▼ Professorin Dr. Ingrid Bennewitz [1999]
\\ PROFESSORINNEN AN DER UNIVERSITÄT BAMBERG
\\ INTERVIEW VON 1999
"Ich sehe bei den jungen Kolleginnen eigentlich ganz große Chancen. Die machen auch brillante Karrieren im Moment und man kann sagen, daß hier die entsprechenden Förderungsprogramme sehr gut greifen [...]."
Würden Sie bitte Ihre berufliche Laufbahn vorstellen?
Ich habe Germanistik, Musikwissenschaft und Philosophie an den Universitäten Salzburg und Münster in Westfalen studiert. In Münster habe ich die Musikwissenschaft abgeschlossen, in Salzburg in Germanistik promoviert und danach war ich Lehrbeauftragte an den Universitäten Erlangen, Nürnberg, Hamburg und Salzburg. Im Anschluß bekleidete ich in Salzburg eine Assistentenstelle und habe dort habilitiert. Nach der Habilitation habe ich erst einmal ein Semester eine Professur in Chemnitz vertreten und erhielt danach sofort den Ruf an die Universität Bamberg.
Erhielten Sie in Ihrer beruflichen Laufbahn Unterstützung oder wurden Sie beeinflußt?
Ich bin mit Sicherheit in vielfacher Hinsicht positiv unterstützt worden. Wenn man auf den Geschlechterunterschied sieht, dann eben mit Sicherheit auch von vielen Männern, weil Frauen zu meiner Zeit als Lehrende und vor allem als Professorinnen noch gar nicht in dem Umfang an der Universität tätig waren. Also es waren überwiegend sicher männliche Kollegen, mit denen ich damals zu tun hatte, als Studierende und dann auch als junge Assistentin. Über mangelndes Wohlwollen und eben auch entsprechende Unterstützung kann ich mich wirklich nicht beklagen. Das heißt nicht, daß man nicht in dem einen oder anderen Fall auch Probleme hat. Das ist ganz klar. Ich muß aber dazu sagen, daß ich mich doch sehr früh und sehr deutlich auch für Frauen an der Universität engagiert habe. Das ist eigentlich auch immer sehr positiv akzeptiert worden. Dazu muß man sagen, daß ich auf eine ähnliche Situation getroffen bin, die man auch heute noch an den Universitäten findet, daß nämlich einfach die Mitarbeiter- und Assistentenstellen gezählt waren. Es war sehr schwierig, auf so eine Stelle zu kommen, und ich würde mal schlicht sagen, daß dabei die Familienväter oder die angehenden Familienväter einen gewissen emotionalen Vorteil hatten.
Wenn ich fragen darf, haben Sie Kinder?
Nein, ich habe keine Kinder.
Haben Sie wegen des Berufs auf Kinder verzichtet?
Das ist mehr eine Entwicklung gewesen, die sich eben so ergeben hat. Ich habe schon meine Karriere so geplant, daß ich davon ausgegangen bin, zumindest Kinder und Habilitationszeit nicht zu vereinbaren. Ich bewundere die Kolleginnen sehr, die das schaffen. Ich denke nach wie vor, das geht eigentlich nur unter besonders günstigen Bedingungen, nämlich vor allem mit der Hilfe von Müttern oder Schwiegermüttern, durch besonders günstige finanzielle Bedingungen oder eine wirkliche Umkehrung der Arbeitsverhältnisse, so daß eben der männliche Partner sich um die Kinder kümmert. Ansonsten weiß ich eigentlich nicht so wirklich, wie das funktionieren soll. Ich habe mich ein bißchen beeilt, um dann noch einen gewissen biologischen Spielraum zu haben, und würde heute sagen, ich habe das Kapitel abgeschlossen. Das geschah mit Sicherheit mit einem gewissen Bedauern, aber ich denke, es gibt eine Menge Dinge, die ich vielleicht ohne Kinder besser tun kann als andere Frauen, die sich für Kinder entschieden haben.
Was glauben Sie, warum es nur wenige Frauen an der Universität gibt, die lehren?
Das hängt mit der letzten Frage schon ein bißchen zusammen, weil eben die biologische Karriere von Frauen und die wissenschaftliche in einem gewissen Widerspruch zueinanderstehen. Das heißt, die Hauptqualifikationszeit an der Universität für eine Professur, zwischen Mitte Zwanzig und Mitte Dreißig, ist eben jene Phase, in der die meisten Frauen Kinder gebären oder eben Kleinkinder zu Hause haben, und das ist eine ganz schwierige Kombination. Das denke ich, ist ein ganz wesentlicher Grund. Darüber hinaus muß man sagen, daß sich das in den Geisteswissenschaften zur Zeit sehr schnell, sehr radikal bessert. Ich sehe bei den jungen Kolleginnen eigentlich ganz große Chancen. Die machen auch brillante Karrieren im Moment und man kann sagen, daß hier die entsprechenden Förderungsprogramme sehr gut greifen, also Postdoktoratsstipendien, Habilitationsstipendien und Heisenbergstipendien, wo eben mittlerweile die Frauen wirklich auch zum Zuge kommen. Und das war noch vor zehn, fünfzehn Jahren einfach anders. Das muß man wirklich sagen.
Wo liegt Ihr Forschungsschwerpunkt? Hat er vielleicht etwas mit dem Thema Frauen zu tun?
Grundsätzlich natürlich das Gebiet, für das meine Professur nun einmal steht, nämlich Deutsche Literatur des Mittelalters und der Frühen Neuzeit. Vom methodischen Bereich sind mit Sicherheit die gender studies ein Schwerpunkt, was nicht heißt, daß nicht andere daneben stehen, also zum Beispiel Editionsphilologie, Untersuchungen zum frühen neuhochdeutschen Roman und eben die diversen Schwerpunkte, die man einfach setzen muß. Aber gender studies waren bei mir immer ein methodischer Schwerpunkt, und so wie es aussieht, wird das in Zukunft auch so sein. Ich finde, daß gerade da im Anschluß an die Diskussionen um Butler eine ganze Menge aufregender Dinge passiert sind und daß gerade kulturhistorische und geschlechterspezifische Vorstellungen mittlerweile einander wirklich gegenseitig weitergebracht haben. Daher gibt es hier noch eine Menge zu tun und zu entdecken.