Kundgebung zur fehlenden Finanzierung der psychotherapeutischen Weiterbildung

Pressebericht

Bamberg, 30.10.2024:

Über 200 Personen demonstrieren heute vom Bahnhofsvorplatz bis zum Maximiliansplatz in Bamberg für die Finanzierung der psychotherapeutischen Weiterbildung. Die Studierenden und Unterstützer*innen forderten gesetzliche Regelungen zur Weiterbildung im Gesetz zur Stärkung der Gesundheitsversorgung in der Kommune (GVSG). Absolvent*innen der neuen Psychotherapie-Studiengänge benötigen die fünfjährige Weiterbildung, um Fachpsychotherapeut*innen zu werden. Der psychotherapeutische Nachwuchs und Unterstützer*innen haben für ihre Zukunft und eine gesicherte, zukünftige psychotherapeutische Versorgung in Deutschland demonstriert.

“2019 wurde das Psychotherapeutengesetz reformiert und wir hatten die Hoffnung auf Gerechtigkeit. Uns wurde versprochen, dass die Weiterbildung fair bezahlt, versichert und in die Arbeitszeit integriert wird. Und wo stehen wir heute? Wir stehen immer noch da und warten! Die Finanzierung ist nach wie vor ungeklärt, und wir sind es leid, ständig hingehalten zu werden.”, kritisiert Masterstudentin Fee Benisch aus Bamberg.

“Ich lege im Frühjahr die Approbationsprüfung ab. Und dann? Das kann mir aktuell niemand beantworten. Die Weiterbildung existiert nicht, weil viele Dinge - insbesondere die Finanzierung der Weiterbildung - nicht geregelt sind. Ich stehe hier mit einer Zukunftsangst, die ich meinem ärgsten Feind nicht wünschen würde. Und so geht es nicht nur mir. So geht es auch unfassbar vielen anderen Kommiliton*innen.” so beschreibt Elisabeth Pontz, Masterstudentin aus Bamberg ihre Situation und die ihrer Kommiliton*innen.

Sophie Hartmann, Vertreterin der Psychologie Fachschaften Konferenz (PsyFaKo e.V.) und Masterstudentin aus Köln, warnt: “Meine Zukunft und die tausender Studierender ist dadurch ungewiss und kaum planbar. Schon jetzt haben hunderte Absolvierende den Master abgeschlossen und warten auf Weiterbildungsplätze. Ab 2025 werden jährlich mind. 2500 Absolvierende ohne Weiterbildungsplätze dastehen. Gleichzeitig gibt es so viele Menschen, die Psychotherapie benötigen und die auf Therapieplätze warten.” 

Heiner Vogel, Mitglied der Fachkommission Psychologische Psychotherapeut*innen und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*innen bei ver.di, macht darauf aufmerksam, dass es “nicht nur um eine ganze Generation von zukünftigen Psychotherapeut*innen geht, die auf diese Weise ihrer Weiterbildungsmöglichkeiten beraubt sind. Es geht auch um die Bevölkerung, die Menschen, die einen Psychotherapiebedarf haben, der bereits heute nicht gedeckt ist.”

Seit September 2020 besteht der Qualifizierungsweg für Psychotherapeut*innen aus einem Studium und einer postgradualen fünfjährigen Weiterbildung. Die gesamte Weiterbildung als Fachpsychotherapeut*in erfolgt hauptberuflich in gesicherten Anstellungsverhältnissen und mit einem angemessenen Gehalt. Der Handlungsbedarf ist äußerst dringend, da es bereits Absolvierende der neuen Studiengänge, einige von ihnen auch in Bayern, und in der Folge die ersten neuapprobierten Psychotherapeut*innen gibt. Ihre Zahl wird bis 2025 jährlich auf mindestens 2.500 bundesweit steigen.

Im Kabinettsbeschluss des Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetzes (GVSG) wurde eine Regelung zur Finanzierung der Weiterbildung zwar aufgenommen, diese reicht jedoch bei weitem nicht aus. Die Regelung beinhaltet lediglich eine Refinanzierung der abrechenbaren Versorgungsleistungen der angestellte Psychotherapeut*innen in Weiterbildung in den Weiterbildungsambulanzen. Für Praxen, Kliniken und institutionelle Einrichtungen sieht der Entwurf keinerlei Regelungen vor. Ohne solche Regelungen wird es nicht ausreichend Weiterbildungsplätze für die Absolvent*innen geben. Es bedarf daher dringend Nachbesserungen im GVSG im parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren.

Bereits im Mai letzten Jahres fand ein bundesweiter Aktionstag statt, mit dem wir Studierenden auf unsere Situation aufmerksam gemacht haben. Im Juni 2024 fand eine Demo mit über 700 Personen in Berlin statt, mit der erneut auf die fehlende Finanzierung hingewiesen wurde, eine weitere Kundgebung wurde von Studierenden Ende Juni anlässlich der ersten Lesung des GVSG im Bundestag organisiert. Im Oktober fanden zwei Demonstrationen in Berlin mit über 400 Personen und in Hamburg mit 600 Personen statt. Mit der Demo in Bamberg haben wir heute erneut auf unsere Situation und die fehlende Finanzierung der psychotherapeutischen Weiterbildung aufmerksam gemacht.

 

Pressekontakt: Lilli Herbelßheimer; fachschaft-huwi.stuve@uni-bamberg.de