Überbeschäftigung (Overemployment)
Inhalt und Ziele
Verschiedene Arbeits(zeit)trends prägen unser digitales Zeitalter. Zum einen erfahren Beschäftigungsverhältnissen eine immer größer werdende Flexibilisierung, die sich z. B. in Form von Remote Work und atypischen Beschäftigungsverhältnissen zeigt. Zum anderen dominieren für viele Arbeitnehmende hohe Anforderungen in Bezug auf ihre zeitliche Präsenz und Verfügbarkeit. Die Arbeitszeitfreiheit rückt in den Vordergrund, während das 9-to-5 Arbeitszeitmodell an Bedeutung verliert.
Im Forschungsprojekt wird untersucht, wie sich verschiedene Arbeitszeiten und Arbeitszeitmodelle auf das Wohlbefinden von Beschäftigten und auf ihr Arbeitserleben auswirken. Ein Teilprojekt hieraus beschäftigt sich mit der Messung und den Korrelaten individueller Überbeschäftigung (Overemployment). Dabei wird untersucht, wie Overemployment von Beschäftigten definiert und erlebt wird. Zudem werden mögliche Ursachen für Overemployment analysiert sowie die Konsequenzen von Overemployment für das Wohlbefinden und die Arbeitseinstellungen von Arbeitstätigen erforscht.
Projektziele
- Definition und Theorieentwicklung zu Arbeitszeitfreiheit und Overemployment.
- Entwicklung verbesserter Messinstrumente z. B. zum Thema Overemployment zum Einsatz in Forschung und Praxis.
- Erforschung von individuellen und organisationalen Ursachen von Overemployment.
- Identifikation der Auswirkungen von flexiblen Arbeitszeitmodellen auf das Arbeitsverhalten verschiedener Personengruppen.
- Erforschung der Zusammenhänge zwischen Arbeits(zeit)bedingungen und dem subjektiven Wohlergehen, der Arbeitsleistung (u. a. auch Extrarollenverhalten), der Arbeitszufriedenheit und der Bindung an den Arbeitgeber bzw. die Arbeitgeberin.
- Entwicklung praxisrelevanter Handlungsimplikationen zur Erhöhung der Zufriedenheit von Erwerbstätigen und Steigerung organisationaler Wettbewerbsfähigkeit.
Methode
Qualitative Methoden, z. B. Grounded Theory, werden verwendet, um einen intensiven Einblick in die Sicht der betroffenen Erwerbstätigen auf Arbeitszeitthematiken zu erhalten. Ziel ist es hierbei vor allem das Phänomen Arbeitszeit und dessen Bedeutung aus der individuellen Sicht besser zu begreifen. Quantitative Methoden werden verwendet, um genauere Aussagen über systematische Zusammenhänge zwischen Arbeitszeit(modellen) und subjektiven Wohlergehen, Arbeitsleistung, Arbeitszufriedenheit und Bindung an die arbeitgebende Organisation, zu treffen.
(Source: Unsplash.com)
Gesellschaftliche Relevanz und Nutzung der Ergebnisse
Arbeitszeit nimmt einen wesentlichen Teil unserer Lebenszeit ein. Ihre Gestaltung ist damit nicht nur eine Kernfrage des Personalmanagements, sondern auch jedes Einzelnen, wie wir unser Leben an sich gestalten wollen. Aus der Beschäftigung mit den Themen Arbeitsflexibilisierung, Arbeitszeitfreiheit, Überbeschäftigung und deren Korrelate können sowohl Implikationen für Arbeitnehmende als auch für Arbeitgebende abgeleitet werden. Besonders die Identifikationindividueller und organisationaler Faktoren, die die Zufriedenheit mit der Arbeitszeit bedingen, hat hierbei einen entscheidenden Stellenwert. Somit leistet das Forschungsprojekt einen hochrelevanten Beitrag zum Umbau einer zukunftsweisenden Strukturierung von Arbeit.
Bamberger Kompetenzen
Das Thema „Arbeitszeit“ ist ein interdisziplinär relevantes Thema. Die Verknüpfung psychologischer, soziologischer und betriebswirtschaftlicher Theorien und Forschungsmethoden stellt einen innovativen Forschungsansatz dar, der eine differenzierte Analyse ermöglicht und auf diese Weise interdisziplinär Anknüpfungspunkte für weitere Forschung liefert.
Aktuelle Publikationen
Hiemer, J., & Andresen, M. (2019). “Because work time is lifetime” – Employees’ perceptions of individual overemployment, its causes and its consequences. Frontiers in Psychology, 10(1920). https://doi.org/10.3389/fpsyg.2019.01920
Hiemer, J., & Andresen, M. (2019). When less time is preferred: An analysis of the conceptualization and measurement of overemployment. Time & Society, 29(1),74-102. https://doi.org/10.1177/0961463X18820736 (1.809 Impact factor 2020)
Andresen, M., Domsch, M. E., & Cascorbi, A. (2007). Working unusual hours and their relationship to job satisfaction – A study of European maritime pilots. Journal of Labor Research, 28(4), 714-734.
