Porträtfoto der Professorin Bollée

▼ Trauer um Professorin Dr. Annegret Bollée † [2021]

Professorin für Romanische Sprachwissenschaft und Mediävistik.

Wir trauern um unsere Kollegin und die ehemalige Universitätsfrauenbeauftragte Prof. em. Dr. Annegret Bollée (* 4. März 1937 in Berlin; † 20. August 2021 in Bamberg).

Annegret Bollée lehrte und forschte als Lehrstuhlinhaberin für romanische Sprachwissenschaft und Mediävistik bis zu Ihrer Emeritierung im Jahr 2002. Auch über ihre Emeritierung hinaus arbeitete sie an der Vollendung ihres Lebenswerkes, einem Wörterbuch der Kreolsprachen. Die ersten vier Bände zu den französischen Kreolsprachen im indischen Ozean erschienen in den Jahren 1992 bis 2007. Das noch umfangreichere Wörterbuch der Kreolsprachen in der Karibik und in Louisiana erschien in den Folgejahren bis 2018.

Die passionierte Wissenschaftlerin Annegret Bollée hatte darüber hinaus viele Ämter in der akademischen Selbstverwaltung inne. Sie war Vizepräsidentin der Otto-Friedrich-Universität in den Jahren 1980 bis 1983, Fakultätsfrauenbeauftragte und Dekanin ihrer Fakultät Sprach- und Literaturwissenschaften. Das Amt der Universitätsfrauenbeauftragten hatte sie Anfang der 1990er Jahre kommissarisch inne und engagierte sich in dieser Funktion noch einmal von Juni 2000 bis September 2001. Der „Sache der Frau“, wie sie es selbst nannte, war Professorin Bollée aber auch darüber hinaus verbunden, etwa als Jurymitglied des Bayerischen Habilitationsförderpreises für Frauen oder als Mitglied des Senats der DFG. Annegret Bollée förderte ihre Mitarbeiterinnen und unterstützte sie, eine akademische Karriere einzuschlagen.

Annegret Bollée begleitete die Arbeit der Frauenbeauftragten bis an ihr Lebensende interessiert und nahm auch an der Ringvorlesung „Sprache.Macht.Geschlecht“ im vergangenen Semester teil, genauso, wie sie regelmäßig Gast des Festaktes der Frauenbeauftragten war. Dort wurde Sie im Jahr 2014 auch zur Emerita of Excellence der Universität Bamberg ernannt. Als solche war sie an Auswahlverfahren beteiligt und förderte viele weitere junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.

In dem Selbstverständnis, mit dem Annegret Bollée forschte und wissenschaftlich tätig war, bleibt sie uns ein Vorbild. Die Universität Bamberg verliert ein überaus verdientes Mitglied, ein Vorbild und einen lieben Menschen. Wir behalten sie in ehrender Erinnerung.


Interview zur Ehrung Emerita of Excellence

 

Wir freuen uns sehr, dass die Universität Bamberg nun endlich eine Emerita of Excellence hat und zwar eine, der dieser Titel mehr als gebührt. Was dachten Sie, als Sie von der Ehrung erfuhren?

 

Die Ehrung hat mich im Dezember 2014 völlig überrascht, aber auch sehr gefreut. Ich glaube sagen zu können, dass ich einiges für die Universität Bamberg getan habe, worauf der Präsident in seiner Laudatio ja auch hingewiesen hat. Und dass ich mit meinem Engagement in Forschung und Lehre ein „Vorbild für den Nachwuchs“ sein kann, ist mir auch von meinen Schülerinnen immer mal wieder gesagt worden.

 

Ihr Lebenslauf liest sich sehr beeindruckend. Hatten Sie eine wissenschaftliche Karriere im Blick, als Sie 1955 Ihr Studium begonnen? 

 

Nein, ich hatte keine wissenschaftliche Karriere geplant, als ich mein Studium begonnen habe, ich wollte Lehrerin werden. Die verschiedenen Etappen der Karriere sind dann auf mich zugekommen: das Angebot, zu promovieren (als ich noch keinen anderen Abschluss hatte, die Promotion war auch meine erste akademische Prüfung), das Angebot einer Assistentenstelle und der Habilitation, der Ruf nach Bamberg.

 

Sie waren Vizepräsidentin der Universität Bamberg und sogar Mitglied im Senat der DFG. In einem Interview, das Sie der kUNIgunde im Jahr 1999 gegeben haben, sagten Sie, sie hätten beide Ämter „sozusagen als Ehrenjungfer“ erhalten und sie „für die Sache der Frau“ übernommen. Was denken Sie rückblickend, hat es sich gelohnt, für Sie persönlich und für die „Sache der Frau“?

