▼ Professorin Dr. Anna Susanne Steinweg [2011]
\\ PROFESSORINNEN AN DER UNIVERSITÄT BAMBERG
\\ INTERVIEW VON 2011
"Ich möchte Einsatz zeigen für die Gesamtuniversität, für einen bestimmten Bereich der Universität die Verantwortung übernehmen und Initiative zeigen."
Könnten Sie uns bitte Ihre berufliche Laufbahn vorstellen?
Meine Kindheit habe ich in Niedersachsen verbracht, mein Abitur habe ich in Nordrheinwestfalen gemacht und bin da auch zur Uni gegangen. Wissenschaftlich bin ich daher stark mit der Universität Dortmund verbunden. Dann war ich am Niederrhein an der Schule und später als Vertretungsprofessorin in Heidelberg. Jetzt bin ich in Bamberg gelandet. Ich habe mich also langsam nach Süden vorgearbeitet. An der Universität wurde ich sehr gefördert und von Anfang an aufgefordert, mich auf Tagungen öffentlich zu präsentieren. Ein Semester lang war ich Gastdoktorandin in England bei einem im mathematikdidaktischen Bereich sehr renommierten Professor. Seit 2004 bin ich Professorin für Didaktik der Mathematik und Informatik. Von 2005 bis 2008 war ich zusätzlich zu meiner Professur Universitätsfrauenbeauftragte. Seit Oktober 2008 bin ich nun Vize-Präsidentin für Forschung.
Könnten Sie uns kurz Ihre Arbeit vorstellen? Was macht man eigentlich als Vizepräsidentin für Forschung?
Das ist eine sehr schöne Frage. Man macht natürlich ganz viele verschiedene Dinge. So ist man zuständig für die internen Gremien, und zwar immer wenn es um den Bereich Forschung und wissenschaftlichen Nachwuchs geht. Ich sitze in folgenden Gremien: In der Universitätsleitung, in der Erweiterten Universitätsleitung, im Senat, im Hochschulrat (Universitätsrat). Dort fassen wir Beschlüsse, die die Forschung betreffen. Im Senat sind die Angehörigen der Hochschulleitung nur beratende Mitglieder, dort berichte ich Neues aus dem Bereich Forschung und Nachwuchs. Dann gibt es eine interne Kommission, die „Kommission für Forschung und wissenschaftlichen Nachwuchs“, kurz FNK, die ich leite, und da geht es nur um Forschung und wissenschaftlichen Nachwuchs, um interne Forschungsförderungsmittel, die wir nach Gutachtenkriterien verteilen und um Forschungsmittel für den wissenschaftlichen Nachwuchs, wie etwa Reisekosten-Pauschalen. Dann gibt es mehrfach im Semester Treffen der Universitätsleitung mit Mittelbauvertreterinnen und Mittelbauvertretern, da bin ich als Ansprechpartnerin für den Mittelbau immer zuständig. Dort beraten wir über Doktoranden-Ideen, Post-Doc-Ideen, Mittelbau-Problematiken wie Arbeitszeitbelastung, z.B. zum Stichwort Mittelbau aus Studienbeiträgen bzw. aus Haushaltsmitteln finanziert, außerdem über verschiedene Lehr- und Prüfungsbelastungen und so weiter. Daneben bin ich auch in Jurys für Promotionspreise tätig. Das findet alles innerhalb der Universität statt. Außerhalb der Universität gibt es eine ständige Konferenz der Vizepräsidentinnen und –präsidenten Forschung und wissenschaftlicher Nachwuchs in Bayern von der Universität Bayern e. V., da treffen wir uns dann, um uns innerhalb Bayerns auszutauschen über verschiedenste Problematiken, wissenschaftliche Karrieren, Forschungsförderungsideen und so weiter. Das gleiche gilt natürlich auch für ganz Deutschland und sogar EU-weit, da gibt es dann manchmal Treffen in Brüssel. Jetzt war ich gerade auf einer deutschlandweiten Tagung über strukturierte Promotionen und strukturierte Promotionsprogramme. Wir sind im Dachverband UniWiND integriert, dem neu gegründeten Dachverband aller großen Graduiertenschulen bzw. Research Academies. Außerdem gibt es eine Allianz zwischen Bayern und Südfrankreich, in der ich häufig vertreten bin. Es gibt also die vielfältigsten Bereiche, in denen man arbeitet. Ich habe da sicher noch etwas vergessen, aber das sind so die Standards, neben anderen Kleinigkeiten, die immer anfallen.
