EKD fordert Finanzierung der Sozialsysteme über Steuern
ddp-Meldung, 11. Juli 2006
Berlin - Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) fordert die nachhaltige Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme über Steuern. Die Arbeitsverhältnisse müssten stärker von der Belastung durch Sozialabgaben befreit werden, heißt es in einer am Dienstag in Berlin vorgestellten Denkschrift zum Thema Armut mit dem Titel „Gerechte Teilhabe. Befähigung zur Eigenverantwortung und Solidarität“. Zur Bekämpfung von Armut sei es generell notwendig, stärker als bisher Sozial- und Wirtschaftspolitik „unter Gerechtigkeitsaspekten zusammen zu denken“.
Dem Vorsitzenden der Kammer für Soziale Ordnung der EKD, Gert Wagner, zufolge wolle man weg vom reparierenden Sozialstaat. Der Anteil der Steuerfinanzierung für die sozialen Sicherungssysteme müsse steigen. Der EKD-Ratsvorsitzende Bischof Wolfgang Huber betonte, die wirtschaftspolitische Entwicklung in den vergangenen Jahren sei in Deutschland „besonders krass“. Versprechen, die Arbeitslosigkeit zu senken, hätten sich nicht erfüllt. Deshalb stellten öffentlich geförderte Arbeitsplätze wie Kombilohnmodelle für die Beteiligung aller an bezahlter Arbeit „eine sinnvolle Alternative“ dar.
Für die wachsende Armut in Deutschland macht die EKD Mängel im Bildungssystem verantwortlich. Vor allem fehlende Teilhabe durch Arbeitslosigkeit als Folge nicht vorhandener oder nicht ausreichender Bildung führten zu Verarmung, heißt es in der 80-seitigen Publikation. Das deutsche Bildungssystem schütze zu wenig vor Armut und trage dazu bei, dass der Schulerfolg eines Kindes „noch zu sehr von seiner sozialen Herkunft“ bestimmt werde.
Der SPD-Vorsitzende Kurt Beck würdigte die Schrift. Er sprach von einer eindrucksvollen Analyse der Herausforderungen für Gesellschaft, Politik und Kirche. Den zentralen Forderungen sei aus sozialdemokratischer Sicht zuzustimmen. Arbeitsmarktpolitik sei auch Sozialpolitik.