zuo nutz und heylsamer ler – Ein Nachruf auf Seraina Plotke
Seraina Plotke wurde am 18. Juli 1972 in Olten geboren und hat zunächst zwischen 1992 und 1997 an der Universität Basel das Studium der Fächer Germanistik, Latinistik und Philosophie absolviert. Neben mehreren Auslandsaufenthalten zur Forschung und Lehre (insbesondere in den USA) sowie Gast- und Vertretungsprofessuren war die Universität Basel lange Seraina Plotkes akademische Heimat. Dort war sie akademische Assistentin, Hochschuldozentin und hatte auch eine Professurvertretung inne. In Basel hat sie 2005 ihre Promotion und 2012 ihre Habilitation (Venia: Deutsche Literatur des Mittelalters und der Frühen Neuzeit sowie Neulatein) erfolgreich abgeschlossen. Zum Sommersemester 2019 folgte Seraina Plotke dem Ruf auf die Professur für Germanistische Mediävistik an die Otto-Friedrich-Universität Bamberg. Dort war sie nach eigenen Worten angekommen, wo sie sein wollte. Nach Bamberg mitgebracht hat sie das von ihr geleitete Forschungsprojekt 'Sebastian Brant im Schnittfeld frühneuzeitlicher Textkulturen' (gefördert durch den Schweizerischen Nationalfonds).
Seraina Plotkes Forschungsinteressen waren von Beginn ihrer akademischen Laufbahn an wegweisend interdisziplinär und epochenübergreifend. Schwerpunkte ihrer vielen Veröffentlichungen lagen in der historischen Narratologie, der Buch- und Mediengeschichte, den Text-Bild-Gattungen, der Antikenrezeption sowie der historischen Semantik. Darüber hinaus war sie an Editionen mittelalterlicher Texte beteiligt und (Mit-)Herausgeberin vieler Sammelbände. Immer wieder führten sie diese Themen zu ihrer akademischen Heimat Basel: Konrad von Würzburg (ein in Würzburg geborener Basler Autor), Pamphilus Gengenbach und natürlich Sebastian Brant, verbunden mit der durch Basel wesentlich geprägten Mediengeschichte der Frühen Neuzeit. Letzterem widmete sich Seraina Plotke auch in ihrer fulminanten Antrittsvorlesung im November 2019 in Bamberg. Nicht nur hier wurde deutlich, warum Seraina Plotke immer wieder zu Vorträgen in der akademischen Welt eingeladen wurde.
Neben ihrem großen Engagement in der Forschung war es Seraina Plotke auch immer ein Anliegen, ihre Leidenschaft für ihre Themen an die Studierenden weiter zu geben. Für sie war sie jederzeit ansprechbar und kümmerte sich auch in Zeiten ihrer eigenen nachlassenden Kräfte um jedes einzelne studentische Anliegen. Dass sich aus diesem Wirken einige bereits begonnene Promotionen ergaben, erscheint nur folgerichtig.
Ebenso folgerichtig ist es, dass der Weg Seraina Plotke an die Otto-Friedrich-Universität führte. Das Zentrum für Mittelalterstudien mit seiner Interdisziplinarität sowie das Germanistische Institut in seiner inhaltlichen Breite boten Seraina Plotke Anknüpfungspunkte für alle ihre Forschungsinteressen, einschließlich der kulturellen Umgebung, z.B. die Bamberger Staatsbibliothek oder auch das Haus des Druckers Albrecht Pfister. Ihr gelang es in kürzester Zeit, eine Vielzahl an Kontakten zu knüpfen, aus denen zukünftige Lehr- und Forschungskooperationen entstehen sollten und auch viele Freundschaften wurden.
Die Universität verliert mit Seraina Plotke viel zu früh eine hoch geschätzte Kollegin, eine renommierte Wissenschaftlerin, die sich mit ihrem ganzen Leben der Leidenschaft hingab, die das Leben an einer Universität erst zu einem solchen macht: Die (durchaus auch streitbare) Leidenschaft für die eigenen Themen, die Offenheit und das Interesse für die Gebiete der Anderen, das Weitergeben an nachfolgende Generationen der Studierenden und das Hinaustragen in die akademische Welt sowie darüber hinaus. Neben unserer Trauer um Seraina Plotke und dem Mitgefühl für ihre Familie wird der Stolz und die Dankbarkeit bleiben, sie gekannt und erlebt zu haben.
Dieser Nachruf wurde verfasst von Dr. Detlef Goller, Deutsche Philologie des Mittelalters, E-Mail: detlef.goller(at)uni-bamberg.de