Susanne Zahn-Ulfig M.A.

Bildungsreferentin beim Bildungs- und Sozialwerk des LandFrauenverbandes Württemberg-Baden e.V.

Keine Angst vor vermeintlichen Umwegen

Mein Weg in den Beruf war lang, abwechslungsreich, weder alltäglich noch einfach und zu Beginn unvorhersehbar. Und ganz zu Ende ist er im Moment auch noch nicht.

Meine Ausbildungsstationen

Am Anfang stand eine Ausbildung zur Buchbinderin im Handwerk, weil ich a) nach dem Abitur etwas ‚Praktisches‘ machen wollte und b) den Plan hatte, anschließend Buchrestaurierung zu studieren. Während der Ausbildung habe ich aber ziemlich schnell festgestellt, dass für mich das Restaurierungsstudium zu eindimensional ist und ein Studium mit weniger eindeutigem Berufsziel mehr berufliche Möglichkeiten eröffnet. Ich entschied mich deshalb, nach der Gesellenprüfung in Tübingen Empirische Kulturwissenschaft (EKW) und Geschichte im Bachelorstudiengang zu studieren. Diese Entscheidung war ziemlich intuitiv: Geschichte interessiert mich seit jeher und an EKW gefällt mir die Kombination aus historischem Arbeiten und Gegenwartsbezug. Meine Bachelorarbeit hieß „Gedanken sortieren – ein Postkartenalbum als Medium der Erinnerung an den Ersten Weltkrieg“. In dem Album hatte mein Urgroßvater seine Erinnerungen an den Ersten Weltkrieg mithilfe der Postkartenmotive zu einer Art Bildergeschichte angeordnet.

Nach dem Bachelor habe ich zwar erwogen, den Eintritt ins Berufsleben zu wagen. Wegen der besseren Karrierechancen entschied ich mich aber dann doch für den Master, ging zurück nach Bamberg, wo ich schon Abitur gemacht hatte, und schrieb mich für Europäische Ethnologie ein. Titel meiner Masterarbeit war: „Natürlich läuft der Alltag anders: Die Selbstpräsentation der Teilnehmerinnen der Sendereihe ‚Landfrauenküche‘ als landwirtschaftliche Akteurinnen zwischen Show und Wirklichkeit.“

Mein Plan dabei

Zu Beginn des Studiums hatte ich die Berufsfelder Verlag und Archiv im Blick, weil diese gut zu meiner Ausbildung passten. Ich versuchte deshalb, in diesen Bereichen so viel Praxiserfahrung, wie möglich zu sammeln: in Seminaren und Übungen, in meinem Nebenjob in der Universitätsbibliothek und im Praktikum. Archivwesen schloss ich für mich irgendwann aus. Ende des fünften Semesters arbeitete ich sechs Wochen beim Thorbecke Verlag, der zwei meiner Leidenschaften verbindet: Geschichte und schöne Dinge (selbermachen). Dort fühlte ich mich sehr gut aufgehoben, die Arbeit war vielschichtig und kreativ – Verlagswesen blieb eine Option.

Im Masterstudium kamen als weitere Möglichkeit Freilichtmuseen hinzu. Im Lauf des Studiums war mir bewusst geworden, dass es ein Privileg ist, so viel lernen zu dürfen und eine persönliche Perspektive auf die Welt aus der Geschichte heraus zu entwickeln. Ich begann, mich für Wissensvermittlung zu interessieren und belegte Erwachsenenbildung im Erweiterungsmodul; das Praktikum absolvierte ich im Fränkischen Freilandmuseum Fladungen. Freilichtmuseen sind fantastische Orte, um Wissen hautnah an ein Publikum zu vermitteln, das sonst in Museen kaum zu finden ist.

Sowohl Freilichtmuseen als auch Verlag hatten aber für mich einen großen Haken: Es gibt sehr wenig Stellen für sehr viele Bewerberinnen und Bewerber und diese Arbeitsplätze sind häufig nicht gerade üppig bezahlt. Wer sich auf das Freilichtmuseum festlegt, sollte zudem regional flexibel sein, denn diese Museen sind breit gestreut und liegen meistens in der Provinz. Ein guter Ausweg erschien mir die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit: Damit kann ich im Museum oder Verlag arbeiten, habe aber darüber hinaus noch sehr viel mehr Optionen. Für meine Masterarbeit wählte ich deshalb ein Thema, das auch Medienanalyse beinhaltet.

