BiKSplus_3-18: Langfristige Bedeutung früher Entwicklungen und Bildungserfahrungen in Kindergarten und Familie für den Bildungs- und Lebenserfolg junger Erwachsener im Alter von 18 Jahren
(gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF))
Projektleitung:
Prof. Dr. Sabine Weinert in Kooperation mit Dr. Simone Lehrl und Prof. Dr. Hans-Günther Roßbach
Wissenschaftliche Mitarbeiterinnen:
Dr. Anna Volodina, Dipl.-Soz. Loreen Beier
Laufzeit:
1. Juli 2019 - 30. Juni 2021
BiKSplus_3-18 ist die erste nationale Studie, die sich mit der langfristigen Bedeutung früher Kompetenzen und Erfahrungen in den Lernumwelten Familie und Kindergarten für verschiedene Entwicklungsbereiche im frühen Erwachsenenalter beschäftigt.
Die Studie startete im Jahr 2005 mit 547 Kindern im Alter von rund drei Jahren, ihren Familien und dem pädagogischen Personal in den Kindergärten und wurde bis zum Ende der Grundschulzeit der Kinder fortgeführt. Kinder, Eltern, Erzieherinnen und Grundschullehrkräfte wurden über diesen Zeitraum wiederholt befragt und um ihre Einschätzung zu bildungsrelevanten Themen gebeten.
Die Ergebnisse der ersten Studie zeigten, dass die Kompetenzen im schriftsprachlichen Bereich (z. B. Kenntnis von Buchstaben, Erkennen von Reimen), die vor der Einschulung erlangt wurden, mit der Lesegeschwindigkeit in der 2. Klasse in Beziehung stehen. Darüber hinaus deuten die Ergebnisse der BiKS-Studie darauf hin, dass die Qualität des Kindergartens nicht nur mit den frühen mathematischen Kompetenzen im Kindergartenalter (z.B. Zählen und Erkennen von Mengen), sondern auch mit den fortgeschrittenen mathematischen Kompetenzen im Grundschulalter (Addieren und Subtrahieren) in Beziehung steht.
Ob diese Beziehungen auch noch nach dem Übergang auf die weiterführenden Schulen zu entdecken sind, wurde im Rahmen der fortgeführten Studie BiKSplus [3-13] untersucht.
Diesmal wurden 454 Kinder und ihre Eltern, die an der Studie bereits teilgenommen haben, im Herbst/Winter 2015/2016 im Rahmen eines Besuchs zu Hause erneut befragt. Die Kinder befanden sich zu diesem Zeitpunkt größtenteils in der 7. bzw. 8. Klasse und waren 12 bzw. 13 Jahre alt. Im Vordergrund bei der Befragung standen Aspekte der sprachlichen, mathematischen und sozial-emotionalen Entwicklung, die Zufriedenheit mit der Schule, dem Freundeskreis und dem Leben sowie Aspekte der Freizeitgestaltung und der schulischen Leistungen.
Die Ergebnisse zeigen, dass die häusliche Lernumwelt im Vorschulalter (z. B. gemeinsames Bilderbuch betrachten, interaktives Vorlesen) mit späteren mathematischen und lesebezogenen Kompetenzen im Alter von 12/13 Jahren zusammenhängt. Auch die Kindergartenqualität erweist sich als nachhaltig bedeutsam für mathematische Kompetenzen, aber auch für den sozial emotionalen Bereich: Kinder, die eine vergleichsweise besser Qualität im Kindergarten erfahren haben, d.h. eine auf das Wohlbefinden des Kindes gerichtete Gestaltung der Räume und Interaktionen, z. B. vielfältige Aktivitäten und Material im Bereich Mathematik, weisen höhere mathematische Kompetenzen und weniger Verhaltensprobleme im Alter von 12/13 Jahren auf.
Das Ziel der Studie BiKSplus_3-18 war es, die langfristige Bedeutung der Qualität frühkindlicher Bildung in Kindergarten und Familie und der frühen kindlichen Kompetenzentwicklung für Bildungs- und Lebenserfolg im frühen Erwachsenenalter herauszustellen und mehr Erkenntnisse über mögliche Wirkmechanismen (z. B. Kumulierung der Lernerfahrungen über die Lebenspanne) in diesem Zusammenhang zu gewinnen.
Konkret wurden die langfristigen Effekte der früheren Lernumwelten auf die kognitiven Bereiche der Entwicklung und Bildungsverläufe (z. B. erfolgreicher Schulabschluss), auf die sozial-emotionale Kompetenzen (z. B. pro-soziales Verhalten) und auf die nicht-kognitiven Bereiche (z. B. kulturelle Aktivitäten) untersucht. Dabei wurden bei allen Fragestellungen die Bedeutung früher kindlicher Kompetenzen einbezogen.
