Reduktion des Belohnungswerts bei Computerspielstörung und Kauf-Shoppingstörung – Psychologische Mechanismen und Proof-of-Concept-Studie

(Teilprojekt 2, Forschungsgruppe FOR2974, 2. Förderperiode)

Stand: laufend seit September 2024

Projektleitung: Prof. Dr. Sabine Steins-Löber, Prof. Dr. med. Dr. phil. Astrid Müller (Medizinische Hochschule Hannover)

Ziel: Der Einfluss konditionierter Reize spielt eine wichtige Rolle bei Suchterkrankungen, da sie das belohnungsbezogene Verhalten verstärken können, wie der Pavlovian-to-instrumental-Transfer (PIT)-Effekt zeigt. Selbst wenn Belohnungen nicht mehr verfügbar sind, beeinflussen diese Reize weiterhin das Verhalten. Eine Proof-of-Concept-Studie soll nun die Wirksamkeit eines modifizierten Cognitive Bias Modification (CBM) Ansatzes untersuchen, bei dem suchtrelevante Reize mit negativen Konsequenzen verknüpft werden, um deren Belohnungswert zu reduzieren.

Theoretischer Rahmen: Der Einfluss konditionierter Reize auf das Verhalten gilt als wichtiger Aspekt bei der Entstehung und Aufrechterhaltung von Suchterkrankungen. In einem früheren Projekt konnten wir zeigen, dass die Präsentation von applikationsspezifischen Reizen bei Personen mit riskanter Nutzung von Computerspielen oder Shoppingwebsites das instrumentelle Verhalten zum Erhalt entsprechender Belohnungen verstärkt, ein sogenannter Pavlovian-to-instrumental-Transfer (PIT)-Effekt. Obwohl die Abwertung der Belohnung (d.h. die Mitteilung, dass keine Belohnungen mehr verfügbar sind) die belohnungsbezogene Reaktion verringerte, beeinflusste die Darbietung der konditionierten Reize nach wie vor das belohnungsassoziierte Verhalten. Daher ist es entscheidend, unser Verständnis darüber, wie belohnungsbezogenes Verhalten effektiv reduziert werden kann, weiter zu vertiefen. Untersuchungen zu Substanzkonsumstörungen legen nahe, dass verschiedene Interventionen zu einer Abwertung substanzbezogener Reize führen können. In Bezug auf klinische Outcomes (z.B. Rückfallraten) ist die Evidenz für Cognitive Bias Modification (CBM) zur Verringerung alkoholbezogener Annäherungstendenzen am überzeugendsten. Allerdings wurden bislang keine Auswirkungen von CBM auf einen alkoholbezogenen PIT-Effekt nachgewiesen. Die wenigen vorliegenden Studien zu Internetnutzungsstörungen liefern Hinweise auf eine Wirksamkeit von CBM bei der Computerspielstörung, legen aber auch nahe, dass die systematische Verknüpfung suchtassoziierter Reize mit negativen Reizen (d.h. evaluative Konditionierung) eine wirksame Methode zur Reduzierung des Belohnungswerts der suchtbezogenen Reize sein könnte. Vor diesem Hintergrund soll eine Proof-of-Concept-Studie durchgeführt werden, in der die Auswirkungen eines Devaluations-modifizierten CBM (DEV-CBM) im Vergleich zu traditionellem CBM auf affektive und kognitive Mechanismen untersucht werden. Im DEV-CBM werden Reize, die mit Computerspielen/Online-Shopping assoziiert sind, systematisch mit Reizen verknüpft, die individuelle negative Konsequenzen der Applikationsnutzung darstellen. 

Methode: Teilnehmende mit mindestens riskanter Nutzung von Computerspielen (n=126) oder Shopping-Applikationen (n=126) werden randomisiert DEV-CBM oder CBM zugewiesen. Die Erhebung besteht aus zwei Teilen. In Rahmen einer Labortestung wird die Kernbatterie der Forschungsgruppe durchgeführt. Zudem absolvieren Proband*innen das DEV-CBM/CBM und der PIT-Effekt, die Reizreaktivität und die Annäherungstendenzen vor und nach der Trainingssequenz werden experimentell erfasst. Anschließend wird ein fünftägiges End-of-day Ecological Momentary Assessment stattfinden, um den Effekt des Trainings auf suchtassoziierte Mechanismen (z.B. Craving) im Alltag zu prüfen. 

Internetauftritt der Forschungsgruppe: https://www.uni-due.de/for2974/index.php(Dort finden sich auch alle Publikationen der Forschungsgruppe.)