhundert systematisch und vergleichend zu erforschen, steht im Zentrum des Forschungsprojekts.
Mit der Konzentration auf die Epoche der Moderne betritt die Studie weitgehend Neuland. In der Selbstwahrnehmung des Faches haben sich seit 1900 mit der Ablösung vom Historismus und der "schöpferischen" Denkmalpflege zunehmend wissenschaftliche, nur mehr konservierende und befundorientierte Verfahren durchgesetzt. These dieser Unternehmung ist es dagegen, dass die Gestaltungsziele der Restaurierungen im 20. Jahrhundert entsprechend der veränderten Doktrin selten explizit gemacht wurden, dass aber in veränderter Form weiterhin eine denkmalpflegerische Bildpolitik betrieben worden ist, und das weiterhin wechselnde und sehr unterschiedliche Bilder von mittelalterlicher Sakralarchitektur vermittelt werden.
Das Forschungsprojekt ist darauf angelegt, die unterschiedlichen Leitbilder zu rekonstruieren, und zwar für Frankreich und Deutschland, deren Denkmalpflege eine vergleichsweise lange institutionelle Geschichte aufweist und die zusammen lange Zeit die denkmalpflegerischen Diskurse dominiert haben. In einem ersten Schritt werden für beide Länder für ein Sample von ausgewählten Leitbauten die unterschiedlichen restauratorischen Kampagnen detailliert rekonstruiert und in Bezug auf die sich in ihnen abzeichnende Bildproduktion analysiert. In einem zweiten Schritt wird der Zusammenhang der unterschiedlichen Restaurierungspraktiken zu den jeweils vorherrschenden Theoremen der Denkmalpflege sowie zu den Darstellungsmodi populärer Fotografien von Postkarten, Reise- und Architekturführern untersucht. Schließlich soll eine vergleichende Untersuchung klären, wieso in den beiden untersuchten Ländern über weite Strecken offenbar sehr unterschiedliche Mittelalterbilder verfolgt wurden.
Mit der hier eingenommenen breiten Perspektive wird das Wissen um die Mittelalter-Rezeptionen der Moderne auf eine breitere Basis gestellt. In der konsequenten und angemessenen Kontextualisierung der denkmalpflegerischen Kampagnen sowohl in den zeitgenössischen Theoriedebatten als auch in den wechselnden Bildproduktionen populärer Druckmedien leistet das Projekt darüber hinaus einen wichtigen Beitrag zur Wissenschaftsgeschichte: die Denkmalpflege wird hier - entgegen ihrem zunehmend naturwissenschaftlich geprägten Selbstbild - konsequent aufgefasst als eine zeitgebundene Kulturtechnik, ein Ansatz, der die in die Krise geratene Disziplin neue Impulse geben wird.
Das Poster zu diesem Forschungsprojekt finden Sie hier.(3.8 MB, 1 Seite)
Projektleiter
Prof. Dr. Stephan Albrecht
Lehrstuhl für Kunstgeschichte, insbesondere für Mittelalterliche Kunstgeschichte
Am Kranen 10, Raum 201
96047 Bamberg
+49 (0)951-863-2398
E-Mail: stephan.albrecht(at)uni-bamberg.de
Prof. Dr. Gerhard Vinken
Lehrstuhl für Denkmalpflege/Heritage Sciences
Am Zwinger 4, Raum 00.26
96047 Bamberg
+49/951/863-2401
E-Mail: gerhard.vinken(at)uni-bamberg.de
Mitarbeiterinnen
Nathalie-Josephine von Möllendorff
Vita, Publikationen
E-Mail: nathalie.von-moellendorff(at)uni-bamberg.de
Tel. 0951/863-3030
Verena Ummenhofer
E-Mail: verena.ummenhofer(at)uni-bamberg.de
Am Zwinger 4
96047 Bamberg