Karrierechancen durch internationale Arbeitserfahrung verbessern
Doktorandinnen und Doktoranden für interdisziplinäres EU-Forschungsprojekt gesucht
Verbessern sich die beruflichen Aussichten eines deutschen Elektrikers, nachdem er fünf Jahre lang in Mikronesien gearbeitet hat? Oder freuen sich Arbeitgeber in Großbritannien, wenn eine britische Apothekerin drei Jahre in Deutschland tätig war? Welche Auswirkungen ein mehrjähriger Auslandsaufenthalt auf die Karriere im Ausland und im Heimatland hat, ist eine der Fragestellungen des internationalen Forschungsprojekts GLOMO – Global mobility of employees.
Die Europäische Kommission fördert das Projekt mit insgesamt etwa vier Millionen Euro über die Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahmen im Förderprogramm Horizont 2020 unter der Förderlinie excellent science. Zusammen mit fünf weiteren europäischen Partneruniversitäten, dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung und Airbus erforscht die Universität Bamberg Arbeitnehmermobilität aus betriebs- und volkswirtschaftlicher, soziologischer und politikwissenschaftlicher Perspektive. „Es ist ein unbeschreiblicher Erfolg, nach der aufwändigen Vorbereitung zu den knapp fünf Prozent zu gehören, deren Antrag bewilligt wurde“, so Prof. Dr. Maike Andresen, Projektkoordinatorin und Inhaberin des Lehrstuhls für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Personalmanagement und Organisational Behaviour, an der Universität Bamberg. Denn von 1.718 eingereichten Anträgen im Jahr 2017 fördert die Europäische Kommission nur 127 Projekte, davon neun im kompetitivsten Bereich Social Sciences and Humanities.
Interdisziplinäre Forschung betreiben
Das Ziel von GLOMO ist in erster Linie, zusammen mit 15 herausragenden Doktorandinnen und Doktoranden zwischen September 2018 und August 2021 vier Aspekte der Arbeitnehmermobilität interdisziplinär zu erforschen: Erstens, wie die Karriere vor dem Auslandsaufenthalt verlief. Daran anknüpfend, wie sich das Karrierekapital während der Auslandstätigkeit entwickelt, beispielsweise fachliche und kommunikative Fähigkeiten. Drittens erforscht das Forschungskonsortium den Wert dieses Karrierekapitals nach Rückkehr ins Heimatland. Und schließlich geht es darum, wie sich die Auslandserfahrung auf die persönliche Identität auswirkt. Mit unterschiedlichen wissenschaftlichen Methoden, von Interviews bis hin zu quantitativen Datenerhebungen, untersuchen die Forscherinnen und Forscher jede dieser vier Fragenkomplexe aus individueller, organisationaler und gesamtgesellschaftlicher Perspektive.
So spielt bei den Forschungen zum Karriereverlauf vor dem Auslandsaufenthalt zunächst die individuelle Ebene eine Rolle, also wie die Motivation für den einzelnen entsteht, ins Ausland zu gehen. Dann geht es auf der Organisationsebene darum, wie Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber die Auslandserfahrung bewerten. Auf gesamtgesellschaftlicher Ebene wird zum Beispiel die nationale Ausländerfreundlichkeit im Einwanderungsland betrachtet.
Internationalität erforschen und erleben
Die beteiligten Doktorandinnen und Doktoranden werden sowohl lokal an den einzelnen Universitäten als auch über netzwerkweite Seminare in strukturierter Weise ausgebildet. Auch machen sie selbst die Auslandserfahrungen, die sie erforschen. Denn eine Voraussetzung ist, dass nationale Bewerberinnen und Bewerber vor dem Start im Programm bereits mindestens zwölf Monate innerhalb der letzten drei Jahre im Ausland verbracht haben, sofern sie im Heimatland bleiben möchten. Wer diese Erfahrung nicht vorweisen kann, hat die Möglichkeit, für die Doktorarbeit auszuwandern. Darüber hinaus werden die Doktorandinnen und Doktoranden weitere zehn Monate im Rahmen von Auslandseinsätzen, sogenannten Secondments, in verschiedenen Ländern verbringen.
Insgesamt stehen 15 Stellen für Doktorandinnen und Doktoranden zur Verfügung, unter anderem in Großbritannien und Finnland. Bis zum 28. Februar 2018 können sich Interessierte aus der ganzen Welt hier für die bereits festgelegten Teilprojekte bewerben. Sie alle arbeiten gemeinsam an GLOMO, wobei jede Doktorandin und jeder Doktorand mit der eigenen Dissertation einen Beitrag leistet. „Das wird die Herausforderung werden“, erklärt Maike Andresen. „Im Prinzip ist das EU pur: Jeder hat seine Freiheiten und jeder muss sich unter dieses Dach einfügen.“ Jede Doktorandin und jeder Doktorand hat mindestens drei Betreuende aus unterschiedlichen Ländern und arbeitet auch mit mindestens einer anderen Doktorandin oder einem anderen Doktoranden eng zusammen. „Das ist eine sogenannte Spaghetti-Organisation: Jeder ist irgendwie mit dem anderen verbunden“, sagt Maike Andresen. Erste Forschungsergebnisse gibt es im Herbst 2019.
Siegel für internationale Arbeitgeber entwickeln
Neben dem interdisziplinären und dem internationalen Aspekt gibt es auch einen praktischen: Das Forscherteam entwickelt ein Audit namens International Employer, also ein Siegel für Arbeitgeber, die sehr gute Arbeitsbedingungen für internationale Mitarbeiter bieten. Dafür entwirft das Forschungskonsortium einen Kriterienkatalog, den es erstmals beim Praxispartner Airbus anwenden wird. Kriterien könnten sein: In welcher Sprache reden die Mitarbeiter? Gibt es einen Arbeitsvertrag auf Englisch? Wie viele Ausländer sind schon im Unternehmen beschäftigt? „Ein solches Audit gibt es noch nicht. Hier besteht die Möglichkeit, dass die Doktorandinnen und Doktoranden anschließend eine Organisation gründen“, führt Maike Andresen aus.
GLOMO wird auch in anderen Bereichen Wissenschaft und Praxis verbinden: Die Forscherinnen und Forscher des Konsortiums berichten in Schulen von ihren Ergebnissen und bieten Workshops für Unternehmen an. Sie informieren die Öffentlichkeit durch YouTube-Videos. Und zur Abschlusskonferenz in Bamberg sind nicht nur Wissenschaftler, sondern auch Personalmanager, Politikvertreter und die Öffentlichkeit eingeladen.
Weitere Informationen zum Projekt, zur Bewerbung sowie Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner finden Sie auf der Projektseite www.glomo.eu.