 

Ja, ich glaube, dass ich Vizepräsidentin der Universität Bamberg geworden bin, weil der damalige Präsident Oppolzer gern eine Frau in diesem Amt sehen wollte. Das hat er jedenfalls ausdrücklich gesagt, als er „um mich geworben“ hat. Ich glaube, für die Sache der Frau hat es sich gelohnt, ich selbst habe das Amt aber eher als Belastung und Störung meiner eigentlich geliebten Tätigkeit in Forschung und Lehre empfunden. Was die Wahl in den Senat der DFG betrifft, so ist es meine Vermutung, dass auch dabei die Tatsache eine Rolle gespielt hat, dass man eine Frau wählen wollte. Ich bin in meinem Fach eine international anerkannte Forscherin, aber nicht von so herausragender Bedeutung, dass dies die Motivation für meine Wahl gewesen sein könnte. Nehmen wir einmal an, dass die ersten Frauen in solchen Ämtern den Weg für eine Normalisierung geebnet haben, damit meine ich, dass Wahlen von für den jeweiligen Posten geeigneten Wissenschaftlern ohne Ansehen des Geschlechts stattfinden. Da im Senat der DFG jetzt etwa ein Drittel Frauen sind, scheint diese Normalisierung erreicht zu sein, und wenn ich dazu beigetragen haben sollte, so würde es mich freuen.

 

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft fördert derzeit auch eines Ihrer Projekte. Das Kreolische etymologische Wörterbuch ist ihr wissenschaftliches Lebenswerk.

 

Ja, das kann man so sagen, denn begonnen wurde es in den 1980er Jahren mit einem Wörterbuch der französischen Kreolsprachen im Indischen Ozean, dessen vier Bände von 1993 bis 2007 erschienen sind, und fortgesetzt seit 2007 mit dem Wörterbuch der Kreolsprachen in der Karibik und in Louisiana, das noch etwas umfangreicher werden wird. Der Abschluss des Projekts war im vergangenen Jahr sehr gefährdet, weil uns die Sachbeihilfen für das Wörterbuch nur für zwölf statt für die beantragten 24 Monate bewilligt wurden. Die Begründung seitens des Fachkollegiums, das diese Entscheidung getroffen hat, war, dass wir keine Datenbank nach den neuesten Standards machen, die die DFG für solche Projekte inzwischen voraussetzt. Das ist vollkommen richtig, aber als ich 2007 mit der Arbeit, zunächst allein, begonnen habe, gab es diese Standards noch nicht, auch nicht 2011, als wir die erste Förderung von der DFG ohne entsprechende Auflagen bekamen. Diese Entscheidung der DFG hat mich schwer getroffen. Die zuständige Referentin riet mir, einen neuen Verlängerungsantrag zu stellen und diesem ein „schlüssiges Digitalisierungskonzept“ beizufügen. Dank der großzügigen Unterstützung durch die Universität Bamberg ist es Herrn Dr. Boekels vom Rechenzentrum und meiner Mitarbeiterin Dr. Ulrike Scholz gelungen, ein solches Konzept zu entwickeln. Der Verlängerungsantrag wurde nun auch bewilligt und wir können das Wörterbuch hoffentlich 2017 abschließen.

 

Haben Sie schon Pläne für die Zeit danach?

Auch wenn das Wörterbuch fertiggestellt ist, heißt das nicht, dass es nicht im Bereich der Kreolsprachen noch viel zu erforschen gäbe. Zu dem ein oder anderen Problem werde ich Aufsätze veröffentlichen. Ich würde auch gerne wieder mehr Zeit finden, Bücher zu lesen. Außerdem fordert mich ja auch mein neuer Titel.

 

Wie füllen Sie Ihre Rolle als Emerita of Excellence aus?

Als Emerita of Excellence bin ich Mitglied der Trimberg Research Academy (TRAc). Die TRAc engagiert sich vor allem in der Förderung des akademischen Nachwuchses. Ich bin Mitglied der Auswahlkommission zur Vergabe von „Mobilitätsstipendien“ für Promovierende im Rahmen des DAAD-Programms „IPID4all – International Promovieren in Deutschland – for all“. Mobilität ist wichtig, die Bewerbungen waren in diesem Jahr sehr schön. Auch die Verleihung von Preisen kann durchaus karrierefördernd wirken. Deshalb engagiere ich mich gerne in der Jury der Vergabekommission des Wissenschaftspreises, den die Hans-Löwel- Stiftung alle zwei Jahre vergibt.