Andresen, M. (2009). Das (Un-)Glück der Arbeitszeitfreiheit. Eine ökonomisch-psychologische Analyse und Bewertung. Gabler.
Hiemer, J. (2022). Between desirability and reality. Conceptualization, measurement, causes, and consequences of overemployment. In M. Andresen, & J. Volmer (Eds.), Schriftenreihe „Personalmanagement und Arbeits- und Organisationspsychologie“ (vol. 1). UBP.
Andresen, M. (2015). A look into the future: Is working time freedom apt to add value for different stakeholders? In M. Andresen & C. Nowak (Eds.), Human Resource Management Practices: Assessing Added Value (pp. 107-124). Springer. https://doi.org/10.1007/978-3-319-08186-1_7
Andresen, M., & Adam, L. (2015). Erwartungen an Arbeit, Freizeit und Karriere der Generation Y. In H. Fechtrup, W. Hoye, & T. Sternberg (Eds.), Arbeit – Freizeit – Muße – Über eine labil gewordene Balance (pp. 149-180). Lit.
Andresen, M., & Imhof, S. (2013). Die Messung des Glücks von Arbeitnehmern im Rahmen von Mitarbeiterbefragungen. In M. E. Domsch & D. H. Ladwig (Eds.), Handbuch Mitarbeiterbefragungen, (3rd ed., pp. 289-310). Springer.
Hiemer, J., & Andresen, M. (2017). The multidimensionality of overemployment: Conceptualization, measurement and impact on job satisfaction. In: Proceedings of the 17th conference of the European Academy of Management (EURAM), “Managing Knowledge: Making Knowledge Work”, Glasgow/UK, June 21-24, 2017.
Hiemer, J., & Andresen, M. (2016). Individual overemployment: Employees’ perception of the concept, causes, consequences and corrective actions. In: Proceedings of the 32nd EGOS Colloquium 'Organizing in the Shadow of Power', Naples/Italy, July 7-9, 2016.
Andresen, M., & Hristozova, E. (2004). Does Airbus’ working time account lead to flexicurity? An analysis of hidden costs and benefits. In: Proceedings of the IIRA 2004, 7th European Congress “The Future of Work in Europe”, Lisbon/Portugal, September 7-11, 2004.
Andresen, M., Hristozova, E., & Lieberum, U. (2004). Hidden costs and benefits analysis of flexible working hours: The case of Airbus Germany. In: Proceedings of the European Academy of Management EURAM, 4th Annual Conference, “Governance in Managerial Life”, St. Andrews/UK, May 5–9, 2004.
Andresen, M. (2015). Ergebnisse, nicht Zeit messen. Personalmagazin, 03/15, pp. 18-20.
Andresen, M., & Dochtmann, G. (2015). Arbeitszeitfreiheit: Anforderungen an die Mitarbeiterführung. HR Performance, 01/2015, pp. 32-33.
In the media:
- Schluss jetzt! Überstunden
Interview, text written by Kathrin Halfwassen, impulse, 02/2024, p. 42-47. - Kürzer, besser, glücklicher. Sechs Stunden Arbeit am Tag statt acht – bei gleichem Gehalt: Kann das gutgehen?
Interview, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, No. 1, 05.01.2020, column „Beruf & Chance“, p. 43. - Brauchen Top-Manager einen Gesundheitscoach? Interview, 21.09.2015, http://www.haufe.de/personal/hr-management/gesundheitsmanagement-gesundheitscoach-fuer-topmanager_80_320176.html
- Interview zur Arbeitszeitfreiheit – „Schöpferische Perioden ausschöpfen" Interview, wirtschaft & weiterbildung, 02.01.2015, Rubrik aktuell, S. 9.
- "Schöpferische Perioden ausschöpfen – egal wann" Interview zur Arbeitszeitfreiheit, 04.12.2014, https://www.haufe.de/personal/hr-management/interview-arbeitszeitfreiheit-schoepferische-perioden-ausschoepfen_80_284788.html
- „Führung in Teilzeit ist noch nicht etabliert“ Interview, Südkurier, Nr. 270, 70. Jahr, 22.11.2014
- Maike Andresen über Arbeitszeitfreiheit. „Hauptsache, die Ergebnisse stimmen“. Interview, Text verfasst durch Sylvia Jumpertz, managerSeminare, Heft 200, November 2014, S. 12.
- „Man läuft Gefahr, sich auszubeuten“. Mehr Freiheit oder mehr Überstunden? Bamberger Forscherin über die flexible Gestaltung der Arbeitszeit. Interview, Text verfasst durch Desirée Brenner, Donaukurier vom 11.09.2014
- Die neue Arbeitswelt Text verfasst durch Barbara Kerbel, deutsch perfekt, Heft 7, 2010, 54-57.
- Ära der Unsicherheit Text verfasst durch S. Kretz, M.U. Müller, G. Repinski, J. Tietz, Der Spiegel, Heft 12, 2010, 83-94.