Linguistic Landscaping

Linguistic Landscaping im DaZ-Studium

Seit dem Sommersemester 2022 gehört Linguistic Landscaping zu den wichtigen Schwerpunkten in unserem DaZ-Studium. Fast jedes Semester finden Seminare/ Exkursionen dazu statt, in welchen das „Landscaping-Fieber“ regelmäßig ausbricht…

Doch was ist Linguistic Landscaping eigentlich?

Linguistic Landscaping (LL) – eine ursprünglich soziolinguistische Forschungsdisziplin – erfuhr in den letzten zwei Jahrzehnten einen regelrechten Boom, welcher weit über die linguistischen Grenzen hinaus- und zum Glück auch in die Sprachendidaktik hineinreicht.

In den Anfängen der LL-Forschung ging es darum, Sprache im öffentlichen Raum, z.B. Straßenschilder, Werbetafeln etc. in mehrsprachigen Städten zu untersuchen um primär auf das Spannungsfeld zwischen Mehrheits- und Minderheitensprache aufmerksam zu machen (z.B. Landry/Bourhis 1997). Die Ausweitung des Forschungsfeldes auf weitere Wissenschaftsdisziplinen wie die Ethnografie, Soziologie führte zu einer rasanten Erschließung weiterer sprachlicher Landschaften wie z.B.

  • „Lingusitic Soundscapes“   (Backhaus 2015), Linguistic Smellscapes (Otsuji 2015) im öffentlichen Raum
  • Schoolscapes (Brown 2018; Krompák 2022), Learning Spaces (Krompák/Camilleri et al 2017) im halböffentlichen Raum
  • Linguistic Homescapes (Boivin 2020), Scinscapes (Peck/Stroud 2015) im privaten Raum.

Für den Sprachenunterricht bietet Linguistic Landscaping als “Tool” (z.B. Badstübner-Kizik/Janíkova 2018) hervorragende Möglichkeiten der Mehrsprachigkeitsförderung, da sowohl das Sprachbewusstsein (Critical Language Awareness) geweckt als auch die Sprachenkenntnisse der Lernenden (in Herkunftssprache, Zweit- und Fremdsprachen) im Sinne der Interkomprehension miteinbezogen und gefördert werden können.

In unseren LL- Seminaren und LL- Exkursionen geht es genau um diese Verbindung von LL und Mehrsprachigkeitsförderung sowie um eine Verzahnung von Theorie und Praxis: Einer wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit LL sowie einer Einordnung in den fachdidaktischen Diskurs folgen „Feldphasen“ in mehrsprachigen und transkulturellen Städten, deren Rechercheergebnisse anschließend in die Didaktisierung von Unterrichtsprojekten zur Mehrsprachigkeitsförderung einfließen.

 

Literaturauswahl:

Fäcke, Christiane; Meißner, Franz-Joseph (Hrsg.) (2019): Handbuch der Mehrsprachigkeits- und Mehrkulturalitätsdidaktik. Tübingen: Narr Verlag.

Ricart Brede, Julia (2018): Mehrsprachigkeit sichtbar machen – Linguistic Landscaping zur Durchgängigen Sprachbildung nutzen

Krompák, Edina (2016): Linguistic Landscape im Unterricht. Das didaktische Potenzial eines soziolinguistischen Forschungsfelds. In: Beiträge zur Lehrerinnen- und Lehrerbildung 36 2, S. 246-261

Wolfrum, Jutta (in Druck): Mehrsprachigkeitsförderung in der (Hoch-)Schule: Warum nicht durch Linguistic Landscaping? Reihe „Mehrsprachigkeit als Chance“. Leipziger Universitätsverlag.

 

Exkursionen und Seminare

Sommersemester 2022

Im Sommersemester 2022 fand – in Kooperation mit dem Migrationssozialdienst der AWO Bamberg – die erste LL-Exkursion nach Nürnberg statt, welche sowohl mehrsprachige Schreiberfahrungen als auch das bewusste Wahrnehmen von Sprachlandschaften zum Ziel hatte. Unter dem Motto „Mehrsprachig durch Nürnberg“ wurde in verschieden Stadtteilen sowohl recherchiert und geschrieben als auch Gedanken- und Schreibprozesse reflektiert und ausgetauscht.

Wertvoll für die eigene - empathische - Unterrichtspraxis war dabei das Erfahren eigener sprachlicher Grenzen, welche durch Schreib- und Rechercheaufträge evoziert wurden – sowie auch das Erproben mehrsprachiger Strategien zum Überwinden dieser. Letzteres betonten die Studierenden während des Abschlussessens in einem äthiopischen Restaurant, in welches wir von der AWO-Migrationsstiftung eingeladen wurden.

Erfahrungen und Rechercheergebnisse (nach Kategorien der LL-Forschung strukturierte Fotos) flossen anschließend ein in die Planung und Ausarbeitung mehrsprachiger Unterrichtseinheiten.

Sommersemester 2023

Im Sommersemester 2023 fand eine zweitägige LL-Exkursion nach Düsseldorf statt.

Düsseldorf bot sich dafür aufgrund seiner transkulturellen Vielfalt geradezu an, um sprachliche Vielfalt im öffentlichen Raum zu erforschen und sich bewusst mit Mehrsprachigkeit auseinanderzusetzen, insbesondere durch die starke Präsenz der japanischen (Alltags-)Kultur, aber auch durch die Möglichkeit von Besuchen in der Japanischen Internationalen Schule sowie des Japanischen Kulturzentrums, dem EKŌ-Haus, umfassendere Einblicke in die japanische Kultur, das Bildungssystem etc. zu erhalten.

