Die romanische Chorturmkirche St. Leonhard in Penk, Landkreis Regensburg

- Bauhistorische, dendrochronologische und restauratorische Untersuchung mit Einordnung in die mittelalterliche Kirchenlandschaft der Oberpfalz.

Bearbeiterin: Dipl. Rest. (FH) Sigrid Engelmann

Betreuer: Prof. Dr.-Ing. Stefan Breitling

 

Gegenstand der Arbeit

Die kleine Chorturmkirche St. Leonhard liegt zwischen Nittendorf und Pielenhofen, 15 km nordwestlich von Regensburg, idyllisch eingebettet in die Flusslandschaft der Naab. Anhand der Eckbuckelquader des Turms wurde die Kirche bisher in die erste Hälfte des 13. Jahrhunderts datiert; Quellen zu ihrer Entstehung und Veränderungen fehlten jedoch bis in das 19. Jahrhundert. Im Frühjahr 2008 stellten Sondierungsgrabungen durch das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege (BLfD) heraus, dass der Turm nachträglich an das Langhaus angebaut worden ist. Der Befund und eine dringend nötige Instandsetzung gaben den Anlass für diese interdisziplinäre Untersuchung. Der Kontakt kam über das BLfD (Dr. Holger Mertens) zum Verein Penker Kircherl e.V. (Vorsitzender Hans Schmid, Pielenhofen) zustande, welcher 2009 zum Erhalt der Kirche gegründet wurde.

 

Methoden

Auf Grundlage einer tachymetrischen Vermessung und einer photogrammetrischen Aufnahme der Wände im Maßstab 1:50 konnten Baufugen und statische Verformungen visualisiert werden. Beobachtungen zur Herstellungstechnik, zu baulichen Befunden und zu Schäden wurden in einem systematischen Befundbuch festgehalten. Mörtelproben wurden im Restaurierungslabor der Universität Bamberg (Leitung Prof. Dr. Rainer Drewello) präpariert und analysiert. Es erfolgte ein Abgleich der bauforscherischen Ergebnisse mit der dendrochronologischen Auswertung von Holzproben, die im Labor der Universität Bamberg unter der Leitung von Dr. Ing. Thomas Eißing vorgenommen wurde.
Im Innenraum wurden Klimamessungen mittels elektronischen Datenloggern sowie Salzanalyen (BLfD) durchgeführt.

 

Bauforscherische Analyse

Die ersten drei der mindestens elf Bauphasen waren Gestalt prägend. Der erste nachweisbare Bau des 12. Jahrhunderts kann als 9 m langer, rechteckiger Saalbau mit einem glatten Abschluss und dem noch vorhandenen Rundbogenportal mit Tympanon rekonstruiert werden. Das im Erdgeschoss 1,10 m dicke Mauerwerk ist in romanischer Bautradition zweischalig aus Kalkbruchsteinen mit Gusskalkmörtel gemauert. Im Westgiebel ist ein erhöhter Zugang ablesbar, der möglicherweise mit einem herrschaftlichen Gebäude verbunden war. Aufgrund von gefundenen Balkenauflagern in den Giebeln kann das Dach als Pfettendach respektive in Kombination mit einem stehenden Stuhl rekonstruiert werden. In der zweiten Phase zwischen dem 13. und 14. Jahrhundert baute man auf den Ostgiebel eine Glockenmauer, in welcher eine kleine Glocke aufgehängt war. Die Dachkonstruktion wurde weiterverwendet. Dabei setzte man über den halbhohen Balkenauflagern neue Balken, welche die Glockenmauer unterstützten. Als Chorturmkirche können wir St. Leonhard anhand der Untersuchungen erst in der gotische Phase ansprechen. Die dendrochronologischen Auswertungen ergaben, dass der Turm 1423 auf den bestehenden Ostgiebel aufgesetzt wurde und im Untergeschoss ein aus Bruchsteinen gearbeitetes Kreuzgratgewölbe erhielt. Den Zugang im Westen mauerte man zu und baute ein kleines Fenster ein. Dabei änderte man auch die Dachkonstruktion, da die Balkenauflager verschlossen und die Giebel aufgemauert wurden. Als Dachkonstruktion kann man ein Kehlbalkendach in seiner heutigen Form annehmen. Auflagerbefunde im Dachstuhl des Turms zeigen, dass schon in dieser Zeit eine Glocke im Turm hing. Die Eckbuckelquader des Turms stammen aufgrund ihrer Form und Bearbeitung aus der staufischen Zeit (1.Hälfte des 13. Jahrhunderts). Jedoch sind sie teilweise nur auf einer Fläche mit Buckel versehen. Sie wurden zweitverwendet und stammen von einer Bauruine aus der Umgebung, vielleicht aus der 500 m entfernt auf einem Felssporn gelegenen und 1316 geschliffenen Burg Löweneck. Die Kirche weist mehrere bauliche Ähnlichkeiten zu Burgkapellen der Region auf und kann daher zur Burg gehört haben.

 

Würdigung

Die Kirche St. Leonhard besitzt besondere Alleinstellungsmerkmale. Sie ist wie nur 20% der Chorturmkirchen der Oberpfalz nahezu komplett in ihrem mittelalterlichen Baubestand erhalten. Der Hauptakzent liegt dabei auf dem liturgisch bedeutsamen Glockenturm. Als ältestes Gebäude des Dorfes ist die Kirche neben dem bauhistorischen Wert auch von großem siedlungs- und religionsgeschichtlichen Interesse. Anhand der Bestattungen um die Kirche lässt sich eine kontinuierliche Dorfgeschichte zurück bis in das frühe Mittelalter ablesen. 1934 fand man beim Ausbau der Straße spätmittelalterliche Votivgaben aus Eisen, was ein Indiz für eine Leonhardiwallfahrt (Gedenktag 6. November) ist, wie gleichartige Funde in der gleichnamigen romanischen Kirche in Perka, Landkreis Kehlheim, belegen. Die Arbeit stellt heraus, dass die Kirche St. Leonhard in ihrer Umgebung einen hohen Authentizitäts- und Denkmalwert besitzt und als wichtiges Beispiel für eine mittelalterliche Chorturmkirche der Oberpfalz eine große Aufmerksamkeit und hohe Anforderungen bei Konservierungsmaßnahmen und dauerhafter Pflege verdient.