Jede oder jeder fünfte Ausgewanderte sieht Vorteile in der Pandemie: Eine Bamberger Psychologin hat untersucht, wie sich die gegenwärtige Lage auf Beschäftigte aus dem Ausland auswirkt (17.03.2021)

Sie leben in einem fremden Land, machen sich mit einer neuen Sprache und Kultur vertraut, haben wenige Freundschaften in ihrer Umgebung geknüpft: Versetzt man sich in Beschäftigte aus dem Ausland hinein, könnte man vermuten, dass die Corona-Pandemie sie besonders hart trifft. Wie geht es ihnen tatsächlich? „Überraschenderweise findet jede oder jeder fünfte Ausgewanderte die Auswirkungen der Pandemie positiv – andererseits findet auch ein Viertel unserer Befragten die Situation negativ“, sagt Anh Nguyen, Sozial- und Organisationspsychologin sowie Projektmitarbeiterin an der Universität Bamberg. Sie erforscht gemeinsam mit Prof. Dr. Maike Andresen seit Anfang 2020 im Rahmen des internationalen Forschungsprojekts „GLOMO – Global mobility of employees“, warum Migrantinnen und Migranten langfristig für Unternehmen arbeiten. Nun legen sie Zwischenergebnisse mit Bezug zur Corona-Pandemie vor.

Vor allem Singles bewerten die Pandemie negativ

Zwischen Juli und November 2020 hat Anh Nguyen eine Online-Umfrage unter 707 ausgewanderten Beschäftigten durchgeführt. Die Befragten stammen aus 98 verschiedenen Ländern und leben nun als Migrantinnen und Migranten in Großbritannien, Deutschland oder Frankreich. 21,8 Prozent geben an, dass sich ihr Leben durch die Pandemie verbessert hat. „Die positiv gestimmten Personen freuen sich beispielsweise darüber, dass sie mehr Zeit für ihre Partnerin oder ihren Partner haben“, erklärt Anh Nguyen. „Und sie finden es schön, etwas dazugelernt zu haben – über Technologien oder auch über ihre persönlichen Bedürfnisse, Standpunkte und Handlungen.“ Die Hälfte aller Befragten (50,8 Prozent) sagt, dass sich ihr Leben durch die Pandemie weder verbessert noch verschlechtert habe.

Allerdings nehmen 27,4 Prozent die aktuelle Situation als Verschlechterung wahr. „Manche Menschen machen sich zum Beispiel Sorgen um ihr materielles Einkommen“, erläutert Anh Nguyen. „Insgesamt bewerten vor allem Singles, getrennte oder geschiedene Personen die Pandemie negativ. Das betrifft mehr Frauen als Männer, da Frauen tendenziell zurückgezogener leben und dadurch weniger persönliche Kontakte haben.“ Sie empfiehlt den Unternehmen, gerade diese Arbeitnehmerinnen zu unterstützen: Sie könnten Aktivitäten wie Waldspaziergänge oder gemeinsame Online-Mittagessen organisieren und Frauen vernetzen. Oder sie könnten Rundmails mit Hilfsangeboten verschicken, etwa mit Informationen zu psychologischer Hilfe.

GLOMO – ein interdisziplinäres, europäisches Großprojekt

Die Zwischenergebnisse sind Teil des Gesamtprojekts GLOMO, das von Januar 2018 bis Mai 2022 läuft. In dem interdisziplinären Forschungsprojekt untersucht die Universität Bamberg gemeinsam mit acht europäischen Partneruniversitäten und -organisationen die Arbeitnehmermobilität. Maike Andresen, Inhaberin des Lehrstuhls für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Personalmanagement und Organisational Behaviour, an der Universität Bamberg koordiniert GLOMO. Die Europäische Kommission unterstützt das Projekt mit 3,9 Millionen Euro im Förderprogramm „Horizont 2020“. GLOMO gehört zum Forschungsschwerpunkt „Empirische Sozialforschung zu Bildung und Arbeit“ der Universität Bamberg. Weitere Informationen und aktuelle Meldungen zum Schwerpunkt sind abrufbar unter www.uni-bamberg.de/forschung/profil/bildung-und-arbeit

