Aufbau digitaler Plattformen - Entwicklung von Metadatenstandards - Vernetzung von Beständen

Problemstellung

In der Denkmaldokumentation durch freie Bauforscher, der institutionellen Denkmalpflege sowie der wissenschaftlichen Denkmalforschung werden seit Jahrzehnten umfangreiche Mengen digitaler Daten produziert. Für die langfristige Speicherung dieser Daten, die Gewährleistung einer wohlgeordneten Zugänglichkeit sowie für die Möglichkeit ihrer Fortschreibung existieren jedoch noch keine Lösungen, die sich in der Fachcommunity allgemein durchgesetzt hätten. Gerade vor dem Hintergrund immer komplexer werdender Prozesse mit einer Vielzahl von Beteiligten im praktischen Umgang mit dem Denkmal aber auch innerhalb institutionenübergreifender, interdisziplinärer Projektverbünde in der Forschung entstehen deshalb zunehmend Datenbanken bzw. digitale Plattformen, um die Fülle digitaler Informationen zu verwalten, abzulegen, auszuwerten, miteinander in Beziehung zu setzen, zugänglich zu machen und vor allem auch um kollaboratives Arbeiten an den Daten zu ermöglichen.

In den letzten Jahrzehnten sind zu diesem Zweck eine Reihe von einzelnen Datenbanken entstanden, die meistens jedoch auf das spezifische Ziel des entsprechenden Vorhabens oder die jeweilige Aufgabe zugeschnitten sind und deshalb in der Regel Insellösungen darstellen. Ein entscheidender Nachteil  solcher Insellösungen besteht unter anderem darin, dass es kaum möglich ist, die in mühsamer Arbeit erhobenen Daten über die Grenzen von bestimmten Vorhaben hinweg miteinander zu vernetzen. Infolgedessen bleibt auch das eigentliche Potential digitalen Arbeitens ungenutzt, nämlich die automatische oder halbautomatische Verarbeitung großer Datenmengen, die händisch kaum zu bewerkstelligen wäre. Schließlich ist auch der Aufwand für den Aufbau und die Administration dieser Datenbanken sowie für die Entwicklung von entsprechenden Eingabemasken und Auswertungstools vergleichsweise hoch, weil die technischen Lösungen nicht vorhabenübergreifend fortgenutzt werden können und jedes Datenbankprojekt gleichsam von Null anfangen muss. Auf diese Weise vermittelt sich der Vorteil solcher digitalen Datensammlungen im Verhältnis zum Aufwand für den Aufbau der Plattformen nur äußerst bedingt.

Aufgabe

Das Kompetenzzentrum Denkmalwissenschaften und Denkmaltechnologien hat sich deshalb die Aufgabe gestellt, die Entwicklung bzw. Weiterentwicklung von digitalen Plattformen für die Forschung und den praktischen Umgang mit Denkmälern zu fördern. Digitale Plattformen ermöglichen eine Reihe unbestrittener Vorteile, deren Potential für die Denkmalforschung und Denkmalpflege zu nutzen ist:

  • die enge Vernetzung vorhandener Medienarten und Informationen,
  • die enge Vernetzung aller Beteiligten im Vorhaben im Sinne kollaborativen Arbeitens,
  • die effiziente Arbeitsweise durch Vermeidung von Mehrfacheingaben,
  • die Möglichkeit der Fortschreibung bzw. Nachnutzung bereits vorhandener Daten und
  • die fehlerfreie, automatische, stets aktualisierte Ausgabe von Zieldokumenten und Anwendungen aus einer gemeinsamen Datenquelle.

Damit unterschiedliche Bestände künftig miteinander in Beziehung gesetzt werden können und damit die Nachnutzung von bereits hergestellten technischen Lösungen für andere Vorhaben möglich wird, muss die Struktur der Daten und die Art ihrer Kodierung allgemeingültig festgeschrieben werden. Nur wenn von vornherein klar ist, welche Information in einem Datensatz an welcher Stelle erwartet werden können, lässt sich auch ohne Kenntnis der genauen Inhalte ein Austausch, sowohl von Infrastrukturen wie auch von Informationen weitgehend verlust- und fehlerfrei durchführen.

Auf der anderen Seite sind desgleichen für die Auswahl beschreibender Begriffe zur Bezeichnung von Bauformen, Bauteilen, Befunden, Datierungen etc. Festlegungen zu treffen, da auch sie neben der reinen Struktur auf die Aussagekraft der Daten einen entscheidenden Einfluss haben. Ein Auswertungsalgorithmus muss schließlich vermittelt bekommen, dass ein "5/8-Schluss", ein "polígono de cinco lados" oder ein "Chorschluss mit fünf Seiten eines Achtecks" die gleiche Form bezeichnen.

Standards, Vokabulare und Tools

Um die vielfältigen Medienarten und Informationen, die in der Denkmaldokumentation und Denkmalforschung anfallen, sowie bereits vorhandene Datenbestände sinnhaft miteinander vernetzen zu können, ist demnach vor allem eines nötig: die Entwicklung und auch Durchsetzung von entsprechenden Metadatenstandards bzw. Normdaten sowie von kontrollierten Vokabularen.

Es existieren bereits eine gewisse Anzahl von Auszeichnungsstandards, die auch für historische Architektur angewendet werden können, wie EDM (Europeana Data Modell), Cidoc-crm etc., doch haben sie sich bisher in der Bauforschung, Baugeschichte und Denkmalpflege nicht durchsetzen können. Dies liegt zum einen daran, dass diese Modelle den für Architektur erforderlichen hohen Differenzierungsgrad nicht liefern, dass ihre Struktur zu kompliziert, nicht objektzentriert angelegt ist bzw. nur unzureichend die räumliche Dimension widerspiegeln kann oder dass diese Standards rein textlicher Natur sind und beispielsweise Planmaterial oder 3d-Scans nur wenig differenziert miteinbeziehen. Ähnliches gilt für kontrollierte Vokabulare. Auch hier gibt es bereits bekannte Ressourcen, wie beispielsweise Getty AAT, doch fehlen hier noch zahlreiche Begriffe, um die Erfordernisse der Bauforschung und Denkmalpflege umfassend abzudecken. Sind Daten, die sich an Standards orientieren und kontrollierte Vokabulare verwenden, erst einmal vorhanden, kommen schließlich als dritte Komponente Tools zum Einsatz, um diese Daten visualisiert auszuwerten bzw. fachspezifisch zu bearbeiten.

Das KDWT setzt sich anhand von Referenzprojekten und durch Workshops für die Entwicklung von Standards, Vokabularen und Tools ein. Auf diese Weise soll für die qualitative Verbesserung  digitaler Plattformen in der Bauforschung und Denkmalpflege ein entscheidender Beitrag geleistet werden. Dann können künftig durch digitales Arbeiten die Netzwerke der beteiligten Akteure enger miteinander verflochten, die Arbeitseffizienz verbessert aber auch der interessierten Öffentlichkeit lebendige Einblicke in die vielschichtigen Ergebnisse der Denkmalforschung und Belange der praktischen Denkmalpflege geboten werden.