Erneut zum Missbrauch: Studientag der Systhematischen Theologie
Die Seminare »Kirche, Macht, Missbrauch« und das Oberseminar in Fundamentaltheologie und Dogmatik (beide: Prof. Dr. Jürgen Bründl) sowie das interdisziplinäre Seminar »Zu Handlungsfeldern der Kirche vor den Zeichen der Zeit« von Stefan Huber und Simon Steinberger brachten an diesem Studientag ihre verschiedenen Perspektiven mit: fokussiert wurden beispielsweise die theologische Reflexion von Weiheamt und Klerilalismus oder die strukturelle Komponente institutionellen Handelns.
Die Lektüre von Texten aus der Münsteraner Missbrauchsstudie sowie Ausschnitte aus dem Orientierungstext des Synodalen Weges blideten die Grundlage der Diskussion. So begann der Seminartag mit Fragen wie: Was bedeutet es eigentlich, den »Aufschreien der Opfer« als »Zeichen der Zeit« wahrzunehmen? Welche Konsequenzen hat diese Deutung für das Gottesbild? Danach wurden in Kleingruppen vier Fälle der Münsteraner Missbrauchsstudie analysiert und diskutiert. Ein besonderer Fokus lag dabei auf den strukturellen Gemeinsamkeiten, die aus den verschiedenen Falldarstellungen erhoben wurden. Gegenstand waren Phänomene des Klerikalismus und das Missverhältnis von Institutionenschutz und Opferfürsorge. Zudem stellte sich den Beteiligten die Frage nach dem Verhältnis von staatlicher und kirchlicher Gerichtsbarkeit. Eine Vertiefung des Themas bot sodann Thomas Großböltings Monographie »Die schuldigen Hirten«, in dem er unter anderem die Katergorie der Pastoralmacht als Problemkontext herausarbeitete. Bei allen drei Arbeitsphasen des Studientags erhärtete sich die Erkenntnis, dass der Missbrauchsskandal eben nicht nur eine Sache der Kirche ist, sondern als Frage im Horizont der Menschenrechtsfrage weiterhin Aufklärung und Aufarbeitung bedarf.
Der Studientag schloss mit einer Podiumsdiskussion mit Sr. Franziska Dieterle im Rahmen des Nachhaltigkeitsmonats an der Uni. Die Franzsikusschwester war Teilnehmerin am Synodalen Weg; sie berichtete von ihren Erfahrungen dort, von Hoffnungen und Frustrationen. Schwester Franziska sieht die Orden als »Reißnägel auf dem Stuhl der Kirche«, die im Laufe der Geschichte schon häufiger der Kirche zu Reformen verholfen haben, und stellt die monastische Tradition als eine vor, die in synodaler Entscheidungsfindung kompetent und erfahrungsreich ist. Sie betonte, dass es sich bei Religion um eine anthropologische Konstante handelt, die sich unterschiedlich entfaltet. So werde kulturbedingt die bedingungslose Liebe Gottes erfahrbar.
Diesen Text verfasste Luisa Schmid. Er steht Journalist:innen zur freien Verfügung.