Während ich an der Masterarbeit schrieb, zog ich zurück in die Region Stuttgart/Esslingen und machte mich auf die Suche nach einem Nebenjob. Mein Plan war, die Schlussphase im Studium zu nutzen und noch etwas ganz anderes auszuprobieren, idealerweise mit PR. Ich landete im Marketing bei Jupiter Küchenmaschinen als Werkstudentin. Das hört sich abwegiger an, als es tatsächlich ist: Kultur ist ein Bedeutungsgewebe. Das Ziel von Marketing ist es, Produkten Leben einzuhauchen; also einem Ding aus Plastik und Metall eine Bedeutung zu geben, die über rein funktionale Aspekte hinausgeht. Der Rest ist harte Arbeit. Ich wurde nach meiner Zeit als Werkstudentin im Oktober 2015 tatsächlich in eine Festanstellung übernommen und verbrachte dann viel Zeit mit: Messen und Produktvorführungen organisieren, Website betreuen, Verkaufsunterlagen erstellen, Texte schreiben, Rezepte testen und, und, und. Es war eine sehr fordernde und lehrreiche Zeit, doch aus verschiedenen Gründen konnte ich mich dort in Hinblick auf Presse- und Öffentlichkeitsarbeit nicht weiterentwickeln – was aber nach wie vor mein Ziel war.

Deshalb entschied ich mich nach etwa eineinhalb Jahren, doch noch ein Volontariat zu machen: heute bin ich Volontärin in der Stabstelle Hochschulkommunikation der Universität Tübingen. Dort lerne ich in zwei Jahren von Grund auf das Handwerkszeug der PR: Pressemitteilungen schreiben, Magazin und Website betreuen, Veranstaltungen organisieren und vieles mehr. Damit sehe ich mich ziemlich gut gerüstet auf meinem Weg ins Berufsleben. Ob ich am Ende in der Wissenschafts-PR bleibe oder wieder Richtung Verlag/Museum gehe, ist zwar offen – das macht mir aber keine Angst (mehr). Vielleicht wird es auch nochmal was völlig anderes: Meine Familie kommt aus der Landwirtschaft, ich habe im Handwerk, in der Industrie und im akademischen Umfeld gelebt und gearbeitet. Mir kommt es so vor, als ob unsere Gesellschaft gute Kommunikatorinnen zwischen diesen Welten brauchen könnte.

Aktualisierung im Mai 2019:
Aktuell ist Susanne Zahn-Ulfig als Bildungsreferentin beim Bildungs- und Sozialwerk des LandFrauenverbandes Württemberg-Baden e.V. tätig. Dort ist sie zuständig im Bereich Kultur, Ehrenamtsqualifikation und Öffentlichkeitsarbeit.

 

Meine Tipps

Tipps

Realistisch gesehen, spielen die meisten Seminarinhalte aus dem Studium heute für meinen Berufsalltag keine besonders große Rolle mehr. Trotzdem möchte ich sie nicht missen, weil sie mich persönlich weitergebracht haben und meinen Blick auf die Welt verändert haben. Hin und wieder tauchen aber auch Anwendungsmöglichkeiten auf, die so nicht zu erwarten waren: ich habe mich im Studium beispielsweise mit Ernährung auseinandergesetzt, was in Zusammenhang mit Küchenmaschinen durchaus hilfreich war. Ich kann deshalb nur raten, Seminare zu belegen, die man inhaltlich spannend findet, auch wenn sie vielleicht nicht so gut in den Stundenplan passen. Die Chancen, dass einige dieser Interessen auch im Beruf eine Rolle spielen, stehen nicht so schlecht.

Wichtig finde ich, möglichst viel Praxis ins Studium zu bringen: Mich hat es enorm weitergebracht, in Praktika und Nebenjobs auszuprobieren, was zu mir passt. Den Umgang mit Adobe InDesign, Photoshop, Typo3 und Korrekturzeichen habe ich an der Uni gelernt. Das ist wichtiges Handwerkszeug und hilft bei der Jobsuche und im Berufsalltag.

Wichtig ist für mich immer gewesen, den abstrakten, akademischen Inhalten (die mir sehr viel Spaß gemacht haben, auch wenn der Text vielleicht einen anderen Eindruck vermittelt) pragmatisch, praktische Überlegungen zur Seite zu stellen. Man hat in unserem Studium die Zeit und die Möglichkeiten, Inhalte zu wählen, die einen persönlich interessieren und weiterbringen – das ist ein Privileg, das man unbedingt nutzen sollte! Bei allem Ausprobieren, halte ich es aber für sinnvoll, ein paar Ziele zu definieren, auf die man sich konzentriert. So habe ich meiner Ausbildung Struktur gegeben, war aber flexibel genug, Irrtümer zu korrigieren.

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