Banner mit einem Regenbogen und der Aufschrift "...oder die Sehnsucht"

Sabine Gruber "Stillbach oder die Sehnsucht" (2011)

Eindrücke von der Lesung mit Sabine Gruber

 

Auf Einladung des Genderforum der Universität Bamberg las Sabine Gruber (Wien) aus ihrem neuesten Roman „Stillbach oder Die Sehnsucht“.

 


Die Schriftstellerin war der Einladung des Forum Genderforschung der Universität Bamberg gefolgt und wählte für ihre Lesung drei Auszüge aus ihrem aktuellen Roman, die vor allem ihre erzählerische Raffinesse und ihr Gespür für Details verdeutlichten.


Den sehr zahlreich erschienenen Zuhörenden begegneten an diesem Abend die Figuren Emma, Ines und Clara, die alle drei aus dem fiktiven Südtiroler Dorf Stillbach stammen. Als junge Frauen verlassen sie Südtirol auf der Suche nach einem emanzipierten und selbstbestimmten Leben. Im Mittelpunkt steht mit Emma eine Frau, die wie so viele Südtirolerinnen zu Beginn des 20. Jahrhunderts als Zimmermädchen in einem italienischen Hotel arbeitet. Später wird sie selbst die Hotelbesitzerin und stellt wiederum  Zimmermädchen aus Südtirol ein. Die Geschichte der Emma wird unterbrochen von Ines' Geschichte, die im Sommer 1978, dem Jahr, in dem Aldo Moro getötet wird, im Hotel als Aushilfe arbeitet. Beider Leben entfaltet sich vor dem Hintergrund der großen Zeitgeschichte: Emmas Geschichte 1938 im faschistischen Rom, die von Ines (und Emma) vierzig Jahre später im Rom der Roten Brigaden. Die von Ines aufgeschriebenen Ereignisse fallen Clara in die Hände, als diese die Wohnung ihrer verstorbenen Freundin auflöst.
Die Verknüpfung persönlicher mit historischen, politisch bedeutsamen Ereignissen ist im Buch ebenso allgegenwärtig wie die Frage nach der eigenen Identität und Zugehörigkeit. Auch in der an die Lesung anschließenden Diskussion stand die Frage nach Heimat und Zugehörigkeit im Mittelpunkt. Sabine Gruber betonte dabei, dass sie sich selbst als „deutschsprachige Autorin aus Österreich mit einem italienischen Pass“ verstehe und machte damit deutlich, dass sie als deutsch- und italienischsprachige Südtirolerin sich auch in ihrem Alltag immer wieder mit der Identitätsfrage konfrontiert sieht.


Sabine Gruber, 1963 in Lana/Meran in Südtirol geboren, studierte Germanistik, Geschichte und Politikwissenschaft in Innsbruck und Wien und war vier Jahre lang als Lektorin für Deutsch an der Universität in Venedig tätig. Sie lebt als freie Schriftstellerin in Wien. Ihr Werk, das neben Romanen auch zahlreiche Essays, Hörspiele, Theaterstücke und Gedichte umfasst, wurde mit zahlreichen Auszeichnungen bedacht, unter anderem dem Priessnitz-Preis und dem Anton-Wildgans-Preis. Ihr Roman „Über Nacht“ konnte sich 2007 auf der Longlist für den Deutschen Buchpreis platzieren.
Eingeladen wurde Sabine Gruber vom Forum Genderforschung und dem Büro der Frauenbeauftragten der Universität Bamberg. Organisiert wurde die Lesung von der  Professur für Neuere deutsche Literaturwissenschaft (Prof. Dr. Iris Hermann) in Zusammenarbeit mit einer Gruppe von Studentinnen aus dem Hauptseminar „Neuerscheinungen“.  


Im Rahmen des Forum Genderforschung tragen namhafte Genderforscher/innen Ergebnisse ihrer aktuellen Forschungsergebnisse vor, Schriftsteller/innen lesen aus Werken, die die Genderfrage in den Mittelpunkt stellen. Im nächsten Semester wird Elisabeth Bronfen (Zürich) unser Gast sein. Nähere Informationen werden noch bekanntgegeben.  

 

von Katharina Merz und Iris Hermann