Narzisstischer Chef? Hilft der Karriere!
Die Persönlichkeit des Vorgesetzten beeinflusst das Wohlbefinden im Job. Bamberger Psychologinnen haben in einer neuen Studie herausgefunden, welche Eigenschaften des Chefs negative Auswirkungen auf Angestellte haben – und welche die Karriere beflügeln.
Gelassenheit, Geduld und Gerechtigkeit – solche Eigenschaften wünschen sich Angestellte von ihren Vorgesetzten. Egoistisches, impulsives und manipulatives Verhalten zählen hingegen nicht zu den beliebten Charaktermerkmalen von Führungskräften. Wie viel Einfluss das Verhalten in der Führungsetage gegenüber Angestellten hat, zeigt jetzt eine neue Studie der Bamberger Professur für Arbeits- und Organisationspsychologie. Prof. Dr. Judith Volmer und Iris Koch fanden heraus, dass bestimmte unbeliebte Persönlichkeitsmerkmale von Vorgesetzten zu geringer Arbeitszufriedenheit und Nachteilen in den Karrierechancen bei Beschäftigten führen können. Gerade ein narzisstischer Chef kann laut der Studie aber auch positive Auswirkungen haben.
Dunkle Triade umfasst unerwünschte Charaktermerkmale
„In der Psychologie werden die unerwünschten und unbeliebten Charaktermerkmale Narzissmus, Psychopathie und Machiavellismus in dem Persönlichkeitskonstrukt der sogenannten Dunklen Triade zusammengefasst“, erklärt Koch, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Professur für Arbeits- und Organisationspsychologie. Narzisstinnen und Narzissten hätten ein hohes Bedürfnis nach Anerkennung von anderen während Psychopathinnen und Psychopathen dazu neigten, impulsiv zu handeln und machiavellistische Personen sich manipulativ und kalkulierend im Umgang mit anderen verhielten.
Für ihre Studie befragten Volmer und Koch insgesamt 811 Personen. Die meisten von ihnen waren in der Gesundheits- oder Dienstleistungsbranche tätig. In einer ersten Befragung wurden die Teilnehmenden gebeten, in einem Fragebogen die Persönlichkeit ihrer direkten Vorgesetzten einzuschätzen. Nach rund drei Monaten forderten die Wissenschaftlerinnen die bereits befragten Personen auf, den eigenen Karriereerfolg und das Wohlbefinden im Arbeitsumfeld zu bewerten. Dabei wurden unter anderem Fragen zur Wertschätzung durch den Vorgesetzten oder Stress im Job gestellt.
Wohlbefinden im Job durch Charakter des Chefs bestimmt
In statistischen Auswertungen nahmen die Arbeitspsychologinnen anschließend den Zusammenhang zwischen den Charaktereigenschaften der direkten Vorgesetzten und dem Wohlbefinden sowie dem Erfolg in der beruflichen Laufbahn der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unter die Lupe. Die Ergebnisse überraschten die Forscherinnen: Manche Charaktereigenschaften der Dunklen Triade hingen sogar positiv mit dem Karriereerfolg zusammen.
„Vor allem narzisstische Charaktermerkmale bei Vorgesetzten hatten positive Auswirkungen auf die Höhe des Gehalts und die Chance auf Beförderungen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Das Wohlbefinden im Unternehmen bei Beschäftigten nimmt zudem auch nicht ab, wenn Führungskräfte zu Narzissmus tendieren“, fasst Volmer ein Ergebnis der Studie zusammen. Den Arbeitspsychologinnen ist es gelungen, dieses Phänomen zu erklären: Narzisstische Personen streben nach positiven Beziehungen zu qualifizierten Beschäftigten, um von ihnen anerkannt zu werden, Selbstwertbestätigung zu erhalten und diese zukünftig an sich zu binden.
Doch nicht alle Charaktermerkmale, die die Dunkle Triade umfasst, wirken so positiv im Unternehmen. Führungskräfte mit psychopathischen oder machiavellistischen Eigenschaften sind beispielsweise dafür verantwortlich, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seltener mit ihrer Arbeit zufrieden sind beziehungsweise ihre eigenen Aussichten auf Karriere und Erfolg im Unternehmen geringer einschätzten. „Diese Vorgesetzten haben negative Auswirkungen auf Karriereerfolg und Wohlbefinden der Angestellten, da sie Erfolge für sich selbst beanspruchen und die Bedürfnisse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vernachlässigen“, erklärt Koch.
Persönlichkeit des Vorgesetzten kann in Verbindung zu Burnout stehen
Die Erkenntnisse der Studie der Bamberger Arbeitspsychologinnen können direkt in die unternehmerische Personalarbeit eingebunden werden. „Gerade bei der Auswahl von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sollten Personalreferentinnen und -referenten sich den Auswirkungen von Charaktermerkmalen der Dunklen Triade bewusst sein und diese berücksichtigen“, empfiehlt Koch. In der Personalentwicklung dagegen sei es wichtig, mit Führungskräften in den Dialog über die Effekte bestimmter Eigenschaften wie Psychopathie oder Machiavellismus zu treten.
Denn vor allem die negativen Auswirkungen auf das Wohlbefinden von Arbeitnehmerinnen und -nehmern sind gefährlich: „Geringes Wohlbefinden und damit einhergehende emotionale Erschöpfung können das Burnout-Syndrom begünstigen“, warnt Koch. Damit könne die Persönlichkeit des Vorgesetzten die eigene Gesundheit beeinträchtigen und schädigen. „Diese Erkenntnisse können auch für Präventionsangebote von Nutzen sein.“