Räumliche Planung, raumbezogene Konflikte und soziale Bewegungen

Dieser Forschungsschwerpunkt thematisiert vor allem in anwendungsorientierter Sicht Fragestellungen aus dem Bereich der Politischen Geographie, mit spezifischem Fokus auf raumbezogene politische Planungs- und Entscheidungsprozesse sowie daraus resultierende Handlungen und Konflikte.

Vielfältige aktuelle Prozesse, so unter anderem demographische Wachstums- und Schrumpfungsprozesse, Alterung oder die zunehmende Digitalisierung beeinflussen die Lebensverhältnisse vor Ort nachhaltig und fordern ortsspezifische Handlungsoptionen, die lokale Eigenlogiken und Sinnkontexte ernst nehmen.  Wir gehen in unseren Forschungen auch davon aus, dass eine wissensbasierte und auch (immer) selbstbewusste(re) Gesellschaft ihre Ansprüche an Orte und Regionen deutlicher und offensiver denn je artikuliert. Zugleich widersprechen sich diese Ansprüche nicht selten und sind somit konfliktgeladen. Wie genau sehen diese Ansprüche aus, welche Gruppen artikulieren sie? Man sieht, dass zu wenig Interaktion und Kommunikation zwischen den Gruppen stattfindet, so dass oft verhärtete Ansprüche aufeinandertreffen und damit das Konfliktpotenzial hoch ist. Hier arbeiten wir an Lösungen, die Gruppen wieder ins Gespräch zu bringen (siehe auch Raum- und Sozialtheorie sowie Semantiken des Ländlichen).

Vor diesem Hintergrund liegt ein weiteres Augenmerk unserer aktuellen Forschung auch auf sozialen Bewegungen und auf der Rolle, die Orte, Räume und Territorien für diese Bewegungen spielen und von diesen Bewegungen zur Durchsetzung ihrer Ziele hergestellt und/oder aktiv genutzt werden.

Sichtbar wird dies etwa an Protestaktionen als eine korrektive Form von Politik und Kritik an etablierten gesellschaftlichen und räumlichen Ordnungen. Uns interessiert dabei insbesondere die Analyse des Verhältnisses von sozialen Bewegungen und Raum. Dabei geht es um die Frage, wie soziale Bewegungen in ihrer Organisation und Artikulation von Protest situationsspezifisch auf unterschiedliche Raumformen, wie etwa Territorium, Ort, Netzwerk oder Mobilität, zurückgreifen, um ihre Ziele und Interessen durchzusetzen. Die Thematik ist am Beispiel von Bürgerrechtsbewegungen in Mexiko erforscht worden und wird laufend vertieft (vgl. Scholl 2020).

Uns interessiert auch, gerade vor dem Hintergrund des Megatrends der Digitalisierung, wie die Resilienz von Kommunen in ihren jeweiligen Stadt-Land-Verflechtungen durch die Einbindung von Bürgerinnen und Bürgern zu mehr sozialen Innovationen und Nachhaltigkeit beitragen kann (siehe ROBIN, Smart City Research Lab der Universität Bamberg). Dabei gilt es sicherzustellen, dass die Selbstorganisation von Innovatoren aus der Zivilgesellschaft gestärkt wird, aber auch, wie dort erzeugte Ideen in die politische Kommune eingebracht werden können, um in Krisensituationen gemeinsam Lösungen zu entwickeln.


Ausgewählte Publikationen zum Forschungsfeld

Oevermann, H./Keech, D./Redepenning, M./Fan, L./Alberth, P. (2023): World Heritage: Continuity and Change of Socio-Spatial Practices Using the Example of Urban Horticulture in Bamberg. In: Urban Planning 8 (1): 39-51. (https://doi.org/10.17645/up.v8i1.6034).

Redepenning, M. (2022): Räumliche Ungleichheit und die Frage nach dem Stellenwert des Räumlichen. In: Gutsche, V. et al (Hrsg.) (2022): Distinktion, Ausgrenzung und Mobilität. Interdisziplinäre Perspektiven auf soziale Ungleichheit. Erlangen: FAU University Press: 39-57.

Redepenning, M./Scholl, S. (2021): Die Vielfalt von Grenzen. Formenreiche Strukturierungsmöglichkeiten zwischen Alltag, Planung und Politik. In: Informationen zur Raumentwicklung 2 (2021): 8-17.

Scholl, S. (2020): Geographien des Protests. Eine räumliche Analyse der »Movimiento por la Paz con Justicia y Dignidad« in Mexiko. Bielefeld: transcript Verlag. (= Sozial- und Kulturgeographie, 35).

Redepenning, M. (2020): Innerstädtische Veranstaltungen, Einzelhandel und die Eigentypik von Mittelstädten. Das Beispiel Bamberg. In: Standort. Zeitschrift für Angewandte Geographie 44 (1): 15-21. (DOI 10.1007/s00548-019-00620-2 )

Redepenning, M./Hefner, C./Singer, R. (2018): Einführung: Leerstands- und Flächenmanagement in Ländlichen Räumen Oberfrankens – Herausforderungen, Chancen und Risiken. In: Institut für Entwicklungsforschung im Ländlichen Raum Ober- und Mittelfrankens e. V. (Hrsg.): Leerstand- und Flächenmanagement im Ländlichen Raum. 30. Heiligenstadter Gespräche 2017/18. Heiligenstadt: 3-8.

Redepenning, M./Hefner, C. (2017): Einführung: Gemeinsam statt einsam - Intergenerationalität in Ländlichen Räumen. In: Institut für Entwicklungsforschung im Ländlichen Raum Ober- und Mittelfrankens e.V. (IfE) (2017): Gemeinsam statt einsam - Intergenerationalität in Ländlichen Räumen. 29. Heiligenstadter und Ansbacher Gespräche 2016/17: IfE Selbstverlag, 3-8. pdf

Hefner, C. (2015): Teilprojektbericht: Handlungsspielräume von Orten – Rahmenbedingungen politischen Handelns und ortsspezifische Bewältigung von Herausforderungen. In: Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) (Hrsg.): Ländliche Lebensverhältnisse im Wandel 1952, 1972, 1993 und 2012. Berlin: 24-25.

Scholl, S. (2015): Mexico: Challenging Drug Prohibition from Below. In: State of Power 2015. An annual anthology on global power and resistance. The Transnational Institute, Amsterdam.

Redepenning, M./ Rhein, N./ Sauerwald, D. (2016): Eventorientierte Veranstaltungen und Lebensqualität innenstädtischer Wohnbevölkerung. Das Beispiel Bamberg. In: Standort. Zeitschrift für Angewandte Geographie Volume 40 (3): 170-176.

Rhein, N./Sauerwald, D. (2014): Leben in der Stadt. Eine Studie zur Lebensqualität in der Bamberger Innenstadt. In: Inselrundschau 2/2014: 5-7.

Redepenning, M. (2013): Geopolitik. In: Rolfes, M./Uhlenwinkel, A. (Hg.): Metzler Handbuch 2.0 Geographieunterricht. Ein Leitfaden für Praxis und Ausbildung. Braunschweig: Westermann: 312-318.

Redepenning, M./Neef, H./Torres, E. (2010): Verflüssigende (Un)Sicherheiten. Über Räumlichkeiten des Straßenhandels am Beispiel Brasiliens. In: Geographica Helvetica 65 (3): 207-216.

Ermann, U./Redepenning, M. (2010): Gute Räume – schlechte Räume? Zum Verhältnis von Moral und Raum in der Geographie. In: Geographische Revue 12 (1): 5-20.