Unterirdische Anlagen des Bamberger Dombergs, Untersuchungen zur Rekonstruktion der hochmittelalterlichen Bebauung
Leitung: Prof. Dr.-Ing. Stefan Breitling
Bearbeiter: Roman Schöpplein M.A.
Arbeitsbereich: Bauforschung und Baugeschichte des KDWT
Laufzeit: ab 2016
Projekt
Im Zuge der Weiterführung des Inventars (Die Kunstdenkmäler von Bayern) für das Weltkulturerbe Bamberg, seitens des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege, steht derzeit der Bamberger Domberg im Fokus der Untersuchungen. In diesem Zusammenhang werden durch Mitarbeiter des Kompetenzzentrums in Kooperation mit der Inventarinitiative die Keller der einstigen Domherrenhöfe sowie andere unterirdische Bauwerke des Domberges erfasst, bewertet sowie kulturhistorisch und entwicklungsgeschichtlich eingeordnet.
Bedeutung
Der Domberg kann als die wichtigste Keimzelle betrachtet werden, die einst zur Stadtgründung Bambergs führte. Hier lag über viele Jahrhunderte der kulturelle Mittelpunkt der Stadt und die Machtzentrale des Fürstbistums. Obwohl dem Dom und den bischöflichen Residenzen bislang große Aufmerksamkeit zu Teil wurde, galt dies allerdings nicht für die alten Domkurien innerhalb dieser Burganlage. Seit der Säkularisation zweckentfremdet, umgebaut und teilweise abgerissen, führten doch einige Anlagen oder zumindest einige Bereiche derer bis dato einen baulichen „Dornröschenschlaf“. Es verwundert also nicht, dass grundlegende Erkenntnisse über diese Bauwerke allgemein und vor allem zu deren unterirdischen Anlagen bisher völlig fehlen. Den in den Boden eingreifenden Bauwerken, wie Keller, Stollen, Gängen, Schächten und Brunnen soll durch unser Projekt besondere Aufmerksamkeit zu Teil werden. Dabei stehen neben den zu erlangenden Erkenntnissen über die baugeschichtliche Entwicklung der Siedlungsstruktur der mittelalterlichen Domburg auch bauanalytische Betrachtungen einzelner Kurien im Blickfeld. Aufschlüsse über Baukonstruktionen und Substruktionen der Gebäude, die vor allem im Untergrund zu erschließen sind, geben zudem wichtige Impulse für einen langfristigen Bauwerkserhalt, was natürlich auch dem Fortbestehen dieser mittelalterlichen Bausubstanz dient.
Methode und Technische Analyse
Im Zuge der laufenden Voruntersuchungen werden primär die einzelnen Objekte gesichtet, katalogisiert und kartographiert um einen Überblick des derzeitigen Bestandes zu erlangen. Hierbei liegt der Schwerpunkt, der vorläufig noch als Prospektion zu bezeichnenden Untersuchungen, auf fotografische Dokumentation, dem Erstellen von Handskizzen und der Zusammenführung aller bisher bekannten Quellen. Die eigentlichen klassischen bauforscherischen Analysemethoden werden in dieser Untersuchung jedoch nicht außer Acht gelassen. Individuell sollen sekundär für einzelne herausragende Objekte formtreue Handaufmaße für Aufrisse, Grundrisse und Schnitte erstellt sowie durch Analysen von Steingefüge, Gesteinsart und Bearbeitung, Katalogisierung der Ziegelsteine, Mörtelanalysen, Dokumentationen der jeweiligen Gewölbeformen, Befundöffnungen etc. ergänzt werden. Zudem müssen die einzelnen Aufmaße auch tachymetrisch vermessen werden um sie anschließend passgenau in das Bayerische Messnetz einzufügen. In Frage kommt in einzelnen Fällen zudem auch der 3-D Laserscan oder die SFM-Methode (Structure from Motion). So kann der Baubestand der unterirdischen Anlagen systematisch erfasst und für vergleichende, statistische und chronologische Studien herangezogen werden. Darüber hinaus können diese Analysen beispielsweise durch geowissenschaftliche Untersuchungen mittels Ramm- und Bohrsondierungen ergänzt werden, um etwa Höhenschichtenpläne und Geländeschnitte zu erstellen. Da die Kurien zum größten Teil entlang beziehungsweise auf den ehemaligen Domburgmauern stehen, sind Erkenntnisse über die einstigen topografischen Verhältnisse gerade an der Hangkante des Domberges nicht unwichtig. Abschließend werden die Ergebnisse in digitaler Form dargestellt und in Datenbanken archiviert um sie zudem kulturhistorisch, topographisch, funktional sowie technisch einzuordnen und zu bewerten. So entsteht eine umfangreiche Grundlage um, im Zusammenhang mit den Untersuchungen in den Kellern der Kurien und den vorgestellten analytischen Methoden, den Versuch zu starten ein ganzheitliches Bild des mittelalterlichen Domberges zu erstellen.
Projektziel
Ziel ist es in erster Linie einen angemessenen Beitrag zu Baugeschichte und Siedlungsverhalten beziehungsweise den Siedlungsstrukturen auf dem mittelalterlichen Domberg zu erlangen. Dies vor allem in Hinblick auf eine Rekonstruktion des hochmittelalterlichen Baubestandes sowie den baulichen Entwicklungen und Veränderung der einzelnen Domherrenhöfe im Wandel der Jahrhunderte, soweit noch feststellbar. Dies ist nicht unbedeutend, da mit dem Domberg ein urbaner Bereich vorliegt der vielleicht andere bauliche Prozesse erfuhr wie es für gewöhnlich innerhalb der mittelalterlichen Stadt anzunehmen ist. Darüber hinaus können auch Gefährdungen und Schwachstellen an der Gebäudesubstanz, die im Zuge der durchgeführten Analyse erkannt wurden und zur Sicherung des historischen Gebäudebestands notwendig sind, weitergetragen werden. Zudem sollte aber auch die Möglichkeit bestehen der Inventarisierungsinitiative des Landesamtes für Denkmalpflege, seitens des Kompetenzzentrums, durch die in diesem Projekt erarbeiteten Erkenntnisse, einen hilfreichen und ergänzenden Beitrag zu leisten.
Ausblick
Die während des Projektes erbrachten baugeschichtlichen und bauforscherischen Ergebnisse können in das bereits existierende digitale 4-D Stadtmodell, „Bamberg um 1300“ integriert werden. Somit kann die mittelalterliche Bebauung, insbesondere in ihren verschiedenen Bauphasen, virtuell rekonstruiert werden, dies im vorliegenden Fall natürlich örtlich begrenzt auf den Bamberger Domberg. Dadurch kann, neben den wissenschaftlich fundierten Analysen, anschaulich und leicht verständlich Wissenstransfer an den Laien stattfinden, wovon auch das Welterbemanagement der Stadt profitieren könnte.