Wie kamen Sie zu Ihrem Amt und was reizt Sie an der Aufgabe?
Man wird vom Präsidenten für das Amt vorgeschlagen und durch den Hochschulrat gewählt. Der Vorschlag durch den Präsidenten ist der Tatsache zu verdanken, dass ich schon als Universitätsfrauenbeauftragte in vielen der oben genannten Gremien tätig war und wir uns aus diesen Arbeitszusammenhängen bereits kannten. Also wurde die Anfrage an mich herangetragen, ob ich mir das vorstellen könnte, und ich habe mich dann dafür entschieden, das Amt anzunehmen. An der Aufgabe reizt mich das, was mich auch schon damals an der Aufgabe, Frauenbeauftragte zu sein, gereizt hat. Ich möchte Einsatz zeigen für die Gesamtuniversität, für einen bestimmten Bereich der Universität die Verantwortung übernehmen und Initiative zeigen. Was mich außerdem reizt, ist die Vernetzung zu anderen Universitäten, in ganz Deutschland und dem Ausland, um den Bereich Forschung und wissenschaftlichen Nachwuchs, der mir sehr am Herzen liegt, vorwärts zu bringen.
Denken Sie, dass eine paritätisch besetzte Universitätsleitung andere Entscheidungen trifft als eine rein männlich besetzte Leitung?
Ich denke, dass jeder Mensch und jede Gruppe von Menschen immer unterschiedliche Entscheidungen trifft, das ist zunächst und primär ganz unabhängig vom Geschlecht. Insofern ist die Konstellation, dass die momentane Universitätsleitung paritätisch besetzt ist, rein aus der Gender-Perspektive betrachtet positiv zu bewerten. Also ganz von außen betrachtet kann man von einer geschlechtergerechten Verteilung von Verantwortung und Leitungsfunktionen sprechen. Ob sich die Entscheidungen am Geschlecht festmachen lassen, das wage ich zu bezweifeln und das ist eigentlich auch nicht meine Art und Weise, mit Frauenförderung umzugehen. Insofern würde ich das davon ganz unabhängig machen. Die Entscheidungen sind Sachentscheidungen, die Individuen treffen, und Sachentscheidungen, die ein bestimmtes Team trifft - und dieses Team ist aus politischer Sicht gesehen glücklicherweise paritätisch besetzt. Eigentlich ist es aber einfach wichtig, dass das Team gut zusammenarbeitet.
Welche Pläne konnten Sie in Ihrer Amtszeit bisher durchsetzen und welche Ziele verfolgen Sie in Zukunft? Können Sie kurz zu „TRAc“ Stellung nehmen?
Wir konnten die schon länger angedachte Idee, eine Academy zu gründen, jetzt durchsetzen, und die „Trimberg Research Academy“ (kurz „TRAc“) Ende des letzten Jahres offiziell gründen. Wir haben die große Chance, durch Mittel aus der Zielvereinbarung das Projekt anzustoßen und in die Wege zu leiten, und hoffen natürlich, dass sich „TRAc“ als eine ständige Einrichtung etablieren lässt. Wir haben aber den großen Vorteil, dass „TRAc“ zunächst als Modellprojekt begonnen werden konnte. Ich finde dies insbesondere deshalb so wichtig, weil es sich keine Universität leisten kann, so etwas nicht zu haben. Das ist ein ganz politischer Grund, um nach außen sichtbar zu machen, dass wir im Bereich der Promotionsunterstützung und Promotionsförderung, wie andere Graduiertenschulen und Academies auch, arbeiten. Außerdem konnten wir damit einen Scientific Career Service etablieren, mit einer direkten Ansprechpartnerin, namentlich Frau Dr. Hacke, die für allgemeine Fragen der Promotionsberatung zur Verfügung steht, die auch für Promotionsinteressierte zunächst ein Anlaufpunkt ist, ohne dass man direkt höhere Stellen konsultieren muss. Frau Dr. Hacke kann auch inoffiziell zunächst beratend zur Seite stehen und Hinweise geben, an wen man sich gezielt wenden muss. Das, denke ich, ist ein großer Gewinn für die gesamte Universität, weil die Unterstützung des wissenschaftlichen Nachwuchses dadurch ein Gesicht bekommen hat. Ein zweiter wichtiger Punkt