1000 Krankheiten, aber nur eine Gesundheit?
von Johanna Bamberg-Reinwand
Burn-Outs, Sucht- und Demenzkrankheiten oder Herzinfarkte können jeden Menschen treffen. Aber: Frauen und Männer haben unterschiedliche Gesundheits- und Krankheitsprofile. Den Unterschieden in der Frauen- und Männergesundheit bei diesen Erkrankungen ging die Tagung „1000 Krankheiten, aber nur eine Gesundheit“ am 5. Oktober 2012 auf den Grund, die das Netzwerk der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten in Bamberg im Audimax der Uni veranstaltete.
„Gesundheit ist nicht Alles, aber Alles ist Nichts ohne Gesundheit“
Die Kanzlerin der Universität Bamberg, Dr. Dagmar Steuer-Flieser, freute sich über die große Resonanz und stellte in Ihrer Begrüßung klar: Gesund zu bleiben liegt in der Verantwortung jedes einzelnen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dabei zu unterstützen ist aber auch die Aufgabe der Arbeitgeber. Aufklärung steht dabei an erster Stelle.
Wenn Männer die Kinder bekommen müssten…
Mit einigen Mythen über die Leidensfähigkeit von Frauen und Männern räumte dann auch gleich Prof. Dr. Lautenbacher, Psychologe und Schmerzforsche an der Universität Bamberg auf. Frauen können nicht mehr Schmerzen aushalten als Männer, im Gegenteil. Dabei spielen auch Geschlechterrollenerwartungen eine große Rolle. Aber: sie sind weniger gestresst, wenn ihnen etwas weh tut. Und sie können Schmerz in vielen Nuancen durch ihre Mimik äußern. Allerdings gibt es neben dem Geschlecht noch eine ganze Reihe weiterer Faktoren, die das Schmerzempfinden beeinflussen, etwa das Alter.
Zwei Bier sind schon eins zu viel
Den ersten Fachvortrag übernahm Dr. Michael Landgrebe, Oberarzt und stellvertretender Chefarzt des Klinikums am Michaelsberg, der zunächst feststellte: „Alkoholabhängigkeit ist eine Krankheit. Oberstes Behandlungsziel ist das Sichern des Überlebens“. Die Gefahr bei Alkohol ist, dass er zum gesellschaftlichen Leben dazu gehört. Bereits im Teenageralter grenzen sich Jungen durch den übermäßigen Konsum von Alkohol von Mädchen ab. Diese trinken meist weniger Alkohol, da sie sich dessen bewusst sind, dass bei Kontrollverlust die Gefahr sexueller Übergriffe steigt. Risikofaktoren in die Alkoholabhängigkeit hinein zu geraten sind bei Frauen das Zusammenleben mit den eigenen Kindern (aufgrund der vielfältigen Stresssituationen), die Trennung vom Partner sowie der Verlust des Arbeitsplatzes. Gerade das Zusammenleben mit der eigenen Familie schützt dagegen Männer vor der Abhängigkeit. Ist man in die Anhängigkeit geraten, ist es immens schwer, der Sucht zu entkommen. Die Rückfallraten sind beträchtlich. Umso wichtiger ist die Prävention, sagt Landgrebe.
Nur wer Gesund ist, kann Kranke pflegen
Der Gefahr, an Demenz zu erkranken sind wir dagegen mit steigendem Alter fast hilflos ausgeliefert. Claudia Zankl, in der Sozialstiftung Bamberg zuständig für die Pflegeüberleitung und ehrenamtlich tätig in der Alzheimer Gesellschaft, weiß zu berichten, dass durch die höhere Lebenserwartung mehr Frauen als Männer betroffen sind. Ihr Hauptaugenmerk gilt aber den pflegenden Angehörigen, die in der Tat fast ausschließlich weiblich sind. Ihr Tipp: „Jeden Tag neu annehmen, sich für gelungenes Verhalten loben und Hilfe annehmen“. Gerade die Selbstpflege ist immens wichtig, denn nur wer selbst gesund ist, kann diese Leistung erbringen. Frau Zankl informierte auch darüber, wie sich das Krankheitsbild äußert, was die Patientinnen und Patienten sich wünschen und wie Pflegende ihnen und sich selbst helfen können.
Zur Fußball-WM sollten Kardiologen Urlaub nehmen
Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind nach wie vor die Todesursache Nummer eins. Grund genug für das Netzwerk, auch eine Expertin für dieses Thema einzuladen. Dr. Katrin Haagen, Internistin und Kardiologin in der Sozialstiftung erklärte den Anwesenden, was ein Herzinfarkt ist, und wie er behandelt wird. Die Risikofaktoren sind bekannt und unterscheiden sich bei beiden Geschlechtern eigentlich nicht. Rauchen, Typ II Diabetes, Bluthochdruck, Übergewicht, zu hohe Cholesterinwerte und das Vorkommen der Krankheit bei Verwandten. Gerade die Zuckerkrankheit ist aber bei Frauen ein Faktor, der die Gefahr eines Herzinfarktes im Vergleich zu den Männern deutlich erhöht. Dafür sind Frauen bis zu Beginn der Wechseljahre durch die weiblichen Hormone vor einem Herzinfarkt so gut wie sicher. Im Alter von 70 Jahren ist das Risiko aber bei beiden Geschlechtern wieder gleich hoch. Allerdings sind die ersten Anzeichen bei Frauen eher untypisch. Denn wer denkt bei Bauchschmerzen und Übelkeit gleich an einen Herzinfarkt?
Nur wer gebrannt hat, kann ausbrennen
Zum Thema Burnout referierte der Chefarzt des Klinikums am Michaelsberg, Prof. Dr. Göran Hajak. Er stellte bereits zu Beginn fest: Burnout ist keine Krankheit, und schon gar keine klassische „Managerkrankheit“. Oft sind Frauen betroffen, pflegende Angehörige zum Beispiel, die sich aufopfern. Schon nach dem ersten und auch nach dem Zweiten Weltkrieg konnte dies beobachtet werden. Oder Lehrerinnen und Lehrer, die im System zwischen eigenen Ansprüchen, denen des Ministeriums und der der Schülereltern gefangen sind. Doch wie erkenne ich einen Burnout? Laut Hajak sind es drei Faktoren: Emotionale Erschöpfung, Depersonalisierung (Der Verlust an Interesse und Begeisterungsfähigkeit für das Tagesgeschehen und daran beteiligten Personen) und subjektiv erlebte, reduzierte Leistungsfähigkeit. Und was kann man dagegen tun? Für Arbeitgeber hat er einen zentralen Tipp: Teams können nicht ausbrennen, einzelne Menschen schon. Also sollten Einzelkämpfer in Teams integriert werden. Und der Tipp an jeden einzelnen: „Belohnen sie sich!“