○ Forschende Frauen 2018
Das Kolloquium „Forschende Frauen“, welches seit 10 Jahren von den Universitätsbeauftragten für Nachwuchswissenschaftlerinnen der Universität Bamberg angeboten wird, fand am Dienstag, den 12. Juni 2018, diesmal leicht verändert durch neue Impulse, statt.
„Forschende Frauen“ ist eine Plattform, über die die Universitätsfrauenbeauftragte jungen Wissenschaftlerinnen die Möglichkeit bietet, ihre Forschungsprojekte vorzustellen, praktische Erfahrungen im Bereich Vortragen zu sammeln, ihre Beiträge zu publizieren und sich mit anderen Nachwuchswissenschaftlerinnen zu vernetzen. Neu ist seit diesem Jahr, dass den ausgewählten Wissenschaftlerinnen ein Thema, das allen Arbeiten gemeinsam sein sollte, vorgegeben wurde. Im Anschluss an die Publikation ihrer Arbeiten erhalten die Stipendiatinnen zudem eine Prämie von 500 Euro, mit der ihre weitere Karriere unterstützt werden soll.
Da neue wissenschaftliche Erkenntnisse sowohl auf dem Erkennen bislang unbekannter Beziehungen als auch auf der Konstruktion neuer Beziehungen basieren, haben die Frauenbeauftragten „Beziehungen“ zum Thema des Kolloquiums gemacht. Bereits in der Begrüßungsrede der Universitätsfrauenbeauftragten, Professorin Dr. Ute Franz, wurde das Rahmenthema in den Mittelpunkt gerückt und sowohl auf wissenschaftliche und interdisziplinäre als auch auf zwischenmenschliche Beziehungen hingewiesen. Beide sind für eine erfolgreiche, aber auch erfüllte wissenschaftliche Karriere von großer Bedeutung.
Den Anfang des Kolloquiums machte Theresa Fehn mit einem Vortrag über „Narcissism and Relations at the Workplace“. In ihrem Vortrag ging es um das Verhalten von narzisstischen Personen in Führungspositionen, ihren Eigenschaften als Führungsperson und ihre Beziehungen zu den Mitarbeitenden. Interessant war vor allem, dass es für narzisstische Persönlichkeiten nicht zentral ist, als Person gemocht zu werden, sondern eher, dass sie von anderen bewundert werden. Mit Schulungen zur Stärkung emotionaler Intelligenz kann dieser Tatsache in gewisser Weise entgegengewirkt werden. Aber auch Mitarbeitende können Strategien im Umgang mit ihrer Führungsperson erlernen. Das ist insbesondere vor dem Hintergrund wichtig, dass narzisstische Personen leichter in Führungspositionen aufsteigen, aber dadurch nicht die besseren Führungskräfte sein müssen. Die Beziehungen zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitenden werden durch die narzisstischen Züge einer Person stark beeinflusst.
Anschließend berichtete Katharina Beuter vom „Beziehungsmanagement in interkulturellen Schülerbegegnungen: Gesprächsanalytische Betrachtungen in einem deutsch-tansanischen Kontext“. Anlässlich eines interkulturellen Schüleraustausches von 15 deutschen und 15 tansanischen Schülern und Schülerinnen untersuchte Katharina Beuter die Rolle des Lachens in Gesprächssituationen zwischen tansanischen Schülern und Schülerinnen und deutschen Schülerinnen und Schülern. Die Verkehrssprache war Englisch. Ergebnis ist, dass bei ELF (Englisch als Lingua Franca) Lachen besonders häufig zum Aufbau von Solidarität in der zwischenmenschlichen Beziehung und zum Krisenmanagement zum Beispiel bei Missverständnissen oder Unsicherheit ist.