Weitere Informationen zu GLOMO unter: https://glomo.eu/

https://www.uni-bamberg.de/presse/pm/artikel/corona-auswirkungen-ausgewanderte/
Quelle: BAGSS/Universität Bamberg

Weiterführende Informationen für Medienvertreterinnen und -vertreter:

Kontakt für inhaltliche Rückfragen:
Anh Nguyen
Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Projekt GLOMO
anh.nguyen(at)uni-bamberg.de

Prof. Dr. Maike Andresen
Inhaberin des Lehrstuhls für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Personalmanagement und Organisational Behaviour
maike.andresen(at)uni-bamberg.de

Hinweis: Derzeit sind die Ansprechpartnerinnen ausschließlich per Mail erreichbar. Sie melden sich aber gerne zeitnah bei Ihnen!

Medienkontakt:
Patricia Achter
Projektstelle Forschungskommunikation
Tel.: 0951/863-1146
forschungskommunikation(at)uni-bamberg.de

Expatriates in der Pandemie: Zwei Seiten der gleichen Medaille (17.03.2021)

Ist die Pandemie immer schlecht für die Lebensqualität von Expatriates? Eine Studie, die unter Expatriates in drei europäischen Ländern durchgeführt wurde, zeigt, dass die Antwort lautet: „nicht unbedingt“.

Das Forschungsteam führte eine Umfrage durch, in der mehr als 700 erwerbstätige Expatriates im Vereinigten Königreich, Frankreich und Deutschland gebeten wurden, die Auswirkungen der Pandemie auf ihre Lebensqualität zu bewerten. Zu den Themen gehörten materieller Komfort, Gesundheit und Sicherheit, Beziehungen (zur engeren und weiteren Familie, zu Freunden), Elternschaft, Lernen und Entwicklung, Selbsterkenntnis, Arbeit, Hilfe für andere, Sozialisierung und Erholung.

Die Ergebnisse der Studie zeigten einige unerwartete Muster in Bezug auf die Auswirkungen der Pandemie auf das Leben der Expatriates. Die Mehrheit (50,8 %) fühlte sich im Allgemeinen nicht betroffen. 21,8 % der Befragten gaben jedoch überraschenderweise an, dass die Pandemie ihre Lebensqualität verbessert hat, insbesondere in Bezug auf Lernen und Entwicklung, Selbsterkenntnis und die Beziehung zu ihrem Partner, und dass sie ihre Arbeit schätzen gelernt haben. Interessant war, dass Expatriates, die entsandt wurden, und verheiratete Expatriates eher in diese Gruppe fielen. Die Pandemie hat diese Expatriates möglicherweise dazu veranlasst, ihr Wissen und ihre Nutzung verschiedener Tools für die Zusammenarbeit und Kommunikation per Fernzugriff zu verbessern, und sie vor charakterbildliche Herausforderungen im Umgang mit Unsicherheit und Krisen gestellt. Darüber hinaus könnten die Lockdown-Situationen den Fokus der Expatriates von der „äußeren“ auf die „innere“ Welt verlagert haben, wodurch sich ihre Beziehungen zu den Familienmitgliedern verbesserten und sie zu mehr Selbsterkenntnis „gezwungen“ wurden, was ihnen half, ihr Privat- und Berufsleben in Einklang zu bringen.

Im Gegensatz dazu ist es erwähnenswert, dass die Pandemie etwa ein Viertel der Befragten schwer und negativ beeinträchtigt hat. Die am stärksten beeinträchtigten Aspekte waren Gesundheit und persönliche Sicherheit, materieller Wohlstand, Beziehungen zu Familienmitgliedern und Freunden, soziale Kontakte und Freizeitgestaltung. Insbesondere weibliche Expatriates sowie männliche und weibliche Expatriates, die allein leben (alleinstehend, getrennt lebend oder geschieden), schienen besonders gefährdet zu sein. Das Forschungsteam empfiehlt daher den Unternehmen, diesen Gruppen besondere Aufmerksamkeit zu schenken und ihnen Unterstützung für ihre unbefriedigten Bedürfnisse anzubieten. So könnten Unternehmen beispielsweise allein lebenden Expatriates mehr Möglichkeiten bieten, mit Kolleginnen und Kollegen in Kontakt zu treten, auch virtuell und informell. Sie könnten auch regelmäßige Folgemaßnahmen und Aktualisierungen über den aktuellen Stand der Pandemie in ihrem Gastland verlangen. Darüber hinaus kann die Einrichtung eines Frauennetzwerks eine gute Ressource für weibliche Expatriates sein, in dem sie Kontakte knüpfen, sich austauschen und gegenseitig unterstützen können.

