○ Forschende Frauen 2014
Forschende Frauen 2014
"Es gibt nur eine bewusstseinserweiternde Droge, die mir Spaß macht und die nennt sich Wissenschaft." zitiert Caroline Rau die Serienfigur Dr. Sheldon Cooper (The Big Bang Theory) zu Beginn ihres Vortrags. Diese Faszination am Forschen teilen die fünf vortragenden Damen des diesjährigen Kolloquiums Forschende Frauen. Nachwuchswissenschaftlerinnen haben innerhalb dieser jährlich stattfindenden Veranstaltung die Möglichkeit, ihr Forschungsthema einem öffentlichen Publikum vorzustellen. Auf ihrem Weg in die Wissenschaft können sie so essenziell wichtige Vortragspraxis sammeln.
Sarah Herpertz referierte zum Auftakt über das Training emotionaler Kompetenz. Im Rahmen einer Studie an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg untersuchte sie zunächst die emotionale Wahrnehmung von Studienteilnehmerinnen und Studienteilnehmern und trainierte diese. Im weiteren Verlauf der Untersuchung wurde die Emotionale Kompetenz trainiert. Herpertz ist zuversichtlich, dass sich emotionale Kompetenz trainieren lässt. Aus anderen Studien weiß sie, dass Menschen, die über eine hohe emotionale Kompetenz verfügen im Berufsalltag belastbarer und leistungsfähiger sind als andere. Nächster Schritt wird sein, das Training an Personen zu testen, für die Emotionale Kompetenz im beruflichen Alltag wichtig ist.
Im zweiten Vortrag präsentierte Sonja Orth einen Überblick über ihre Dissertation mit dem Arbeitstitel "Die Reflexion ästhetischer Praxis. Eine Video basierte Studie zu Reflexionsphasen in der Grundschule.“ Datengrundlage ihrer Arbeit ist die Längsschnittstudie PERLE. Im Rahmen dieser Studie wurden die Persönlichkeitsentwicklung und der Lernfortschritt von Grundschulkindern erforscht. Frau Orth nutzte eine im Projekt erstellte Videostudie um Rezeptionsphasen im Kunstunterricht der zweiten Klasse zu untersuchen. Eigens dafür entwickelte sie ein Beobachtungsinstrument. Sie kam zu dem Ergebnis, dass die Rezeptionsphasen in den analysierten Kunststunden inhaltlich wie zeitlich zu wenig Raum einnahmen.
Lilia Antipow untersucht in ihrer Habilitation die stalinistische Konstruktion des Juden. Ihr komplexer und detailreicher Vortrag „‘Ich höre das Krachen von Gliedern und Knochen…‘ Der Gewalt-Diskurs der expressionistischen Dichtung von Perez Markisch“ stellte uns einen der Literaten, die Lilia Antipow untersucht, vor. Leben und Dichtung Markischs waren „geprägt von der Situation der jüdischen Moderne, ihren Diskussionen um die neue jüdische Identität und deren Stellung zur Religion und Tradition“, fasst Lilia Antipow zusammen.
Nach einer Pause referierte Caroline Rau über die Wissenschaftsauffassung von Lehrkräften in geisteswissenschaftlichen Fächern. Das im Unterricht vermittelte Bild der Wissensgesellschaft und des -verständnisses von Lehrkräften bereitet Schülerinnen und Schüler auf das spätere Handeln in einer Wissensgesellschaft vor. Davon ausgehend untersucht Caroline Rau in ihrer Dissertation, wie Lehrkräfte geisteswissenschaftliche Inhalte in den schulischen Unterricht integrieren. Dazu nutzt sie die Methode der qualitativ rekonstruktiven Forschung und fand heraus, dass Lehrkräfte sich mehr an den schulischen Rahmenbedingungen orientieren, als am übergeordneten Ziel der Vorbereitung auf die Wissensgesellschaft.
Zuletzt präsentierte Maria L. Cirrito das Rollenbild der Andromache, einer der Protagonistinnen in der gleichnamigen Tragödie des Euripides. Das Drama macht deutlich, wie die Gesellschaft sich durch Krieg wandelt und zeigt, wie Konflikte in Trauer münden. Anhand persönlicher Schicksalsschläge zeigt Euripides geschickt, wie der Krieg das Gleichgewicht des Familienkosmos als Spiegel der Gesellschaft ins Wanken bringt. Im häuslichen Bereich werden Leid und Grausamkeiten aus dem Krieg ins innere der Familie projiziert. Durch diese Erfahrungen verhalten sich die Protagonistinnen und Protagonisten der Tragödie anders als erwartet, reagieren aber alle mit der Suche nach der Zugehörigkeit zu einem eigenen Geschlecht.
Alle Beiträge des Kolloquiums werden im University of Bamberg Press veröffentlicht. Mit dem Erscheinen des siebten Bandes der Reihe „Forschende Frauen“ ist Ende des Jahres zu rechnen.