der Research Academy, und das ist eigentlich die zweite große Säule, die andere Akademien nicht haben, ist die Sektion „Projects“. Es gibt die Möglichkeit, sich über die DFG oder die EU als Post-Doc oder als Jungwissenschaftlerin oder –wissenschaftler durch die Finanzierung eines Projektes die eigene Stelle zu finanzieren. Diese Möglichkeit gäbe es natürlich auch, wenn sich diese Projekte an einen Lehrstuhl oder eine Professur angliedern. Die Eigenständigkeit der wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieser Projekte ist aber dann noch viel besser zu wahren, wenn sie wirklich als eigenständige Projekte juristisch unter ein Dach kommen können, und dieses Dach ist die Trimberg Research Academy. Momentan laufen bereits drei Projekte. Dadurch wird erstens wiederum der wissenschaftliche Nachwuchs gefördert, zweitens aber auch ein Stück weit im Sinne der Familienförderung agiert, weil Dual Careers dadurch ermöglicht werden können. Wenn also eine Kollegin hier eine Professur hat und ihr Mann auch im Wissenschaftsbereich tätig ist und ebenfalls gern nach Bamberg kommen möchte, ist oft keine zweite Stelle frei. Da gibt es die Möglichkeit, dass dieser Wissenschaftler sich ein Projekt bei der DFG oder der EU einwirbt und sich dann auch an der Universität Bamberg verorten kann. Beide können dann hier arbeiten und leben. Ich denke das ist eine ganz interessante Idee, die auch jetzt schon wahrgenommen wird. Das ist für alle Seiten eine ‚Win-Win-Situation’, wie man so schön sagt. Die Namensgebung war ein nachgeordneter Prozess, der ganz spannend war und der auch viel diskutiert worden ist. Wir haben über diverse Namen beratschlagt und sind zu dem Ergebnis gekommen, dass es eine bekannte Persönlichkeit aus dem Raum sein könnte, die Namenspatron werden könnte und da bot es sich an, Hugo von Trimberg zu nehmen. Gemeinschaftlich konnten wir in der ‚Kommission für Forschung und wissenschaftlichen Nachwuchs’ die Pauschalsätze wesentlich erhöhen, um Tagungsreisen noch mehr zu unterstützen, insbesondere ins Ausland. Ich habe außerdem während meiner Amtszeit den personellen Ausbau des Dezernats für Forschung und Transfer positiv begleiten und unterstützten können. Es gibt einen Mitarbeiter, der speziell für die EU-Forschung zuständig ist sowie einen Mitarbeiter, der eine Forschungsdatenbank aufbaut. Diese personellen Aufstockungen kommen auch insgesamt dem Bereich Forschung und Nachwuchs zugute.
Zwischenfrage: Und haben Sie noch Ziele für die Zukunft?
Also konkrete Ziele, so wie die Gründung der Research Academy, wüsste ich jetzt momentan nicht zu benennen. Insbesondere deshalb, weil natürlich die Gründung der Academy nicht der Weisheit letzter Schluss ist, sondern wir weiter an einem stimmigen, sinnvollen Konzept arbeiten. Auf der UniWiND-Tagung habe ich erfahren, dass einige Problematiken, die viele andere Academies haben, bei uns erstaunlicherweise schon gelöst sind. Zudem möchte ich für neue Projekte im Bereich „Projects“ werben. Ich möchte Forschungsprojekte ganz allgemeiner Natur überall an der Universität weiterhin unterstützen. Eine Herzensangelegenheit ist mir außerdem, die Promotionsförderung auf den Weg zu bringen, und zwar nicht nur im Rahmen der Graduate Schools als strukturierte Promotionsprogramme, sondern ich möchte eine sinnvoll ausbalancierte und gemeinschaftliche Linie unterstützen, die den Nachwuchs auf verschiedenen Wegen und Möglichkeiten fördert. Dies weiterhin noch mehr zu kommunizieren ist mir wichtig, auch weil die Befürchtung im Raum stand, dass die Academy inhaltlich Vorgaben machen will, was definitiv nicht der Fall ist. Diese Bedenken zu zerstreuen ist noch eine Aufgabe, der ich mich stellen möchte.
Vielen Dank!