Kontakt des Forschungsteams:

Prof. Dr. Maike Andresen,Lehrstuhl für Personalmanagement und Organisational Behaviour, Universität Bamberg, Deutschland/ GLOMO Projektkoordinatorin

Anh Nguyen, M.Sc., Early Stage Researcher, GLOMO Projekt

Tel.: 0049 951 863 2570, E-Mail: wellbeingexpatriates.bwl-personal(at)uni-bamberg.de.

Diese Forschung wurde durch das Forschungs- und Innovationsprogramm H2020 der Europäischen Union im Rahmen der Marie-Skłodowska-Curie-Vereinbarung Nr. 765355 finanziert.

Foto © Cherrydeck

Autorinnen: Prof. Dr. Maike Andresen, Anh Nguyen (M.Sc.), Blanca Suarez-Bilbao (M.Sc.)

Übersetzt aus dem Englischen

Ausländische Mitarbeitende langfristig binden: Wie Unternehmen Migrantinnen und Migranten integrieren – Zwischenergebnisse einer Studie der Universität Bamberg (23.06.2020)

Aus welchen Gründen arbeiten Migrantinnen und Migranten langfristig für Organisationen und Unternehmen? Das erforscht Sozial- und Organisationspsychologin Anh Nguyen an der Universität Bamberg im Rahmen des internationalen Forschungsprojekts „GLOMO – Global mobility of employees“. GLOMO besteht aus ihrer und 14 weiteren Teilstudien. „Neben der umfangreichen Grundlagenforschung ist eines der praktischen Ziele von GLOMO, ein Audit beziehungsweise Siegel zu entwickeln, das Organisationen honoriert, die sehr gute Arbeitsbedingungen für internationale Mitarbeitende bieten“, erklärt GLOMO-Projektkoordinatorin Prof. Dr. Maike Andresen von der Universität Bamberg. Für das Audit erstellt das Forschungsteam einen Kriterienkatalog, an dem Anh Nguyen mitarbeitet. Jetzt liegen erste Zwischenergebnisse ihres Teilprojekts vor, woraus sie Empfehlungen für langfristige, internationale Arbeitsverhältnisse ableitet.

Organisationen sollten bei der Integration helfen

Anh Nguyen hat 55 Studien über Migration systematisch gesichtet und bewertet. Um ausländische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter langfristig zu binden und von ihrer Leistungsfähigkeit profitieren zu können, sollten Organisationen nicht nur das berufliche, sondern auch das private Umfeld berücksichtigen. Aus ihren Analysen schlussfolgert sie: „Je wohler sich eingewanderte Mitarbeitende im Gastland fühlen, desto mehr profitieren Unternehmen: Die Mitarbeitenden erbringen bessere und darüber hinaus freiwillige, konstruktive Leistungen.“ Um das zu erreichen, sollten Organisationen diese dabei unterstützen, sich im Gastland einzuleben. Sie können Sprachkurse anbieten oder auch einen Newsletter verschicken, in dem sie wichtige soziale und kulturelle Ereignisse in der Gegend vorstellen. „Bei solchen Veranstaltungen haben Mitarbeitende die Möglichkeit, mit Einheimischen zu sprechen, um die lokale Kultur und die gesellschaftlichen Normen besser zu verstehen“, erläutert Anh Nguyen.

