Das unsichtbare Transkarpatien. Europäische Grenzregionen als Forschungsproblem und -gegenstand

Projektleitung:

Prof. Dr. Sandra Birzer, Slavische Sprachwissenschaft

Prof. Dr. Andreas Dix, Historische Geographie

Prof. Dr. Werner Scheltjens, Digitale Geschichtswissenschaften

 

Die Region Transkarpatien findet in der Öffentlichkeit wie in der kulturellen Forschung wenig Beachtung, obwohl sie sich in der Mitte Europas befindet. Es ist eine unsichtbare Grenzregion. Es gibt in Europa viele solche Grenzregionen, die immer mal wieder im öffentlichen Bewusstsein auftauchen und danach wieder in die Unsichtbarkeit “absinken”. Grenzregionen wie Transkarpatien sind wie Laboratorien für die Erforschung von gesellschaftlichen Strukturen und deren Langzeitentwicklung. Sie werden durch die Unbeständigkeit ihrer territorialen Zugehörigkeit geprägt, die sowohl Adaptations- als auch Abgrenzungsprozesse hervorruft. Die Pluralität, die Grenzregionen kennzeichnet, ist Forschungsproblem und Forschungsgegenstand zugleich.
Durch ihren inhärent transnationalen und territorial unbeständigen Charakter stellen Grenzregionen ein Forschungsproblem im wahrsten Sinne des Wortes dar. Grenzregionen passen nicht in die üblichen, territorial bedingten Muster für Erinnerungsinstitutionen (memory institutions) und deren Verwaltungssysteme, egal ob es nun um die physische Behörde oder die Erschließung von Kulturgütern mit Metadaten geht. Entsprechend schwierig gestaltet sich die Suche nach Materialien für die Erforschung einer solchen Region. Mithilfe von angepassten, in gewisser Weise 'findigen' digitalen Methoden, wird es jedoch möglich sein, die Unsichtbarkeit der Grenzregion Transkarpatien als Chance zu begreifen, d.h. als Testcase für die Erforschung der Auswirkungen von territorial bedingten Verwaltungspraktiken auf die digitale Verwaltung von transnationalen Kulturgut.
Zugleich ist Transkarpatien ein höchst relevanter Forschungsgegenstand. Im Herzen Europas, aber gleichzeitig in jedem Land an der Peripherie, bietet die Geschichte Transkarpatiens einzigartige Möglichkeiten für die Erforschung des Umgangs der Bewohner dieser Region mit ihrer eigenen Geschichte(n), Sprache(n) und Kultur(en). Ausgehend von der Geschichte der Region im langen 19. Jahrhundert werden wir untersuchen, welche Gestaltungs- und Veränderungsprozesse sich in der Region vollzogen haben und wie diese sich bis in die heutige Zeit auswirken. Mit unserem Projekt möchten wir so einen grundlegenden Beitrag zur Erforschung dieser einzigartigen Region liefern, was aufgrund ihrer Unsichtbarkeit nur mit vereinten, interdisziplinären Kräften gelingen kann.