Im Folgenden hörten die Anwesenden einen Vortrag von Ana Marija Grbanovic über den „Interdisciplinary Approach for the Understanding of 16th century Bosnian Ottoman mosque Architecture and Builders´ Identity and Migration”. Dieser Vortrag war mit sehr aussagekräftigen Bildern der bosnischen Moscheen ausgestattet und untersuchte die Beziehungen, vor allem die Handelsbeziehungen, von Christen und Muslimen in Bosnien, Herzegowina und Dubrovnic zu der Zeit, als diese Regionen Teil des Osmanischen Reichs waren. Anhand der unterschiedlichen Bauweise der Moscheen und dem unterschiedlichen Einfluss der jeweiligen Patrone wurde nachvollziehbar aufgezeigt, welche Beziehungen zwischen Christen und Muslimen herrschte und welche Rolle die Moscheen für das Reich spielten. Ein Beispiel war, dass eine Moschee im Auftrag von Christen gebaut werden sollte, sie diese aber nicht selbst bauen durften und dementsprechend muslimische Handwerker und Baumeister „einkaufen“ mussten, damit die Moschee gebaut werden konnte. So wurden wichtige Handelsbeziehungen zwischen den Kulturen aufrechterhalten.
Weiter ging es mit einem Vortrag von Dr. Elisa Kriza, die über „Gesellschafts- und Geschlechterbeziehungen in der mexikanischen 68er-Literatur“ sprach. Zentrales Thema war die Literatur zu der Studierendenbewegung, und deren brutalem Ende, durch das Tlatelolco Massaker am 2. Oktober 1968. Zu den Geschlechterbeziehungen konnte Dr. Kriza aufzeigen, dass unter den Demonstrierenden hauptsächlich Männer waren, weshalb sie auch die überwiegende Mehrzahl der Opfer stellten. Aus dem Gefängnis heraus entstanden Romane, in denen das Erlebte verarbeitet wurde. Die sozialen Beziehungen wurden beeinflusst, da sozial schwächere Studierende wurden für die Revolten verantwortlich gemacht – deren Stimme fehlt allerdings ein wenig in der Literatur. Die Rolle der Frau beschränkte sich auf die der Protokollantin, die einige wenige Frauen wahrnahmen und Literatur zu dem Thema verfassten. Insgesamt prägte das Massaker des Tlatelolco aber auf vielfältige Weise die Menschen und ihre Beziehungen zueinander, was sich in der Literatur, anhand der Geschlechterbeziehungen erkennbar, widerspiegelte.
Nach dem gemeinsamen Mittagessen folgte ein Vortrag von Tea Požar über „Border Areas as a Potential for Tourism Development“. Die Vortragende unterschied zwischen natürlichen (geographischen), künstlichen (Bauten) und unsichtbaren Grenzen (als Beispiel: Wall of Shame in Irland). Der Forschungsschwerpunkt von Tea Požar ist eine ehemals künstliche und politische Grenze, der eiserne Vorhang. Entlang der Grenzlinie entstand das Grüne Band Europas, das an vielen Stellen Naturschutzgebiet oder sogar Nationalpark ist und dadurch länderübergreifend den Tourismus fördert. Dieses grüne Band ist ein gutes Beispiel dafür, dass Grenzen nicht nur trennen, sondern auch verbinden können, indem Beziehungen aufgebaut werden, zum Beispiel durch den Tourismus.
Der letzte Beitrag des Tages wurde von Jana Funk vorgetragen. Sie sprach über „,Cura sui´ als Selbstbeziehung. Eine philosophische Idee und ihre politische Bedeutsamkeit.“. Die Freiheit in der Moderne wurde als Elysium beschrieben und kontrastierte den modernen Freiheitsbegriff mit dem der Antike, der auf das Gute selbst ausgerichtet war. Sie zeigte die Ziellosigkeit des neuzeitlichen Verständnisses von Freiheit auf. Anschließend wagte sie eine Ergänzung des individualistischen Freiheitsbegriffs seit Hobbes durch den Begriff der „Cura sui“ und konnte dadurch eine erneute Ausrichtung der Freiheit auf der Basis der Selbstbeziehung auf das Gute selbst erreichen.
Anschließend lud die Universitätsfrauenbeauftragte zu einem Stehempfang auf der Dachterrasse im Frauenbüro der Universität Bamberg ein, bei dem die Nachwuchswissenschaftlerinnen die wichtige Chance für Austausch und Vernetzung nutzen konnten.
Insgesamt waren es spannende interessante Vorträge, die gezeigt haben, welch ein großes Potenzial in den Nachwuchswissenschaftlerinnen der Universität Bamberg steckt.
Dieser Bericht wurde verfasst von Meike Lober.