Neben dem betrieblichen und privaten Umfeld spielt die Familie eine Schlüsselrolle für Bindung und Leistungsfähigkeit: „Migrantinnen und Migranten lernen zum Beispiel durch ihre Kinder einheimische Eltern kennen. Auch Partner helfen sich gegenseitig, ihren Freundes- und Bekanntenkreis zu erweitern. Hier entstehen nicht nur wichtige soziale Netzwerke, sondern Familie und Bekannte sind gleichzeitig wichtige Ressourcen, die Stress reduzieren helfen.“ Anh Nguyen empfiehlt Organisationen daher, in Zusammenarbeit mit Einwanderungsbehörden Familienmitglieder zusammenzuführen. Ebenso wichtig sei es, Kontakte zu Arbeitsagenturen und beruflichen Netzwerken pflegen, um die Partner ihrer Mitarbeitenden bei der Arbeitssuche zu unterstützen. „Möglich ist auch, dass Unternehmen bei der Wohnungssuche oder im Gesundheits- und Bildungswesen ihre Unterstützung anbieten“, rät die Doktorandin.

„Wichtig ist, die eigene Komfortzone zu verlassen“

Was können Einwanderer selbst tun, um sich in der neuen Umgebung einzugewöhnen? „Wichtig ist, die eigene Komfortzone zu verlassen, um Land, Kultur und Menschen besser kennenzulernen“, so Anh Nguyen. „Unbekannte Regeln und Verhaltensweisen können erstmal einen Kulturschock hervorrufen. Man sollte lernen, ungewohnte Erlebnisse positiv zu sehen. Nur so entwickelt man kulturelle Intelligenz.“ Zum Beispiel sei sie es als gebürtige Vietnamesin gewöhnt, auf subtile Weise mit anderen Menschen zu sprechen. Sie habe aber gelernt, direkter zu kommunizieren, als sie Personalmanagerin in den Niederlanden war. Diese Fähigkeit helfe ihr nun auch in Deutschland.

Als nächstes führt Anh Nguyen eine Umfrage unter Personalmanagern, Vorgesetzten und ausländischen Mitarbeitenden in Europa durch: Sie möchte mit eigenen Erhebungen nachweisen, welche Voraussetzungen nötig sind, um Migrantinnen und Migranten an Unternehmen zu binden. Die Daten erhebt sie bis Ende 2020, im kommenden Jahr wertet sie diese aus.

Das gesamte Projekt GLOMO läuft von Januar 2018 bis Dezember 2021. In dem interdisziplinären Forschungsprojekt erforscht die Universität Bamberg mit acht europäischen Partneruniversitäten und -organisationen die Arbeitnehmermobilität. Neben Anh Nguyen gibt es an der Universität Bamberg momentan noch eine weitere Doktorandin im Projekt GLOMO. Es wird von der Europäischen Kommission mit 3,9 Millionen Euro im Förderprogramm „Horizont 2020“ unterstützt.

Weitere Informationen zu GLOMO unter:
www.uni-bamberg.de/news/artikel/glomo-doktorandenstellen-2018
https://glomo.eu/

Maike Andresen und Anh Nguyen arbeiten im Forschungsschwerpunkt „Empirische Sozialforschung zu Bildung und Arbeit“ der Universität Bamberg. Weitere Informationen und aktuelle Meldungen zum Schwerpunkt finden Sie unter www.uni-bamberg.de/forschung/profil/bildung-und-arbeit

https://www.uni-bamberg.de/presse/pm/artikel/auslaendische-mitarbeitende-langfristig-binden/
Quelle: BAGSS/Universität Bamberg

Weiterführende Informationen für Medienvertreterinnen und -vertreter:

Kontakt für inhaltliche Rückfragen:
Prof. Dr. Maike Andresen
Inhaberin des Lehrstuhls für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Personalmanagement und Organisational Behaviour
maike.andresen(at)uni-bamberg.de

Anh Nguyen
Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Projekt „GLOMO“
anh.nguyen(at)uni-bamberg.de

Hinweis: Derzeit sind die Ansprechpartnerinnen ausschließlich per Mail erreichbar. Sie behalten ihren E-Mail-Account regelmäßig im Blick und rufen gerne zeitnah zurück.

Medienkontakt:
Patricia Achter
Projektstelle Forschungskommunikation
Tel.: 0951/863-1146
forschungskommunikation@uni-bamberg.de