Elternzeit partnerschaftlich gestalten - Dr. Simon Scheller vom Lehrstuhl Politikwissenschaft berichtet
11 Monate Elternzeit und allein zu Hause mit einem Säugling/Kleinkind – hatten Sie zwischendurch Angst vor der eigenen Courage?
Naja, da meine Frau in dieser Zeit promoviert und meist von zu Hause gearbeitet hat, waren Maja (meine Tochter) und ich zumindest nicht allein daheim. Gleichzeitig hat es mir auch Sicherheit gegeben, dass meine Frau und ich immer ein gutes Team bei der Sache waren. Angst also eigentlich nicht, aber vor dem Eltern-werden an sich schon Respekt.
Was war das Schönste an der Väterzeit?
Natürlich viel Zeit mit meiner Tochter verbringen und Quatsch mit ihr machen zu können. Alles von Anfang an mitzuerleben. Aber auch mal eine Auszeit von der akademischen Welt zu haben.
Was war Ihre Motivation, Elternzeit und Elterngeld in Anspruch zu nehmen?
Ursprünglicher Auslöser war aber zunächst mal unsere besondere berufliche Situation. Meine Frau schreibt gerade ihre Doktorarbeit im Rahmen eines Promotionsstipendiums und deshalb war das Elternzeit nehmen, für sie nicht ganz so einfach und wir haben uns Gedanken über Alternativen gemacht. Für mich war dabei schnell klar, dass ich Lust habe, Elternzeit zu nehmen. Das allererste Lebensjahr ist das bedeutendste für die Entwicklung von (Ur)Vertrauen und Bindung bei einem Kind. An erster Stelle stand für mich deshalb die Chance, von Anfang an für meine Tochter da zu sein und damit auch langfristig eine ganz besondere Vater-Tochter-Beziehung zu ihr aufbauen zu dürfen. Außerdem die Möglichkeit, die Kindererziehung möglichst gleichberechtigt zu gestalten und dafür auch mal ein Jahr Auszeit von der Uniwelt zu nehmen.
Welche Erwartungen hatten Sie an die Elternzeit?
Ohne Arbeitsstress in die neue Rolle als Papa reinzufinden und mich auf die Familie konzentrieren zu können. Das hat glaube ich auch gut funktioniert.
Wie hat Ihr Umfeld auf das Vorhaben reagiert, Väterzeit zu nehmen?
Überwiegend positiv. Im Privaten kamen schon öfters mal doofe Sprüche a la „1 Jahr Urlaub“… Aber das war dann wohl oft auch eher der Neid und hat mir vor Augen geführt, mit welchen Klischees bzw. Rollenbildern wir zu kämpfen haben. Meine Frau wiederum hat manchmal genau das Gegenteil erlebt und wurde schräg beäugt, wenn sie erzählt hat, dass sie nach einer Pause weiterhin an ihrer Arbeit schreiben - durch HomeOffice aber immer verfügbar - und ihr Mann Elternzeit nehmen wird. Aber im Großen und Ganzen war mein Umfeld eher neugierig und fand es gut. Besonders positiv war dabei das Feedback in den ganzen Babykursen, in denen ich eigentlich immer der einzige Mann war.
Im Beruflichen habe ich ebenfalls durchweg bestärkende Rückmeldungen bekommen. Ich bin ja in den neuen Job hier in Bamberg direkt mit Elternzeit gestartet. Das war natürlich für einige nicht ganz einfach und vor allem aufwändig. Insbesondere Prof. Saalfeld und Prof. Marx, für deren Lehrstühle ich unterrichte, haben dennoch von Anfang an positiv reagiert, mich zu 100% unterstützt und während der Elternzeit den Rücken freigehalten. Auch das Eltern-Kind-Büro war immer ein super Ansprechpartner bei der ganzen Sache. Persönlich habe ich deshalb die Uni Bamberg definitiv als familienfreundlich erlebt, insbesondere weil ich das Bewusstsein dafür gespürt habe, dass Familie wichtig ist.
Was hat Sie die Elternzeit gelehrt?
Dass Kinderbetreuung viel Spaß macht aber auch anstrengend sein kann. Das ist konkret einfach etwas anderes, als wenn man als berufstätiger Elternteil auf der Arbeit nur abstrakt weiß, was der andere Part und damit ja meistens die Frau, daheim leistet.
Zweitens, dass junge Mamis sich manchmal selber zu viel Druck machen, gute Mamis sein zu müssen. Dabei haben sie ohnehin schon einen nicht ganz einfachen Job. Viel Verantwortung, wenig Schlaf und Freizeit, oft ein Knick in der Karriere und eine ganze Menge Menschen, die sich einmischen. Und gleichzeitig geben sie alles für ihre Kinder, ohne etwas dafür zu erwarten. Oft wird das einfach als viel zu selbstverständlich angesehen, sodass sie manchmal gar nicht merken, wie super sie ihre Sache machen und wie stolz sie auf sich selbst sein können!
Und drittens, dass Gleichberechtigung trotzdem nicht so einfach ist, wie man manchmal denkt.
Welche Erfahrungen nehmen Sie aus der Elternzeit mit und würden Sie wieder Elternzeit nehmen?
Wickeln, Füttern, Kind rumtragen hab ich drauf. Und die nächste Elternzeit (aber wohl kürzer) kommt demnächst!
Was fehlt in Deutschland noch, damit mehr Väter mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen bzw. längere Elternzeit nehmen?
Noch stärkere finanzielle und strukturelle Anreize. Mehr Home-Office (aber dafür hat Corona ja jetzt gesorgt). Mehr Bewusstsein für Gleichberechtigung bei Männern.
Wir haben ein paar Begriffe vorbereitet, Ergänzen Sie doch mal spontan.
… Mütter: Heldinnen. Hab ich ja schon gesagt ;)
… Pastinaken und Kartoffelbrei: Pastinaken kannte ich noch gar nicht, bevor ich sie dann verfüttert habe.
… Windeln wechseln: Easy. Aber nur wenn das Kind still hält…
… Gleichberechtigung: Wichtig, aber gar nicht so leicht.
… Meine Väterzeit: Eine wunderbare Zeit mit der besten Tochter und der besten Frau und Mama der Welt!