Viel hat sich 2021 an der Universität Bamberg getan, wie aktuell unter anderem der Jahresrückblick auf Social Media zeigt. Ein Instagram-Post verrät etwa, dass rund die Hälfte der 15 im Laufe des Jahres neu besetzten Professuren und Lehrstühle nun von Frauen bekleidet wird – ein positives Zeichen für mehr Geschlechtergerechtigkeit an der Universität. Nicht nur das bietet Grund zum Feiern. Auch bei den Frauenbeauftragten war 2021 einiges los. Beim Festakt der Universitätsfrauenbeauftragten am Mittwoch, 15. Dezember, zeigte sich das ganz deutlich. Bereits im vergangenen Jahr habe dieser Maßstäbe gesetzt, sagte Universitätspräsident Prof. Dr. Kai Fischbach in seinen Grußworten: „Der Festakt hat gezeigt, wie virtuelle Veranstaltungen gelingen können, die gleichzeitig kurzweilig, informativ und inspirierend sind.“ Und auch 2021 gab der Abend einen Anlass, um auf das vergangene Jahr zurückzublicken, Preise für herausragende Nachwuchswissenschaftlerinnen zu vergeben und in einem Impulsvortrag mit anschließender Podiumsdiskussion ein wichtiges gesellschaftliches Thema zu betrachten – welche Rolle spielt das Geschlecht bei Interessen, Lebenszielen und Bildungsverläufen?
Eltern haben ein Mittel in der Hand, um gegen Ungleichheiten anzugehen.
Dass Geschlechtergerechtigkeit nach wie vor ein sehr wichtiges Thema ist, bekräftigte Prof. Dr. Astrid Schütz, Frauenbeauftragte der Universität: Gerade die Corona-Pandemie bringe für Frauen eine deutlich größere Belastung mit sich als für Männer. Eine aktuelle Studie der Hans-Böckler-Stiftung zeige etwa, dass die staatlichen Corona-Fördermaßnahmen in stärkerem Maße Männern zu Gute gekommen seien. „Wir wollen heute weiter die Sache der Frau vorantreiben“, sagte Schütz. So wurde das Thema Geschlechtergerechtigkeit aus bildungswissenschaftlicher, psychologischer und elementarpädagogischer Perspektive betrachtet.
Den diesjährigen Impulsvortrag hielt Prof. Dr. Cordula Artelt. Die Bildungsforscherin ist Direktorin des Leibniz-Instituts für Bildungsverläufe (LIfBi) und Inhaberin des Lehrstuhls für Bildungsforschung im Längsschnitt an der Universität Bamberg. In ihrem Vortrag ging sie der Frage auf den Grund, welche Rolle das Geschlecht bei Interessen, Lebenszielen und Bildungsverläufen spielt. Es zeigt sich: Die Berufs- und Studienplatzwahl kann in der westlichen, individualisierten Welt als Ausdruck für Identität gesehen werden. Dabei spielen Geschlechtsrollenstereotype eine immense Rolle. Mädchen und Frauen erleben oftmals Einbußen bei Gehalt und Berufsprestige. Sie nehmen diese Aspekte bei der Berufs- und Studienwahl in Kauf. Und sie wählen Berufe und Studiengänge nicht – gerade im technischen und naturwissenschaftlichen Bereich –, obwohl sie von ihren Leistungen her dazu geeignet wären. Der soziale Einfluss auf die Entwicklung von Präferenzen und Zielen ist dabei groß und auch Eltern prägen diese und tragen damit gegebenenfalls dazu bei, dass Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern weiterbestehen. Umgekehrt könnte man aber auch formulieren: Eltern haben ein Mittel in der Hand, um gegen diese Ungleichheiten anzugehen.
Was in Cordula Artelts Vortrag auch klar wurde, ist, dass bei jüngeren Kindern die Geschlechterstereotype noch keine Rolle spielen. Diese bilden sich erst später heraus. Das zeigt auch eine Studie von Dr. Lars Burghardt vom Lehrstuhl für Frühkindliche Bildung und Erziehung. Mit ihm und Dr. Florian Schulz, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Staatsinstitut für Familienforschung an der Universität Bamberg, diskutierte Cordula Artelt in der anschließenden Podiumsdiskussion. Burghardt beschäftigt sich in seiner Forschung unter anderem mit Geschlechterdarstellungen in Bilderbüchern und wie Kinder auf diese reagieren. In einer Studie hat er herausgefunden, dass Kinder noch ein sehr flexibles Rollenverständnis haben. Untypische Rollendarstellungen in Büchern, wie etwa kochende und nähende Männer, sind für Kinder völlig in Ordnung. Denn mehr als auf das Geschlecht kommt es Kindern auf die Kompetenz an, wenn eine Person eine bestimmte Tätigkeit ausführt. Auf dem Podium sind sich Cordula Artelt, Lars Burghardt und Florian Schulz einig: Es ist insbesondere an den Erwachsenen, etwas zu verändern. Dafür braucht es aber auch einen langen Atem, denn Veränderungen geschehen nicht von heute auf morgen.
Neuer Sprachleitfaden kommt 2022
Apropos Veränderungen: Bei den Frauenbeauftragten haben sich im vergangenen Jahr einige Neuerungen ergeben, Projekte wurden angegangen und abgeschlossen, Förderprogramme ins Leben gerufen und einen Personalwechsel gab es auch:
- Unter Federführung des Frauenbüros wurde 2021 ein neuer Sprachleitfaden für die Universität entworfen. Dieser stellt eine Hilfestellung zum geschlechtergerechten Schreiben für Universitätsangehörige dar. Anfang des kommenden Jahres geht der Leitfaden an den Start.
