Islamische Kunstgeschichte und Archäologie als Studienfach und Forschungsgebiet
Vom Felsendom in Jerusalem bis zur Kölner Zentralmoschee, von Koranfragmenten aus Sanaa bis zu Bronzekannen aus Usbekistan: Kunst und materielle Kultur der islamischen Welt vom 7. Jahrhundert unserer Zeitrechnung bis heute sind Gegenstand des Fachs „Islamische Kunstgeschichte und Archäologie“. Innerhalb eines geographischen Rahmens, der sich über die Länder der islamischen Welt von Marokko bis Indien und Indonesien erstreckt, können die verschiedensten Kunstgattungen Gegenstand der Forschung werden: Bauten, künstlerisch gestaltete und alltägliche Gebrauchsobjekte, ästhetisch anspruchsvoll gestaltete Bücher, kalligraphische Blätter und Bilder.
Aufgaben und Fragestellungen der Islamischen Kunstgeschichte
Aufgabe der islamischen Kunstgeschichte ist es (wie in der allgemeinen Kunstgeschichte), Objekte in ihrer formalen Gestaltung zu erfassen und in den Kontext der Formengeschichte einzuordnen, den künstlerischen Ausdruckswillen zu bestimmen, der sich aus ihnen ablesen lässt, und ihre Gestaltung „inhaltlich“ zu interpretieren, d. h. aus den kulturellen Bedingungen ihrer Entstehungszeiten und –orte heraus zu verstehen. Die Einzelwerke übergreifend versucht die Kunstgeschichte, allgemeine Aussagen über Stilentwicklung und Interpretation von Kunstwerken zu treffen. Funktionale und kulturgeschichtliche Zusammenhänge sind aufgrund des Zeitabstandes und des Kulturunterschiedes zwischen den Schöpfern und den Betrachtern der Kunstwerke erklärungsbedürftig, und die eigene kulturelle Prägung beeinflusst selbstverständlich auch die (kunsthistorische) Perspektive des Betrachters. Für die islamische Kunstgeschichte gilt das in besonderem Maße. Ein ganz eigenes Problem stellt die Diskussion der Frage dar, inwiefern formale und inhaltliche Eigenschaften eine Kunst als spezifisch „islamisch“ Charakter charakterisieren können.
Islamische Archäologie
Islamische Archäologie untersucht historische Prozesse – insbesondere kulturellen Wandel – in der islamischen Welt anhand materieller Zeugnisse, die nicht unbedingt künstlerisch gestaltet sein müssen. In den Kulturen des islamischen Orients kommen dabei Themen zur Sprache, die mit der spezifischen naturräumlich und historischen Situation zusammenhängen, wie z. B. das Verhältnis von Städtern, Bauern und Nomaden, der Übergang von der Spätantike in die islamische Zeit, der Fernhandel im Gebiet des Indischen Ozeans, auf der „Seidenstraße“ und im Mittelmeerraum. Die Arbeitsmethoden der islamischen Archäologie erstrecken sich über die Freilegung von Bauten und Strukturen durch Grabungen hinaus auf Oberflächensurveys, naturwissenschaftliche und statistische Analysen. Bei der Interpretation der Befunde spielen kunsthistorische Methoden weiterhin eine zentrale Rolle.