Inwiefern sind die Fähigkeiten zum empathischen Textverstehen von Grundschulkindern mit ihren persönlichen und motivationalen Merkmalen verknüpft und von Formen der Textpräsentation abhängig?

Aktuelle Veröffentlichung in der Zeitschrift Unterrichtswissenschaft

Empathisches Lesen ist nach bisherigen Annahmen eine wichtige Grundlage für die Entwicklung von Lesemotivation, regelmäßigen Lesegewohnheiten und somit von Lesekompetenz im Grundschulalter. Dennoch wurde dieses mit seinen unterschiedlichen Facetten – etwa dem Eintauchen in fiktionale Welten in Geschichten, die Transportation, und dem empathischen Textverstehen, i.S. des kognitiven und emotionalen Nachvollziehens von Situationen von literarischen Figuren – bislang wenig untersucht.

Daher gingen Dr. Nora Heyne und Hanna Hermann am Lehrstuhl für Empirische Bildungsforschung in ihrer aktuellen Studie folgenden Fragestellungen nach:

  1. Zeigen Grundschulkinder beim Anhören einer Geschichte Fähigkeiten zum empathischen Textverstehen und zur Transportation und unterscheiden sich diese in Abhängigkeit von ihren persönlichen Eingangsvoraussetzungen?
  2. Inwiefern stehen die Fähigkeiten von Grundschulkindern zum empathischen Textverstehen und zur Transportation mit ihrer Lesemotivation, ihren Lesegewohnheiten und dem Leseumfang zum Vergnügen im Zusammenhang?
  3. Unterscheiden sich die Fähigkeiten im empathischen Textverstehen und in der Transportation von Grundschulkindern, unter Berücksichtigung ihrer jeweiligen Eingangsvoraussetzungen, in Abhängigkeit von der Präsentationsform literarischer Texte?

Die Ergebnisse zeigten, dass Grundschulkinder in unterschiedlichem Ausmaß Emotionen von in Texten beschriebenen Figuren verstehen und in dargestellte Handlungen eintauchen. Während ältere Kinder dies besser konnten, unterschieden sich ihre Fähigkeiten nicht in Abhängigkeit von dem Geschlecht oder Sprachintergrund. Zudem standen die Fähigkeiten der Kinder, insbesondere die Transportation, überwiegend in positivem Zusammenhang mit verschiedenen motivationalen Merkmalen: So waren Kinder, die stärker in die fiktionale Welt der Geschichte eintauchten, auch die begeisterteren Leserinnen und Leser. Insgesamt zeigten sich für die Kinder keine Unterschiede hinsichtlich des empathischen Textverstehens und der Transportation in Abhängigkeit von der Präsentationsform des Textes und auch Kinder aus jüngeren Klassenstufen oder mit fremdsprachigem Hintergrund profitierten hinsichtlich ihrer Fähigkeiten nicht von Illustrationen zu dem vorgestellten Text. Die Studie lieferte Einblicke zum empathischen Textverstehen sowie zur Transportation von Grundschulkindern und zeigte ebenso offene Fragen auf, etwa zur Bedeutung emotionsbezogenen Wissens für das Verstehen von Texten, die zukünftig zu untersuchen sind.

Die Studie ist einsehbar unter https://doi.org/10.1007/s42010-024-00211-7 und steht als PDF bereit unter https://link.springer.com/content/pdf/10.1007/s42010-024-00211-7.pdf