Die Westportale von Notre-Dame in Paris

Fragestellung

Gotische Portale sind in besonderer Weise durch das Zusammenspiel von architektonischen Elementen, vegetabiler Ornamentik, Mikroarchitektur und figürlicher Skulptur durchdrungen. Dies erforderte eine enge Koordination auf der mittelalterlichen Kathedralbaustelle. Zugleich bot die Kombination der Gattungen auch ein künstlerisches Potential. Die Architektur gehorcht nicht nur den Anforderungen der technisch erforderlichen Konstruktion, sie bietet dem Bildprogramm auch ein Ordnungssystem im Portalzusammenhang. Die figürliche Skulptur andererseits ist nicht nur Träger einer Ikonographie, sie reagiert auch in ihrer bildhauerischen Gestaltung auf den Ort innerhalb der Portalarchitektur. Hierdurch ergeben sich neue Sinnzusammenhänge.

Die Frage nach dem „mise en oeuvre“, der Art, wie ein Portal konstruiert ist, ist deshalb zugleich ein künstlerisch-inhaltliches und ein technisch-handwerkliches Problem. Eine Untersuchung der Portalkonstruktion gibt Aufschlüsse über Planungsprozesse, Baugeschichte und Bedeutungsabsichten.

 

• Methodische Vorgehensweise und Voraussetzungen

Ein Kerngedanke der methodischen Vorgehensweise ist es, die drei Portale, ihren Zusammenhang zur restlichen Westfassade und zum Langhaus von Notre-Dame auf der Grundlage eines zu erstellenden verformungsgerechten Aufmaßes und der intensiven Betrachtung der Oberflächen vor Ort neu zu bewerten. Die wissenschaftliche Untersuchung vom Gerüst aus und die vergleichende kunsthistorische Analyse gehen dabei Hand in Hand. Diese interdisziplinär angelegte Methode diente bereits dem von mir geleiteten BMBF – Projekt „Mittelalterliche Portale als Orte der Transformation“ (2014-2016) als tragfähige Grundlage (Albrecht/Breitling/Drewello 2021). Sie erlaubt tiefe Einblicke in den Alltag einer der wichtigsten gotischen Bauhütten, Rückschlüsse auf die Entwurfspraxis, die Planungs- und Ausführungsgeschichte. Bisher gibt es keine zuverlässigen Grund- und Aufrisse, die belastungsfähige Aussagen zu Architektur und Skulptur erlauben. Es wird eine Aufgabe des Projekts sein, diese verlässliche Plangrundlage bereitzustellen.

Projektleitung: Prof. Dr. Stephan Albrecht
stephan.albrecht@uni-bamberg.de