Villa Spessa in Carmignano di Brenta (Veneto)
Baukonstruktion und Bautechnik einer vorpalladianischen Villa in der Terra Ferma
Bearbeiter: Dipl.-Ing. arch. Leif-Peter Krause und Dipl.-Ing. (FH) Martin Waitz
Betreuer: Prof. Dr.-Ing. Stefan Breitling
Geografische Lage: Italien, Veneto, Carmignano di Brenta (Ortsteil Spessa),
KK-Koordinaten: 45°37'49.83"N und 11°41'10.89"E, Höhe: 46m üNN
Die Masterarbeit ist Teil einer umfassenden Betrachtung zur Bauforschung an der Villa Spessa, deren Baugeschichte bis in das 15. Jahrhundert zurückreicht. Schwerpunkt der Arbeit war die Untersuchung von Konstruktion und Bautechnik des Bauwerks. Die Arbeit entstand im Zeitraum vom 31. August bis zum 30. November 2007, wobei die Bearbeiter über die Hälfte der Zeit vor Ort in Carmignano di Brenta verbrachten.
Aus den folgenden Gründen bot sich die Villa für eine eingehende Untersuchung an: Die Bausubstanz der Villa wurde bisher noch nicht umfassend untersucht. Fast alle in der Literatur getroffenen Aussagen berufen sich auf schriftliche Quellen oder wurden aufgrund der äußeren Erscheinung getroffen. Die Villa hat eine ausgesprochen interessante, bis in gotische Zeiten zurückreichende Baugeschichte mit vielen Bauphasen. Von neueren Restaurierungsmaßnahmen verschont, bietet sie Einblick in zahlreiche baugeschichtlich erwähnenswerte Konstruktionen. Das Gebäude ist unbewohnt.
Im Rahmen der Masterarbeit sollten folgende Fragestellungen bearbeitet werden: Ist es möglich, über eine vertiefende Betrachtung der vorhandenen Konstruktionen und bautechnischer Aspekte Aussagen über die Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte der Villa zu treffen? Bietet diese Betrachtungsweise eine Möglichkeit die „klassische“ Bauforschung sinnvoll zu ergänzen oder abzulösen? Können durch die Untersuchung der Konstruktionen in der Villa Spessa Aussagen getroffen werden, die einen Vergleich mit anderen Villen in der Terra Ferma aus vorpalladianischer Zeit ermöglichen?
Das Gebäude wurde tachymetrisch aufgenommen. Im zweiten Schritt wurden auf Grundlage des Tachymeteraufmaßes vor Ort Zeichnungen in Bleistift auf Karton im Maßstab 1:25 angefertigt. Durch das Zeichnen vor Ort konnten die Bearbeiter nach und nach ein Gefühl für die Raumkubaturen entwickeln und auch zahlreiche zunächst nicht erkennbare Details entdecken. Anschließend wurden alle Baukonstruktionen der Villa im Detail untersucht und fotografisch, zeichnerisch und tabellarisch dokumentiert. Die schriftliche Auswertung erfolgte unter Berücksichtigung literarischer Quellen in Deutschland. Vertiefend untersucht wurden unter anderem die Fundamente, Wände, Decken, Fußböden, Treppen, Kamine und das Dachtragwerk.
Die Villa Spessa ist außergewöhnlich gut erhalten. Sie stellt in ihrer Einheitlichkeit ein sehr anschauliches Beispiel der Villen der Terra Ferma aus der Übergangszeit von der Gotik zur Frührenaissance dar. Weitere Umbauten während der Renaissance und in späteren Zeiten haben das Gebäude um ihre eigenen Zutaten ergänzt, jedoch die Grundstruktur bewahrt. In der Arbeit ließ sich nachweisen, dass durch Kenntnis der vorhandenen Konstruktionen umfassende Aussagen zur Baugeschichte der Villa Spessa getroffen werden konnten. Eine singuläre und nur auf Aspekte der Konstruktion und Bautechnik konzentrierte Bauforschung ohne die Methoden der „klassischen“ Bauforschung und die Archivarbeit wäre aber aussichtslos.
In der Villa Spessa findet sich eine große Anzahl sehr einfacher Konstruktionen, die jedoch bei genauerer Betrachtung fein differenzierbar sind. Durch den guten Erhaltungszustand der Originalsubstanz ist es möglich sogar einzelne bautechnische Vorgänge zu rekonstruieren. Da jedoch nur zu sehr wenigen anderen Bauten aus dieser Zeit aussagekräftiges Material zur Baukonstruktion vorliegt, lassen sich zunächst keine vergleichenden Betrachtungen durchführen. Die Masterarbeit versteht sich in dem Sinne als Grundlage und will zu weiteren, detaillierten Untersuchungen an anderen Gebäuden in der Terra Ferma und in Venedig anregen.
Die Tragwerksstruktur zeigt bisher keine Probleme. Die größten erkennbaren Schäden sind auf Undichtigkeiten im Dach zurückzuführen. Zum Schutz der Substanz sollten die Fenster gegen Schlagregen verschlossen werden, ohne dabei die natürliche Durchlüftung zu unterbinden. Auf eine dichte Dachdeckung ist besonders zu achten. Durch Witterungseinflüsse besonders gefährdet sind die Fassaden. Während auf der Nordfassade der Putz nur noch in Resten erhalten ist, sind auf der Südfassade noch Renaissance-Malereien zu erkennen. Hier sollten umfangreiche Untersuchungen zum Erhalt durchgeführt werden.
I/2008