Literarisch stimulierte Emotionalität (LisE)

Das Ziel des Projekts besteht in der Untersuchung des emotionalen Erlebens im Umgang mit Literatur als einem Kernelement schulischer Bildung und dessen Bedeutung für das literarische Textverstehen. Emotionales Erleben im Umgang mit literarischen Texten gilt als zentrales Element ästhetischer Erfahrung und kultureller Bildung im Medium der Künste, dem in schulischen Lehr-Lern-Kontexten oftmals nicht hinreichend Beachtung geschenkt und Raum eröffnet wird. Eine Ursache dafür ist das Fehlen empirischer Studien, die die Annahme stützen, dass das emotionale Erleben eine wesentliche Grundlage des Verstehens darstellt, die (auch) durch Textmerkmale beeinflusst wird. Vor diesem Hintergrund sollen folgende Forschungsfragen untersucht werden:

Kann das emotionale Erleben (z.B. Freude, Neid, Angst) in der schulischen Auseinandersetzung mit literarischen Texten sowohl durch Wert- und Kontrollkognitionen als auch durch das stimulusspezifische Emotionspotenzial eines Textes erklärt werden?

Welchen Erklärungsbeitrag liefern das emotionale Erleben sowie die Fähigkeit, die intendierte Emotionalität eines literarischen Textes erkennen zu können, für die literarische Textverstehenskompetenz. Hier soll insbesondere geprüft werden, ob das Zusammenwirken aus erlebten Emotionen und der kognitiven Fähigkeit, textseitig intendierte Emotionen erkennen zu können, einen zusätzlichen Beitrag für die Erklärung von Unterschieden im Textverstehen leistet.

Welchen Anteil hat die Lesepraxis an der Ausbildung von Empathie, die nach den KMK Bildungsstandards (KMK 2004, 9) durch den Umgang mit Texten zu fördern sei als einer wichtigen Voraussetzung literarischen Textverstehens, aber auch prosozialen Handelns? Beim gegenwärtigen Forschungsstand ist unklar, inwieweit Empathie auf schulisch initiiertes Leseverhalten zurückzuführen ist oder inwiefern darüber hinaus auch das außerschulische Leseverhalten bedeutsam ist.

Welche Rolle spielt die Unterrichtskonzeption der Lehrkraft für die Ausbildung von Empathie? Hier soll untersucht werden, ob sich ein Literaturunterricht, der empathische und emotionale Zugänge zu literarischen Texten ermöglicht, stärker auf die aktuell erlebte Empathie und die Fähigkeit, das intendierte emotionale Wirkungsspektrum literarischer Texten erkennen zu können, auswirkt als ein rein kognitiv-analytischer Literaturunterricht.

Anvisiert werden empirische Hinweise darauf, inwiefern das emotionale Erleben von Literatur anhand individueller und stimulusspezifischer Merkmale erklärt und für das Ziel ästhetisch-kultureller Bildung genutzt werden kann. Zur Untersuchung dieser Fragen wurden Forschungsansätze aus der Emotionspsychologie und pädagogischen Psychologie mit jenen aus der Literaturwissenschaft und -didaktik verknüpft, um den bisherigen Kenntnisstand zur Erklärung des emotionalen Erlebens zu erweitern.

Projektantragsteller:

Prof. Dr. Jörn Brüggemann (Universität Oldenburg)
Prof. Dr. Volker Frederking (Universität Erlangen-Nürnberg)
Dr. Sofie Henschel (IQB)
Prof. Dr. Thorsten Roick (HU-Berlin)
Prof. Dr. Petra Stanat (IQB)

Mitarbeiter:

Alexandra Marx (HU-Berlin)
Tobias Stark (Uni Oldenburg)

Laufzeit:

01.01.2015 – 31.12.2016

Förderer:

Das Forschungsprojekt ‚Literarisch stimulierte Emotionalität’ (LisE) ist Teil des von der Stiftung Mercator geförderten ‚Forschungsfonds Kulturelle Bildung. Studien zu den Wirkungen Kultureller Bildung‘ des Rats für Kulturelle Bildung e.V.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl):

  1. Brüggemann, Jörn/Frederking, Volker (2018): Das emotionale Wirkungspotenzial literarischer Texte im empirischen Blick. In: Scherf, Daniel/Bertschi-Kaufmann, Andrea (Hrsg.): Ästhetische Rezeptionsprozesse in didaktischer Perspektive. Weinheim und München: Beltz Juventa. S. 88-100.
  2. Brüggemann, Jörn/ Frederking, Volker/ Gölitz, Dietmar/Hasenstab, Silvia/ Stark, Tobias (2017): Literarisch evozierte Emotionen und ihre Bedeutung für die Aktivierung von Empathie und literarischer Textverstehenskompetenz. In: Konietzko, Sebastian/Kuschel, Sarah/Reinwand-Weiss, Vanessa-Isabelle (Hrsg.): Von Mythen zu Erkenntnissen. Beiträge der 7. Netzwerktagung des Netzwerks Forschung Kulturelle Bildung. München: Kopaed. S. 171-188.
  3. Frederking, Volker/Brüggemann, Jörn/Henschel, Sofie/Burgschweiger, Claudia/Stark, Tobias/Roick, Thorsten/Gölitz, Dietmar/Hasenstab, Silvia (2017): Erleben und Verstehen. Das emotionale Potenzial literarischer Texte. In: Studien zu Wirkungen Kultureller Bildung, S. 42-53.