- Zwei neue Förderprogramme wurden ins Leben gerufen: Mit dem Programm „FlexKidZ“ unterstützt die Universitätsleitung aus Mitteln der Zielvereinbarung 2019–2022 weibliche PostDocs und Habilitandinnen mit Kindern, indem sie auf Anfrage Betreuungskosten mitfinanziert. „CatchUP“ ist ein Programm der Universitätsfrauenbeauftragten für Nachwuchswissenschaftlerinnen mit Kindern oder Pflegearbeit, denen durch die Maßnahmen im Zuge der Corona-Pandemie weniger Zeit für ihre Arbeit an der Universität zur Verfügung stand. Sie sollen nun die Möglichkeit haben, sich durch eine studentische Hilfskraft bei der weiteren Arbeit entlasten zu lassen.
- Das Kolloquium „FORSCHEnde FRAUEN“ bot Wissenschaftlerinnen während und nach der Promotion die Möglichkeit, innovative Forschungsprojekte vorzustellen, Vortragspraxis zu sammeln, sich mit anderen Nachwuchswissenschaftlerinnen zu vernetzen und ihre Beiträge zu publizieren. Gleichzeitig rückte es die wissenschaftliche Arbeit von Frauen in den Mittelpunkt. Nach zwölf Jahren fand das Kolloquium 2021 mit dem Thema „Care inklusive?! Bamberger Beiträge zur Gestaltung von Care-Arbeit“ zum vorerst letzten Mal statt.
- Prof. Dr. Sandra Birzer hat zum Wintersemester 2021/22 das Amt von Prof. Dr. Renata Szczepaniak übernommen. Die Professorin für Slavische Sprachwissenschaft ist nun gemeinsam mit Prof. Dr. Astrid Schütz und Prof. Dr. Mona Hess Universitätsfrauenbeauftragte.
Viele weitere Entwicklungen wurden ebenfalls durch die Frauenbeauftragten und das Frauenbüro begleitet, wie Kai Fischbach feststellte. Dazu zählen etwa die Ringvorlesung zur Genderforschung, die internationalen Gastprofessuren mit Diversity-Bezug oder das Gender & Diversity-Vorlesungsverzeichnis. „Das wäre alles undenkbar ohne die sehr aktive und überaus hilfreiche Mitwirkung der Frauenbeauftragten und ihres Teams“, bedankt sich Fischbach.
PUSh-Preise für vier Studentinnen der Universität
Auch heuer wurden im Zuge des Festaktes Preise für herausragende Leistungen der Universitätsangehörigen vergeben. Mit „PUSh“, dem „Preis der Universitätsfrauenbeauftragten für Studentinnen mit hervorragenden Leistungen“, wollen die Universitätsfrauenbeauftragten auf das hohe wissenschaftliche Potenzial von Frauen hinweisen. Ziel ist es, weibliche Nachwuchswissenschaftlerinnen gezielt zu fördern und Ansporn zur Fortsetzung einer wissenschaftlichen Karriere zu geben. In diesem Jahr haben vier Studentinnen den Preis erhalten. Die Soziologiestudentin Larissa Klee erhielt den Preis für ihre Masterarbeit, in der sie untersuchte, wie grenzüberschreitende Mobilitäten mit der Verbundenheit zu Orten in Verbindung stehen. Mit der Arbeit stieß sie auf eine Forschungslücke in den Feldern Migrations- und Mobilitätsforschung. Alissa Michalke beschäftigte sich in ihrer Masterarbeit mit der rechtlichen Situation der Mägde in Bamberg im ausgehenden 18. Jahrhundert. Als Quellengrundlage dienten dabei die Prozessakten des Falls der Magd Maria Anna Müllerin, die von ihrer Herrschaft misshandelt worden war. Anna Sauer studierte in Bamberg Computing in the Humanities. In ihrer Masterarbeit ging es um natürliche Sprachverarbeitung mit der Hilfe von Verfahren des maschinellen Lernens. Ziel war es, Informationen aus deutschssprachigen Texten darüber zu extrahieren, welche Beziehungen zwischen Personen, Orten und Organisationen bestehen. Lisa Schor beschäftigte sich in ihrer Masterarbeit mit geschlechtergerechter Sprache im Arabischen und analysierte arabische Übersetzungen deutscher Behördentexte im Hinblick auf ihre Geschlechtersensibilisierung. Damit möchte sie einerseits einen Beitrag auf dem Weg zur Gleichberechtigung der Geschlechter, aber auch zur interkulturellen Kommunikation in Deutschland leisten.
Der „Bettina-Paetzold-Preis für gute Genderlehre" ging 2021 an Daniel Mayerhoffer, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Politische Theorie, für sein Seminar „Striving for Gender Equality – Contributions of Positive Political Theory“. Im Mittelpunkt des Seminars steht die Bewertung verschiedener politischer Maßnahmen, welche darauf abzielen, die Gleichstellung der Geschlechter zu verbessern und dabei die Rechte von Frauen zu stärken. Bei all seinen Seminaren ist Daniel Mayerhoffer ein diskursiver und kooperativer Lehrstil, der die Beiträge der Kursteilnehmenden als wertvolle Elemente einbezieht, besonders wichtig. Das wissen auch die Studierenden zu schätzen, die ihn für den Preis nominiert haben. In einem gemeinsamen Video würdigten sie Mayerhoffers Engagement.
Die diesjährigen Vorträge beim Kolloquium FORSCHEnde FRAUEN sind abrufbar unter: www.uni-bamberg.de/frauenbeauftragte/foerderung/forschende-frauen
Weitere Informationen zu den PUSh-Preisträgerinnen unter: www.uni-bamberg.de/frauenbeauftragte/foerderung/push
Weitere Informationen zum Bettina-Paetzold-Preis unter: www.uni-bamberg.de/frauenbeauftragte/gender-diversity/bettina-paetzold-preis