Hegelforum 2017: Wer bin ich? Wer sind wir?
Verschiedene Hinsichten auf Identität
Die Frage nach unserer Identität beschäftigt uns ein Leben lang. Sie lässt uns nicht los. Sie hat zahlreiche und grundsätzliche Facetten, wie die nach der eigenen inneren Geschlossenheit, d.h. der Kontinuität meiner Identität über Zeit trotz aller Veränderungen, die ich durchlaufe, aber auch die nach unserer grundsätzlichen Verwurzelung innerhalb sozialer Gebilde. Normalerweise beschreiben wir uns selbst, indem wir uns Eigenschaften zuordnen, die von äußeren körperlichen Merkmalen über innere psychische Zustände bis hin zu unserer sozialen und ethnischen Zugehörigkeit oder unseren politischen Einstellung reichen. Einige dieser Eigenschaften ändern sich, andere sind von Dauer, von einigen sagen wir, dass sie uns wesentlich sind, andere dagegen eher nebensächlich. Unser Selbstbild ist damit äußerst komplex und vielseitig, beeinflusst unsere Wahrnehmung der Welt und unser Handeln. Mit der Ringvorlesung und der diesjährigen Hegelwoche werden wir einige dieser Aspekte unserer Identität beleuchten.
Vorträge
03.05.2017
Prof. Dr. Sabine Vogt: Europas Identität und das antike Griechenland
Die Griechen im Athen des 5. Jahrhunderts vor Christus hätten sich wohl kaum träumen lassen, dass sie einmal als „Wiege Europas“ angesehen werden würden. Für sie war Europa eine Figur des Mythos und ein Kontinent, jedoch kein Konzept von kultureller, politischer oder historischer Gemeinsamkeit. Wie konnte es also kommen, dass spätestens in den Bildungstraditionen des 19. Jahrhunderts die Anfänge Europas im klassischen Athen festgemacht wurden? Der Vortrag zeigt auf, dass Athens Kultur und Gesellschaft einerseits stark von orientalischen Einflüssen geprägt war, dass es jedoch andererseits mit der Entwicklung der Demokratie einen Neuanfang ganz eigener Art schuf, der mit einigem Recht als prägend für Europa angesehen werden kann.
17.05.2017
Sandra Frey: Wer bin ich? – Fünf wesentliche Hinsichten auf Selbstbewusstseinstheorien
"Wer bin ich?" ist eine Frage mit der wir uns ein Leben lang auseinandersetzen. Sie gehört auch zu den zentralen Fragen der Philosophie. Der Vortrag wird versuchen, die wesentlichen Aspekte der philosophischen Antworten in fünf Hinsichten herauszuarbeiten: 1.) Mit der These der triadischen Struktur des (Selbst-)Bewusstseins erhalten wir eine Beschreibung dessen, was Bewusstseins ausmacht und können daher 2.) Bewusstsein von rein physischen GEgenständen abgrenzen. Darauf aufbauend lassen sich 3.) die erkenntnistheoretischen und 4.) ontologischen Dimensionen von (Selbst-)Bewusstseinstheorien genauer erläutern, um abschließend 5.) Selbstbewusstsein als Einheit von Bewusstsein und Körper thematisieren zu können.
31.05.2017
Dr. Fabian Geier: Wozu Identität? – Grundprobleme der Ethik der Selbstreflexion
Identität überall: Ethnische oder sexuelle, berufliche oder religiöse; als Krise oder als Stabilitätsanker; als Gegenstand von Stolz und Scham. Und Identität gilt dabei meistens als etwas Positives, Erstrebenswertes und Schutzbedürftiges. Man könnte aber auch einmal fragen, wozu Identität eigentlich gut ist: Wozu dient es und was macht es mit uns, wenn wir über einen selbstreflexiven Begriff bestimmten Eigenschaften, Bedürfnissen und Gewohnheiten eine gewisse Festigkeit verleihen? Und man könnte auch fragen, ob das denn immer nötig ist. Oder einfacher: Womit SOLL man sich eigentlich identifizieren?
14.06.2017
Prof. Dr. Andreas Trampota: Praktische Identitäten als eine Brücke zu einer robusten moralischen Identität