Für die pädagogische Praxis dienen die Befunde nun dazu, Aussagen darüber treffen zu können, welche Kompetenzen schon früh verstärkt gefördert werden können und diejenigen Merkmale qualitativ guter Kindergärten und jene Faktoren in den Familien zu bestimmen, die geeignet sind, Kinder bestmöglich zu fördern.
Die erneute Datenerhebung ermöglichte durch das Vorliegen der bereits vorhandenen, qualitativ hochwertigen Längsschnittdaten eine Analyse von Entwicklungsverläufen von Kindern im Alter zwischen 3 und 18 Jahren und der Effekte ihrer individuellen Lernumwelten für den späteren Bildungs- und Lebenserfolg, insbesondere in Relation zur Bedeutsamkeit der Lernumwelten und Entwicklungen im Grund- und Sekundarschulalter.
Für die Untersuchung der Fragestellung wurden diejenigen Eltern und ihre Kinder erneut um die Teilnahme an der Studie gebeten, die bislang an den früheren Erhebungen teilgenommen haben und zu einem weiteren Messzeitpunkt im Frühjahr 2020 erneut befragt. Die Jugendlichen/jungen Erwachsenen befanden sich zu großem Teil in der Mitte der 12. Klasse bzw. dem zweiten Ausbildungsjahr. Sie wurden zu ihrer Bildungskarriere und ihren weiteren Plänen sowie ihrem Sozial- und Gesundheitsverhalten befragt. Die Eltern wurden gebeten, ebenfalls Angaben zum Bildungshintergrund, zur häuslichen Unterstützung und zum Sozial- und Gesundheitsverhalten ihrer Kinder im Sinne einer Multiinformantenperspektive zu vervollständigen.
Wir danken den beteiligten Jugendlichen/ jungen Erwachsenen, ihren Eltern für ihre Unterstützung und Kooperation, ohne die diese Studie nicht möglich gewesen wäre.
Ausgewählte Publikationen:
Anders, Y., Roßbach, H.-G., Weinert, S., Ebert, S., Kuger, S., Lehrl, S., & von Maurice, J. (2012). Home and preschool learning environments and their relations to the development of early numeracy skills. Early Childhood Research Quarterly, 27, 231-244. doi.org/10.1016/j.ecresq.2011.08.003
Ebert, S., Lehrl, S., & Weinert, S. (2020). Differential effects of the home language and literacy environment on child language and theory of mind and their relation to socio-economic background. Frontiers in Psychology, 11, 555654. doi.org/10.3389/fpsyg.2020.555654
Lehrl, S. (2018). Qualität häuslicher Lernumwelten im Vorschulalter. Eine empirische Analyse zu Konzept, Bedingungen und Bedeutung. Springer: Wiesbaden.
Lehrl, S., Ebert, S., Blaurock, S., Roßbach, H.-G., & Weinert, S. (2020). Long-term and domain-specific relations between the early years home learning environment and students’ academic outcomes in secondary school. School Effectiveness and School Improvement, 31, 102-124. doi.org/10.1080/09243453.2019.1618346
Lehrl, S., Kluczniok, K., & Roßbach, H.-G. (2016). Longer-term associations of preschool education: The predictive role of preschool quality for the development of mathematical skills through elementary school. Early Childhood Research Quarterly 36, 475-488. doi.org/10.1016/j.ecresq.2016.01.013
Lockl, K., Ebert, S,. & Weinert, S. (2017). Predicting school achievement from early theory of mind: Differential effects on achievement tests and teacher ratings. Learning and Individual Differences, 53, 93-102. doi.org/10.1016/j.lindif.2016.11.007
Rose, E., Lehrl, S., Ebert, S., & Weinert, S. (2018). Long-term relations between language and socioemotional development: The role of the home literacy environment. Early Education and Development, 29, 342-356. doi.org/10.1080/10409289.2017.1409096
Rose, E., Weinert, S., & Ebert, S. (2017). The roles of receptive and productive language in children’s socioemotional development. Social Development, 27, 777-792. doi.org/10.1111/sode.12317
Schmerse, D., Anders, Y., Flöter, M., Wieduwilt, N., Roßbach, H.-G., & Tietze, W. (2018). Differential effects of home and preschool learning environments on early language development. British Educational Research Journal, 44, 338-357. doi.org/10.1002/berj.3332
von Maurice, J., Artelt, C., Blossfeld, H.-P., Faust, G., Rossbach, H.-G., & Weinert, S. (2007). Bildungsprozesse. Kompetenzentwicklung und Formation von Selektionsentscheidungen im Vor- und Grundschulalter. Überblick über die Erhebung in den Längsschnitten BiKS-3-8 und BiKS-8-12 in den ersten beiden Projektjahren. Retrieved from hdl.handle.net/20.500.11780/440