Neben dem „Eintauchen“ in die „japanische Welt“ Düsseldorfs führten die Recherchen in ausgewählte Stadtteile, in welchen wiederum über das systematische Erstellen von mehrsprachigen Landscapes sprachliche Priorisierungen erkannt werden konnten: Im Zuge einer Fotosafari hielten die Studierenden die sprachlichen Zeichen fest, hielten ihre Eindrücke schreibend fest und befragten Anwohner*innen in Form eines Leitfadeninterview zur eigenen Mehrsprachigkeit sowie der Wahrnehmung und Sichtweise von Mehrsprachigkeit im jeweiligen Viertel.

Nach einer theoretischen Annäherung an das Forschungsfeld Linguistic Landscaping (vorab) konnten die Studierenden in Düsseldorf die Chancen, Herausforderungen und Grenzen des Landscapings erfahren, sich im Sinne der Critical Language Awareness mit der Mehrsprachigkeit und der Priorisierung, Hierarchisierung von Sprachen in einer Metropole sowie dessen Wahrnehmung durch die Bevölkerung auseinandersetzen. Ein Schoolscaping in der Japanischen Internationalen Schule ermöglichte es den Studierenden über eine kontrastive, vergleichende Wahrnehmung hinaus, die die visuellen Eindrücke, Zeichen sowie die vermittelten Informationen und Eindrücke umfassender einzuordnen und festzuhalten.

Im Nachgang wurden die gewonnenen Daten, Eindrücke und Erkenntnisse nach Kriterien des Linguistic Landscapings analysiert und ausgewertet und darauf aufbauend Unterrichtsprojekte mit dem übergeordneten Ziel einer Mehrsprachigkeitsförderung entwickelt.

Wintersemester 2023/2024

Im Wintersemester 23/24 ging es nach Nürnberg, wo wir sowohl in transkulturell geprägten Stadtteilen als auch auch in der Privaten Volksschule Griechenlands Landscapes und Schoolscapes untersuchten.

Die übergeordneten Ziele der Exkursion waren, Mehrsprachigkeit im Öffentlichen Raum zu entdecken, sich dieser bewusst zu werden (Critical Language Awareness) und ein kritisches Sprachbewusstsein zu entwickeln. In der griechischen Schule ging es zudem um eine Auseinandersetzung mit einem anderen, bilingual angelegten Schulsystem sowie um ein Eintauchen in eine unbekannte Lern- und Unterrichtssituation: Letzteres wurde ermöglicht durch intensive mit Lehrkräften und Schüler*innen und Hospitationen im Unterricht der Grund- und Mittelschule.

Die gewonnenen Eindrücke aus Land- und Schoolscaping, geführten Interviews in den Stadtteilen und der Schule wurden danach in Bamberg reflektiert, die gefundenen Zeichen katalogisiert und schließlich flossen Erkenntnisse, Erfahrungen und Fotos ein in Unterrichtsentwürfe zur Mehrsprachigkeitsförderung.

Sommersemester 2024

Die Exkursion nach Schlesien, einem Teil Polens, in dem Deutsch auch heute noch als Minderheitensprache gesprochen wird, stand ganz im Zeichen von Linguistic Landscaping. Gemeinsam mit polnischen und tschechischen Studierenden besuchten wir Orte Nysa/Neiße, Wroclaw/Breslau, Opole/Oppeln, Krakau und konzentrierten uns dabei auf die transkulturelle Ausprägung des öffentlichen Raums und der Gesellschaft. gelegt werden soll. Ziele der Exkursion waren es, Mehrsprachigkeit im Öffentlichen Raum zu entdecken, sich dieser bewusst zu werden (Language Awareness) und ein kritisches Sprachbewusstsein zu entwickeln. Auf dieser Grundlage wurden nach der Rückkehr Projektideen zur Integration von Linguistic Landscaping in den Unterricht der Regelschule entwickelt.

Da der theoretische Input zu Linguistic Landscaping in den drei Ländern bereits vorab erfolgt war, konnten alle Studierenden bereits auf der Hinreise mit dem landscapen beginnen. In Polen trug diese „Vorarbeit“ zu einem „geschärften Blick“ bei, man könnte sagen, einem „Sprachblick“, so dass „Critical Language Awareness“ zur Selbstverständlichkeit wurde. Das abwechslungsreiche Programm ermöglichte zudem, dass wir über die Alltagskultur hinaus Einblicke in Geschichte, Kultur und Bildungslandschaften erhalten konnten: Zum Beispiel während der Street Art-Führung in Breslau, während des Besuch eines bikulturellen Lehrerbildungszentrums im Oppelner Schlesien (Niwki), welches das kulturelle Leben und die Bildung der deutschsprachigen Minderheit in Schlesien unterstützt, oder beim Besuch des Goethe-Instituts in Krakau. Wesentlich war jedoch die Begegnung der drei Studierendengruppen und das gemeinsame Essen, Leben und Feiern, was dazu führte, dass das intensive Arbeiten auch viel Spaß machte

Pläne für das Sommersemester 2025

Für das Sommersemester ist eine LL-Exkursion in Planung, das genaue Ziel steht noch nicht fest, es soll aber eine Stadt/Gegend werden, in welcher Mehrsprachigkeit alltäglich gelebt wird, wahrscheinlich nach Freiburg.