Porträtfoto der Professorin Heimbach-Steins

▼ Professorin Dr. Marianne Heimbach-Steins [1999]

Inhaberin des Lehrstuhls für Christliche Soziallehre und Allgemeine Religionssoziologie in der Fakultät Katholische Theologie

\\ PROFESSORINNEN AN DER UNIVERSITÄT BAMBERG

\\ INTERVIEW VON 1999

 

"Wie kommt überhaupt die Geschlechterdifferenz in die Ethik? Wo hat sie ihren Platz?"


Würden Sie bitte Ihre berufliche Laufbahn vorstellen?

Ich habe nach dem Abitur ein Studium für das Lehramt am Gymnasium absolviert mit den Fächern katholische Religion und Germanistik. Nach dem Abschluß mit dem ersten Staatsexamen habe ich zunächst die Referendarzeit gemacht, danach kam das zweite Staatsexamen, so daß ich eine abgeschlossene Ausbildung als Gymnasiallehrerin habe. Ich bin dann zurückgegangen an die Universität und habe promoviert. Durch die Unterstützung mit einem Stipendium ging das relativ schnell, binnen zwei Jahren. Schließlich habe ich dann eine Assistentenstelle an der Universität in Münster übernommen, auf der ich mich habilitieren konnte. Ich habe dann noch eine Weile als Hochschuldozentin gearbeitet, bis ich 1996 den Ruf an die Universität Bamberg erhielt.

Erhielten Sie Unterstützung oder wurden Sie beeinflußt? Sie hatten ein Stipendium, vielleicht aber auch noch von der Familie, Lehrern und Freunden?

Also beeinflußt wird man natürlich in allem, was man tut. Die Frage ist, von wem und in welche Richtung. Ich bin in meinen Absichten, zu studieren und auch über den berufsqualifizierenden Abschluß hinaus weiter wissenschaftlich zu arbeiten, durchaus positiv unterstützt worden sowohl von meiner Familie als auch, wie gesagt, durch das Stipendium, das ich bereits im Studium und dann auch für die Promotion hatte. Ich habe aber nebenbei immer gearbeitet, so daß ich von meinen Eltern finanziell seit meinem dritten Studiensemester unabhängig war. Meine Lehrer an der Universität waren aufgeschlossen. Ich muß bewußt sagen, Lehrer, denn ich habe zumindest in meinem Hauptfach, in der Theologie, nie Lehrerinnen gehabt, auch nicht im Mittelbau. Das war sicherlich etwas, was zunehmend meinen Wunsch gestärkt hat, selbst im akademischen Bereich zu lehren. Ich habe eher bremsende Rückmeldung bekommen im Bereich der Schule, wo ich nach Abschluß der Referendarzeit, als ich sagte, ich möchte promovieren, ich gehe wieder an die Universität, eigentlich nur sehr skeptische Stimmen gehört habe, nach dem Motto: Wissen sie auch, was sie da tun? Worauf sie sich da einlassen? Das war natürlich die viel riskantere Perspektive, das war mir sehr klar. Aber mein Wunsch, weiter wissenschaftlich zu arbeiten, und die Intuition, daß daraus etwas werden könnte, ohne zu wissen, wo es beruflich hinführt, hat mich dann noch darin bestärkt, diesen riskanteren Weg zu gehen.

Wenn ich fragen darf, haben Sie eine Familie bzw. Kinder?

Ich bin verheiratet, habe aber keine Kinder.

Haben Sie wegen des Berufs auf Kinder verzichtet?

So einfach ist das nicht. Ich hätte mir durchaus vorstellen können, Beruf und Familie zu vereinbaren. Aber dann wäre ich sicherlich nicht 1 Professorin geworden, sondern hätte beruflich einen Weg gesucht, der eher mit der Familie vereinbar gewesen wäre.

Was glauben Sie, warum man nur wenig Frauen an der Universität findet, die lehren?

Das ist eine sehr komplexe Frage. Zum einen ist es nach wie vor so, daß die Hemmschwelle, sich auf den Weg, vor allem der Habilitation, zu machen, für Frauen hoch ist. Es gibt relativ wenig weibliche Vorbilder, und die Rahmenbedingungen sind eben immer noch so, und wahrscheinlich können diese Schwierigkeiten nie ganz aufgehoben werden, daß die Vereinbarkeit einer Professur mit einer Familie bei der bisher herrschenden geschlechterspezifischen Arbeitsteilung in der Tat sehr schwierig ist. Ich glaube nicht, daß das so ohne weiteres vereinbar ist, wenn nicht ein sehr gut ausgebautes familiäres oder sonstiges Umfeld da ist, das Frauen und Familie in dieser Weise unterstützt. Von daher glaube ich, daß es sowohl strukturelle Dinge sind, die es Frauen schwer machen, diesen beruflichen Weg zu beschreiten, als auch der Mangel an Vorbildern, die zeigen, daß so etwas gelingen kann. Dazu kommen natürlich die geringen Aussichten, überhaupt dieses Ziel zu erreichen. Es gibt da immer ein ganz großes Maß an Unwägbarkeiten, und sich zur Habilitation zu entschließen, ist die eine Sache, eine Professur zu bekommen, ist eine andere Sache. Eine Erfolgsgarantie gibt es dafür ja nicht.

Wo liegt Ihr Forschungsschwerpunkt? Hat er vielleicht etwas mit dem Thema Frauen zu tun?

Ich habe natürlich verschiedene Forschungsschwerpunkte, das hängt auch mit meinem Fach zusammen. Christliche Sozialethik ist einfach ein sehr weit gefächertes Themengebiet, das zum Beispiel ethische Grundlagenforschung, politische Ethik, Wirtschaftsethik, ökologische Ethik und so weiter umfaßt. Ich habe aber seit langer Zeit eigentlich einen Schwerpunkt auch im Bereich der Frauen- und ich sage eigentlich zunehmend lieber der Geschlechterfrage, der Frage, wie kommt überhaupt die Geschlechterdifferenz in die Ethik? Wo hat sie ihren Platz? Und wie lassen sich Kriterien entwickeln für das, was man vielleicht etwas salopp geschlechtergerechte Einrichtung der Gesellschaft nennen könnte. Also das beschäftigt mich seit vielen Jahren auf unterschiedlichen Ebenen, und ich bin gerade dabei, mich wieder mehr mit dem Thema auseinanderzusetzen, weil ich jetzt endlich mal nicht nur Aufsätze, sondern vielleicht im nächsten Jahr dann auch ein Buch dazu schreiben möchte.