Anja Ruschkowski/Universität Bamberg

Christoph Kuch verzauberte sein Publikum mit allerlei magischen Tricks.

Anja Ruschkowski/Universität Bamberg

Wilfried Strohs Begeisterung für die Redekunst Ciceros spiegelte sich auch in seiner Krawattenwahl wider.

Tim Kipphan/Universität Bamberg

Der voll besetzte Hegelsaal der Konzerthalle lauscht dem Vortrag von Nils Ole Oermann.

Anja Ruschkowski/Universität Bamberg

Christoph Kuch (links), Barbara Schweder (Mitte) und Christian Illies (rechts) diskutieren über die Manipulierbarkeit des Menschen.

Manipulation und Verzauberung

Bamberger Hegelwoche untersucht, was den Menschen bewegt

Wie und warum können Menschen unbewusst dazu gebracht werden, etwas zu tun, was sie sonst nicht täten? Dieser Frage nahm sich die diesjährige Bamberger Hegelwoche getreu dem Thema Manipulation und Verzauberung: Was den Mensch bewegt an. An jedem der drei Abende wurde ein neues Licht auf das Phänomen geworfen.

Zur 26. Ausgabe der Bamberger Hegelwoche trafen sich vom 9. bis zum 11. Juni im Tagesdurchschnitt ca. 600 philosophieinteressierte Bürgerinnen und Bürger sowie Gäste aus Politik, Kultur und Wissenschaft in Bamberg, um sich zu einem gesellschaftsrelevanten Thema auszutauschen. In diesem Jahr ging es um Manipulation und Verzauberung – Schlagwörter, die heute „überall zu finden sind, in der Politik, bei den Fragen nach der Moral, der Wahrheit und natürlich bei der Frage nach dem, was der Mensch ist und was ihn bewegt“, so Organisator Prof. Dr. Christian Illies, Inhaber des Lehrstuhls für Philosophie II.

Manipulation durch Sprache

Wie der Mensch durch die Kraft der Rede manipuliert und zu einem politischen Instrument werden kann, demonstrierte Prof. em. Dr. Wilfried Stroh in seinem Vortrag Die Macht der Rede im antiken Rom und heute. Als emeritierter Professor der Klassischen Philologie bediente sich Stroh eines berühmten Beispiels aus der Antike, das diese Macht eindrucksvoll illustriert: Ciceros erste Rede gegen Catilina. In dieser Rede, die den Niedergang Catilinas als Widersacher Ciceros besiegelte, überzeugte der damalige Konsul nicht nur durch den starken argumentativen Aufbau seiner Ansprache, sondern auch aufgrund der ihr innewohnenden rhetorischen Brillanz.

Genau diese rhetorische Brillanz sei es auch, die Reden der politischen Gegenwart schmerzlich vermissen lassen, was Stroh auf den sinkenden Einfluss der freien Rede zurückführte, die allenfalls noch im Wahlkampf ihre Wirkung auf das politische Zeitgeschehen entfalte. Parteienzwang oder Absprachen im Vorfeld einer Abstimmung machten die Rede als alleiniges Mittel zur politischen Entscheidungsfindung obsolet.

Auch Funk und Fernsehen dämpften die Macht der Rede, da ihre Berichterstattung mögliche Ergebnisse vorwegnehme und der Rezipient nicht direkt auf die Beiträge reagieren könne. Eine Chance, der Rede künftig wieder mehr Gewicht zu verleihen, sieht Stroh im Internet, dessen Kanäle wie YouTube oder Facebook einen Dialog ermöglichten.

Politische Trickkisten

Um politische Verzauberung ging es sodann am nächsten Abend. In seinem Vortrag Über politische Magier und Taschenspieler. Eine ethische Betrachtung definierte der Ethikprofessor Dr. Nils Ole Oermann von der Leuphana Universität Lüneburg jene Faktoren, die heutzutage an Stelle der Redefertigkeit getreten sind und politischen Erfolg maßgeblich mitbestimmen.

Auf der Basis von Max Webers Politik als Beruf und dessen Gegenüberstellung von Gesinnungs- und Verantwortungsethik („Wahrheitsanspruch vs. Machterhalt“) erstellte er eine Typologie verschiedener Politikercharaktere, die er den Überbegriffen Magier und Taschenspieler zuordnete. Zudem gab er einen Einblick in die politische Trickkiste der erfolgreichen Magier, die beispielsweise von finanziellen Möglichkeiten bis hin zu den Fähigkeiten, Netzwerke aufzubauen und Mehrheiten zu organisieren, reichen.

Der Mensch, das manipulierbare Tier

Doch wie manipulierbar ist der Mensch und durch welche menschlichen Eigenschaften wird Manipulation überhaupt erst ermöglicht? Diese Fragen stellte die Hegelwoche am letzten Veranstaltungstag, zu dessen Auftakt der Mentalmagier Christoph Kuch die Gäste im wahrsten Sinne des Wortes verzauberte. Er las Gedanken, transferierte Berührungen ohne direkten Körperkontakt und faszinierte sein Publikum mit einer Darbietung des populären Bechertricks, bei dem es unter verschiedenen Bechern denjenigen zu verschonen gilt, unter dem sich ein Hausmannsnagel befindet.

Dass es sich bei Kuchs magischer Vorstellung jedoch mitnichten um echte Zauberei handelt, wurde im anschließenden Vortrag der Anthropologin Dr. Barbara Schweder offenkundig. So werde die Rationalität des Menschen häufig überbewertet, stattdessen „sind wir es gewohnt, auf die unterbewussten Signale unserer Mitmenschen zu reagieren“, so Schweder. Die Chance auf gelungene Zaubertricks steigt für Kuch somit durch das Wissen um instinktive Handlungsmuster, die dem menschlichen Tun zugrunde liegen und folglich hervorsehbare Reaktionen auf spezifische Reize auslösen.

Inwiefern Manipulation grundsätzlich negativ und moralisch vertretbar ist, war Stoff der darauffolgenden Diskussionsrunde mit den Teilnehmern Schweder, Kuch und Illies. Auf dem Podium herrschte Einigkeit darüber, dass Manipulation menschlich und der Begriff nicht per se negativ konnotiert sei. „Dann gäbe es ja gar kein Wort mehr für die positive Manipulation“, erläuterte Illies. „Durch Bildung jedoch kann der Manipulation entgegengewirkt werden, da diese zum Verstehen manipulativer Vorgänge beiträgt und somit selbstbestimmteres Handeln ermöglicht“, lautete das abschließende Fazit Schweders.

Hinweis

Diesen Text verfasste Antje Jaschik für die Pressestelle der Universität Bamberg. Er steht Journalistinnen und Journalisten zur freien Verfügung.

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